Der österreichische Karstadt-Eigner Réne Benko und der nordamerikanische Kaufhof-Eigner HBC haben sich auf eine Zusammenlegung der beiden Ketten verständigt, auch die Banken geben ihren Segen, heißt es in Berichten.
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Die geplante Fusion der Warenhausketten Karstadt und Kaufhof hat eine wichtige Hürde genommen. Die Banken hätten dem Zusammenschluss der beiden Handelsketten zugestimmt, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" am Donnerstag. Dies wurde der Deutschen Presse-Agentur (dpa) aus mit den Vorgängen vertrauten Kreisen bestätigt. Dem Zeitungsbericht zufolge sollen beim Kaufhof wegen der schwierigen Finanzsituation im Zuge der Fusion etwa 5000 der knapp 20.000 Arbeitsplätze wegfallen. Ein Sprecher des kanadischen Kaufhof-Eigentümers HBC verwies lediglich auf frühere Aussagen des Konzerns, wonach sich beide Parteien in Gesprächen befinden. Ein Karstadt-Sprecher wollte sich nicht äußern; der Eigentümer, die Signa-Holding des Tiroler Milliardärs Réne Benko, war nicht zu erreichen.
Beide Kaufhaus-Ketten stehen unter Druck - die Konkurrenz von Online-Händlern macht ihnen zu schaffen. Der Branchenverband HDE sagt etwa für die Internet-Händler 2018 ein Wachstum von zehn Prozent voraus. Für die Branche insgesamt sind es nur zwei Prozent.
Der Kaufhof-Konzern
Kaufhof mit Sitz in Köln blickt auf eine fast 140-jährige Geschichte zurück: 1879 eröffnete der Kaufmann Leonhard Tietz in Stralsund ein Textilgeschäft und legte damit den Grundstein. Im Geschäftsjahr 2016/2017 (zum 31. Januar) erwirtschaftete der Konzern mit damals knapp 21.500 Mitarbeitern rund 2,9 Milliarden Euro Umsatz. Unter dem Strich stand laut einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte ein Jahresfehlbetrag von 88 Millionen Euro. Seitdem weist der Eigner HBC keine separaten Zahlen mehr für sein Deutschland-Geschäft aus.
Kaufhof gehört seit dem 1. Oktober 2015 zu dem nordamerikanischen Konzern, der die Kette für 2,8 Milliarden Euro vom Handelsriesen Metro übernommen hatte. Um die Übernahme zu finanzieren, hatte HBC dann 41 Warenhaus-Immobilien in ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem Investor Simon Property eingebracht. An den Immobilien hat Karstadt-Besitzer Benko auch immer wieder Interesse gezeigt.
Die Karstadt-Geschichte
Der 1881 von Rudolph Karstadt in Wismar gegründete Erzrivale hat eine wechselhafte Historie hinter sich. Nach Höhen und Tiefen war Karstadt 2009 zusammen mit der damaligen Konzernmutter Arcandor in die Insolvenz geschlittert. 2010 übernahm der Milliardär Nicolas Berggruen Karstadt. Vier Jahre später reichte er das Unternehmen an den österreichischen Immobilien-Investor Benko weiter. Benko machte sich an die Sanierung der Kette, die er in das Warenhausgeschäft, einen Sportbereich und die Luxus-Warenhäuser um das Berliner KaDeWe aufteilte. Das Warenhausgeschäft unter dem Namen Karstadt umfasst noch 79 Warenhäuser in Deutschland, in diesem Jahr sollen zwei neue Filialen in Berlin eröffnet werden.
Rund 15.000 Menschen arbeiten für die Kette. Karstadt hatte zuletzt für das Geschäftsjahr 2016/17 (per Ende September) Zahlen vorgelegt. Demzufolge schrumpfte der Einzelhandelsumsatz um 1,8 Prozent auf rund 1,9 Milliarden Euro. Die Verlustzone konnte Karstadt dagegen verlassen - unter dem Strich stand ein Überschuss von 1,4 Millionen Euro nach einem Minus von 7,5 Millionen Euro im Jahr zuvor. Für das laufende Geschäftsjahr peilt der Konzern ein "ausgeglichenes Jahresergebnis" an.
