In Südspanien haben Forscher einen Megalith-Komplex mit mehr als 500 Steinen gefunden. Es könnte eine der größten prähistorischen Stätten in Europa sein.
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Verborgen unter einer Erdschicht lagen die Steine auf einem rund 600 Hektar großen Grundstück in Huelva, einer Provinz an der südlichsten Grenze Spaniens zu Portugal, in der Nähe des Flusses Guadiana. Die Fläche war für eine Avocado-Plantage vorgesehen. Doch vor einer Genehmigung zum Anbau der Pflanzen verlangten die Behörden eine archäologische Untersuchung des Geländes. Dabei wurden 526 Menhire entdeckt; die meisten von ihnen auf zwei Hügeln, die freie Sicht Richtung Osten haben - offenbar, um von dort aus den Sonnenaufgang während der Sommer- und der Wintersonnenwende zu beobachten.
Forscher sind begeistert
"Dies ist die größte und vielfältigste Ansammlung stehender Steine auf der iberischen Halbinsel", so José Antonio Linares, Forscher an der Universität Huelva und einer der drei Leiter des Projekts. Die Forschergruppe fand verschiedene Arten von Megalithen, darunter stehende Steine, Dolmen, Grabhügel, sargähnliche Steinkisten, sogenannte "Cisten", und verschiedene Einfriedungen. Die ältesten könnten bereits in der zweiten Hälfte des 6. oder 5. Jahrtausends v. Chr. errichtet worden sein. Jedenfalls handele es sich "um eine der wichtigsten megalithischen Stätten in Europa", so der Wissenschaftler.
Es könnte sogar eine Art spanisches "Stonehenge" sein: Der geheimnisvolle Steinkreis in England gilt als ein Wunderwerk der Ingenieurskunst, erbaut zur Zeit der Pyramiden. Die größten Megalithen dort wiegen 45 Tonnen, so viel wie ein voll beladener Sattelzug, und ragen sieben Meter in die Höhe.
Bauweise gab lange Rätsel auf
Schon rund 5000 Jahre vor Christus begannen die Menschen, riesige Steine aufzustellen und für die damalige Zeit gigantische Grabanlagen zu errichten. Mehr als 6000 solcher Monumente sind auch in der Bretagne gefunden worden. Aber wie konnten Menschen ohne technische Hilfsmittel Steine von mehreren Tonnen Gewicht bewegen und aufeinanderschichten?
Feldversuche von Archäologen belegen inzwischen, wie das möglich war - sogar mit einfachen Mitteln: So wurde zunächst ein Erdhaufen aufgeschüttet. An den Rändern des Haufens wurden Löcher ausgehoben. Darin wurden mit Hebelwerkzeugen die seitlichen Platten eingepasst.
Von Stonehenge bis Carnac: steinerne Kultstätten
Jahrtausende alte mächtige Steinkreise und kolossale Statuen sind Zeugen einer längst vergangenen Epoche. Bis heute ziehen sie Besucher magisch in den Bann.
Bild: picture-alliance/A. Gusev
Weltberühmt: Stonehenge
Der Ort ist von einer magischen Aura umgeben. Das Geheimnis, warum die Menschen vor rund 4500 Jahren dieses Monument errichteten, ist bis heute nicht gelüftet. Wurden hier Rituale mit Menschenopfern abgehalten? War es ein Tempel? Ein Krönungsort oder ein Himmelsobservatorium? Noch heute zieht Stonehenge die Menschen in seinen Bann, jedes Jahr pilgern Zigtausende zur Wintersonnenwende hierher.
Bild: picture-alliance/Mary Evans Picture Library/Historic England Archive/James O. Davies
Der Ring of Brodgar
Die Errichtung von Stonehenge lag noch 500 Jahre in der Zukunft, als die Avantgarde der Jungsteinzeit auf den Orkney-Inseln im heutigen Schottland um 3200 v. Chr. den "Ring of Brodgar" errichtete, einen riesigen Steinkreis mit 104 Metern Durchmesser und 60 Stelen, 27 stehen noch. Exportierten die Erbauer ihr Wissen nach Stonehenge? Und war der Ring eine astrologische Anlage? Man weiß es nicht.
Auch diese Megalithen wurden um 3100 vor Chr. auf einer der Orkney-Inseln aufgestellt. "Das war vor 5000 Jahren ein bedeutender Ort", sagt der Archäologe Nick Card. Er und sein Team graben seit Jahren, mittlerweile haben sie auf dem Areal auch 20 Häuser rekonstruiert. Im Zentrum befand sich eine Art Halle. Die Leute wohnten hier nicht dauerhaft, sondern kamen für Festlichkeiten her, glaubt Card.
