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Politik

Mediengesetz: Kritik in Russland unerwünscht

Miodrag Soric Moskau
7. März 2019

Die Freiheit des Internets in Russland gilt als zunehmend bedroht. Nun hat die Duma Strafen für falsche und beleidigende Informationen verschärft. Lediglich der Föderationsrat und Präsident Putin müssen noch zustimmen.

Symbolbild Telegram Messenger blockiert
Bild: picture-alliance/AA/S. Karacan

In Russland sollen künftig härtere Strafen für die absichtliche Verbreitung von Falschnachrichten, also für "Fake News" gelten. Zwar drohen etablierten Massenmedien wie TV-Sendern, Radiostationen, Printmedien und Nachrichtenagenturen mit offizieller Registrierung schon jetzt Strafen, wenn sie falsche Meldungen verbreiten - die Medienaufsichtsbehörde "Roskomnadsor" hat sie fest im Blick. Doch die neue Gesetzesinitiative richtet sich speziell gegen Onlinemedien und private Personen. Kritiker befürchten, dass die am Mittwoch von der Staatsduma in Moskau in zweiter und entscheidender Lesung verabschiedete Gesetzesänderung von Behörden auch genutzt werden könnte, um unliebsame Inhalte zu unterdrücken.

Wer legt fest, was Fake-News sind?

Onlinemedien-Betreiber oder private Personen können also künftig für die Verbreitung von Fake-News belangt werden, ebenso, wenn sie Regierungsstellen oder die staatliche Macht missachten oder beleidigen. Ihnen soll zwar die Möglichkeit eingeräumt werden, innerhalb kürzester Zeit umstrittene Meldungen selbst zu löschen. Doch es bei Zuwiderhandlung könnten die Seiten geschlossen werden oder Geldstrafen verhängt werden: Privatpersonen müssen mit Strafen bis zu umgerechnet 5000 Euro rechnen, Betreiber von Onlinemedien mit bis zu umgerechnet 20.000 Euro. Das jährliche Brutto-Einkommen russischer Bürger liegt bei 6300 Euro.

Immer wieder sind die Menschen in Russland für ein freies Internet auf die Straße gegangen - so wie im Mai 2018 in MoskauBild: DW/J. Vishnevetskaja

Ursprünglich sah der Gesetzentwurf weitaus geringere Strafen vor. Diese würden aber nicht das Verhalten der Menschen ändern, sagte Anatolji Vybory, Duma-Abgeordneter der Partei "Einiges Russland", der Deutschen Welle. Er erinnert an den Brand im Einkaufszentrum in sibirischen Kemerowo im vergangenen April. Damals seien bewusst Gerüchte und "Fake-News" verbreitet worden. Wer so etwas mache, den würden Strafen von 1000 oder 2000 Rubel nicht abschrecken. Deshalb habe er sich bei dem neuen Gesetz für höhere Strafen eingesetzt. Auch die russischen Abgeordneten beteuern, es gehe bei den Änderungen nur darum, die öffentliche Sicherheit zu wahren. Meinungen seien weiter erlaubt. Als "Fake News" gelten ungeprüfte Informationen, die als Tatsache dargestellt werden, so wie  Informationen, die das Leben, die öffentliche Ordnung und weitere Lebensbereiche bedrohen. Doch wer genau festlegt, was richtig und was falsch ist, legen die neuen Regeln nicht fest.

Abgeordnete in der Duma beteuern, das Gesetz diene der Sicherheit - doch wer festlegt, was "Fake News" sind, hat man nicht niedergeschriebenBild: Imago/Russian Look

Selbstzensur könnte zunehmen

"Die Macht geht gegen Informationen vor, die sie als Bedrohung empfindet," meint Politikwissenschaftler Ilija Graschtschenkow, der an der Russischen Universität für Geisteswissenschaften lehrt. Das Gesetz habe offenbar das Ziel, Kritiker der Regierung zu verunsichern. Er rechnet als Folge des Gesetzes vorerst zwar nicht mit massiven Repressionen, wenn jemand - aus Sicht des Kremls - "falsche Informationen" auf Facebook poste. Das Gesetz fördere jedoch indirekt die Selbstzensur, sagt Graschtschenkow. Er kritisiert außerdem die Tatsache, dass das Gesetz die russische Gesellschaft spalte: Gegen Privatpersonen könne das neue Mediengesetz jederzeit angewendet werden. Aber Staatsbedienstete, die möglicherweise korrupt sind, dürften nicht einmal kritisiert werden, denn das könnte sonst als Beleidigung gewertet werden.

So wie Graschtschenkow sehen auch viele andere Kritiker das neue Mediengesetz. In den sozialen Netzwerken kritisieren die User, dass das Mediengesetz bewusst ungenau formuliert worden sei. So würde bei einem Streitfall ein Richter das letzte Wort haben. In Russland gibt es jedoch keine unabhängige Gerichtsbarkeit. In der Praxis, besonders bei politisch relevanten Gerichtsverfahren, sind Richter gebunden an Weisungen durch die Machtapparate.

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