Eine haarige Angelegenheit
Hudson's Bay aus Kanada übernimmt die deutsche Warenhausgruppe Kaufhof für 2,8 Milliarden Euro. Die Unternehmen hoffen, so die Krise besser überstehen zu können, in der sich viele Warenhäuser derzeit befinden.
Bild: picture alliance/empics
Eine lange Geschichte
Die Hudson's Bay Company dominierte lange den Handel mit Tierfellen in Nordamerika. Das Foto von 1946 zeigt einen Trapper, der seine Beute zu einem Handelposten der Firma im heutigen Kanada bringt. Die Wurzeln des Unternehmens reichen zurück in das Jahr 1670. Der damalige Name: "Gouverneur und Firma englischer Abenteurer, die in der Hudson-Bucht handeln".
Bild: Getty Images/Keystone Features/B. Garai
Größter Landbesitzer der Welt
Bevor europäische Staaten formal auf das Territorium Anspruch erhoben, ersetzte die Firma dort die Regierung und kontrollierte 15 Prozent Nordamerikas. Der englische Entdecker und Pelzhändler Samuel Hearne gründete einen der ersten Handelsposten im Inland, in der heutigen kanadischen Provinz Saskatchewan. Hearne und andere erhielten ihre Felle durch Tauschgeschäfte mit Indigenen.
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Von Auktionen zu Warenhäusern
Die Felle wurden international versteigert. Das Bild aus dem Jahr 1932 zeigt Händler, die bei einer Auktion in London Silberfuchsfelle begutachten. In Kanada eröffnete die Firma zudem Warenhäuser, das erste 1913 in Calgary. Heute gibt es in Kanada 90 Hudson's-Bay-Geschäfte. Nach Protesten von Tierschützern gab es in den Läden in den 1990er Jahren sechs Jahre lang keine Tierfelle zu kaufen.
Bild: Getty Images/Fox Photos
Käufer von Kaufhäusern
2008 wurde Hudson's Bay von NRDC gekauft, der Firma des US-Investors Richard A. Baker. Dem gehörte bereits Lord & Tayler, die älteste Warenhauskette der USA. Hudson's Bay wurde zur Dachgesellschaft für das Warenhausgeschäft. Seit 2013 gehört auch die US-Kette Sak's Fifth Avenue zum Portfolio.
Bild: picture alliance/AP Images/The Canadian Press/C. Young
Hier wird nicht gefeilscht
Kaufhof, Richard Bakers jüngste Erwerbung, hat selbst eine lange Geschichte. 1879 eröffnete Leonhard Tietz einen kleinen Laden in Stralsund. Hier wurde nicht gefeilscht und auch nicht angeschrieben: Bei Tietz gab es Festpreise und Barzahlung. Mit dieser Neuerung war er rasch erfolgreich. Zum 50-jährigen Firmenjubiläum 1929 hatte die Firma 43 Warenhäuser und beschäftigte 15.000 Mitarbeiter.
Bild: picture-alliance/dpa/Kaufhof
Ein jüdischer Geschäftsmann
Als die Nazis 1933 an die Macht kamen, wurde die Leonhard Tietz AG in Westdeutsche Kaufhof AG umbenannt - in der Hoffnung, den Druck der Nazis auf jüdische Unternehmer zu mildern. Das Foto zeigt einen SA-Mann vor dem Tietz-Warenhaus in Berlin, das Schild ruft zum Boykott jüdischer Geschäfte auf.
Bild: Gemeinfrei
Angeschlagener Riese
Enteignet von den Nazis musste Familie Tietz aus Deutschland fliehen. Nach dem Krieg einigte man sich auf Entschädigungszahlungen. Die Kaufhaus-Kette wuchs zu einem Warenhaus-Imperium und wurde später von der Metro Gruppe übernommen, einem weltweit tätigen Handelskonzern. Nach der Jahrtausendwende sank die Popularität von Kaufhäusern und Metro suchte einen Käufer.
Bild: picture-alliance/dpa/O. Berg
Zwei Kontinente
Die Übernahme von mehr als einhundert Kaufhof-Filialen ist für Hudson's Bay der erste Schritt auf den europäischen Einzelhandelsmarkt. Bisher machte das Unternehmen 5,6 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr, durch Kaufhof kommen weitere 3,1 Milliarden hinzu. Insgesamt arbeiten nun fast 40.000 Menschen in 450 Filialen auf zwei Kontinenten für Hudson's Bay.