Bild: picture-alliance/Robert B. Fishman ecomedia
Die Hinkelsteine von Carnac
Die 7000 Jahre alten Menhire von Carnac faszinieren durch ihre Anordnung in gleichmäßigen Reihen über vier Kilometer hinweg. Rund 3000 Hinkelsteine von 0,5 bis vier Meter Höhe haben die Zeit überdauert. Es heißt, schon Cäsars Legionäre hätten staunend vor den Menhiren gestanden. Ob sie als Versammlungsort oder Pilgerstätte dienten? Das bleibt das Geheimnis der unbekannten Erbauer.
Bild: picture-alliance/dpa/F. Destoc
Ales Stenar - Die Steine von Ale
Dieser Komplex bei Kåseberga auf einem Hügel über der Ostsee wird scherzhaft als "Schwedens Stonehenge" tituliert. Allerdings handelt es sich hier nicht um einen Kreis. Stattdessen formen 59 Steinblöcke einen 67 Meter langen und 19 Meter breiten Schiffsrumpf. Archäologen gehen davon aus, dass Ales Stenar vor 1400 Jahren als Grabstelle diente. In der Regel kommen jährlich um die 700.000 Besucher.
Bild: picture-alliance/dap/M. Fludra
Das Gräberfeld Pilane
Bei dem schwedischen Örtchen Bohuslän stehen weitere rund 100 Steinkreise und Gräber, die in der Eisenzeit angelegt wurden. Von dem Gräberfeld aus hat man einen weiten Blick über das Meer. Man vermutet, dass das beim Bau eine gewisse Rolle spielte - wenn man auch nicht genau weiß, welche. Forscher gehen davon aus, dass der Ort im Mittelalter als Thingplatz, als Versammlungsort, diente.
Bild: picture-alliance/dpa/G. Rentsch
Steinere Stelen im Altai-Gebirge
Im abgeschieden Katun-Tal im russischen Altai-Gebirge wurden diese steinernen Zeugen einer früheren Kultur entdeckt. Einige von ihnen weisen prähistorische Gravierungen auf. Wissenschaftler vermuten, dass es sich um eine sakrale Kultstätte handelt, die - ähnlich wie Stonehenge - vermutlich auch astronomischen Zwecken diente.
Bild: picture-alliance/dpa/E. Strigl
Boitiner Steintanz
Mitten im Wald beim mecklenburgischen Dorf Boitin trifft man auf vier Steinkreise. Ihre abgeschiedene Lage hat sicher dazu beigetragen, dass die Steine nicht zum Straßen- oder Hausbau verwendet wurden. Der Sage nach wurden hier Teilnehmer einer Bauernhochzeit in Felsen verwandelt, weil sie respektlos mit Würsten und Brot kegelten. Wahrscheinlicher ist, dass der Ort eine Begräbnisstätte war.
Bild: picture-alliance/dpa/T. Roetting
Die Grabkammern von Lüdelsen
Die sechs erhaltenen Großsteingräber bei Lüdelsen in Sachsen-Anhalt stammen aus der Jungsteinzeit. Noch führen sie ein stiefmütterliches Dasein, aber zusammen mit rund 50 weiteren erhaltenen Hünengräbern soll eine gut 40 Kilometer lange "Megalith Route Altmark" entstehen, um Touristen anzulocken. Das damit verdiente Geld soll in die Pflege der jahrtausendealten Anlage gesteckt werden.
Bild: picture-alliance/dpa/K-D. Gabbert
Die Osterinsel-Kolosse
Moai werden die Statuen auf der Osterinsel mitten im Pazifik von den Einheimischen genannt - was nichts anderes bedeutet als "steinerne Figur". Forscher datieren das Alter der fast 900 Moai auf 1500 Jahre. Man vermutet, dass sie Häuptlinge oder Ahnen darstellen, die als Bindeglied zwischen der diesseitigen und jenseitigen Welt fungierten. Doch bewiesen ist das bis heute nicht.
Schließlich schüttete man eine Erdrampe auf, über die der Deckstein dann über Baumstämme auf die Seitensteine gerollt werden konnte. Anschließend trug man die Erde im Inneren wieder ab. So entstand der perfekte Raum für ein Grab. Für diese Bauweise waren nicht mehr als ein paar Dutzend Männer und zwei bis vier Ochsen nötig.
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Erstaunliche Vielfalt der Funde
Die Höhe der jetzt entdeckten stehenden Steine in Südspanien lag zwischen einem und drei Metern. Die Forscher wundern sich über die Vielzahl der megalithischen Elemente an einem Ort. "Erstaunlich auch, wie gut sie erhalten waren", sagte Primitiva Bueno, Professorin für Prähistorie an der Universität Alcala bei Madrid und Co-Direktorin des Projekts. "Es kommt nicht oft vor, dass man an einem Ort Reihengräber und Dolmen findet", sagte sie gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.
Viele der Megalithen von Huelva sind tief in der Erde vergraben. Sie müssen nun sorgfältig ans Tageslicht gebracht werden. Die Arbeiten sollen bis zum Jahr 2026 dauern. Die Avocado-Plantage muss wohl woanders entstehen.