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Politik

Über 1400 Flüchtlinge im Mittelmeer ertrunken

3. Juli 2018

Während in Europa weiter heftig über den Umgang mit Migranten gestritten wird, spielt sich im Mittelmeer eine Tragödie nach der anderen ab. Schleuser intensivieren ihr "Geschäft", die Zahl der Toten steigt.

Symbolbild Rettung Flüchtlinge aus Mittelmeer
Diese Flüchtlinge im Mittelmeer haben Glück, sie werden gerettet - doch viele andere bezahlen die Flucht mit dem Leben Bild: Getty Images/C. McGrath

Bei ihrer gefährlichen Flucht über das Mittelmeer sind seit Anfang des Jahres mindestens 1405 Menschen ums Leben gekommen. Die Zahl der Toten sei um 40 Prozent höher als bislang befürchtet, berichtet die Organisation für Migration (IOM) in Genf. In dieser neuen Bilanz sind auch die Unglücke vom 19. und 20. Juni enthalten, wie Julia Black vom Datenanalysezentrum der IOM in Berlin erläutert. Demnach kamen allein an diesen beiden Tagen mindestens 215 Menschen ums Leben.

Fast 300 Ertrunkene in vier Tagen

In der Statistik sind nach ihren Worten auch die mindestens 218 Menschen erfasst, die seit dem vergangenen Freitag ertranken. Nördlich der libyschen Hauptstadt Tripolis war am Freitag ein Flüchtlingsboot vor der Küste gekentert. Dabei kamen nach IOM-Angaben wahrscheinlich 104 Menschen ums Leben. Am Sonntag ging ein Boot mit Migranten östlich von Tripolis unter. Dabei starben wahrscheinlich 114 Menschen.

Noch nicht in der IOM-Bilanz erfasst sind die Opfer der jüngsten Tragödie. Am Montag kenterte - ebenfalls vor der libyschen Küste - ein Schlauchboot mit 104 Insassen. Es sei zu befürchten, dass 63 Menschen das Unglück nicht überlebt hätten, sagt der Sprecher der libyschen Marine, General Ajub Kacem.

Migranten werden Ende Juni vor der libyschen Küste von der spanischen Hilfsorganisation Proactiva Open Arms gerettet Bild: picture-alliance/dpa/O.Calvo

Die meisten Opfer im Juni

Der Monat Juni, in dem Italien seine Häfen für private Rettungsschiffe geschlossen hat, war laut Helfern auch der Monat, in dem seit fünf Jahren die meisten Menschen im Mittelmeer umkamen. Insgesamt verloren im Juni nach Angaben der Vereinten Nationen 692 Geflohene ihr Leben.

Der Leiter der IOM-Mission in Libyen, Othman Belbeisi, spricht von einem "alarmierenden Anstieg der Todesfälle vor der libyschen Küste". Libyen ist Haupttransitland für Flüchtlinge aus afrikanischen Ländern, die auf dem Seeweg in die EU gelangen wollen. Die Schleuser würden die Angst der Menschen ausnutzen, dass Europa demnächst "eine härtere Gangart bei Mittelmeerüberquerungen einlegt", sagt er.

Die libysche Küstenwache nimmt Flüchtlinge aus dem Mittelmeer auf - Helfer werfen ihr vor, mit Kriminellen zusammenzuarbeiten Bild: Getty Images/AFP/A. Paduano

"Bei der Küstenwache arbeiten Warlords"

Migrations-Expertin Nicole Hirt kritisiert in dem Zusammenhang die Kooperation der EU mit der libyschen Küstenwache. "Die Küstenwache besteht aus unterschiedlichen Warlords, die sich den Namen Küstenwache gegeben haben, um Geld von Europa zu kriegen", erklärt die Wissenschaftlerin am Giga Institut für Afrika-Studien in Hamburg dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Sie sind selbst im Menschenschmuggel involviert, retten die Flüchtlinge also, damit sie verkauft werden."

Malta hindert deutsches Rettungsschiff am Auslaufen

Die Behörden der kleinen Mittelmeerinsel Malta hinderten unterdessen das deutsche Rettungsschiff "Sea Watch 3" daran, auszulaufen. "Während wir daran gehindert werden, den Hafen zu verlassen, ertrinken Menschen. Das ist nicht nur beschämend, das ist kriminell", betont Kapitänin Pia Klemp von der Nichtregierungsorganisation Sea-Watch. Auch das Rettungsschiff "Seefuchs" der Regensburger Organisation Sea-Eye darf nicht auslaufen.

Insgesamt ist die Zahl der Neuankömmlinge in Europa über die verschiedenen Routen im Mittelmeer allerdings deutlich gesunken. In diesem Jahr erreichten bis zum 1. Juli laut IOM 45.808 Menschen europäischen Boden. Im selben Zeitraum des vorigen Jahres waren es noch 100.923 Flüchtlinge.

In Italien ging die Zahl der ankommenden Migranten nach dieser Statistik deutlich zurück, in Griechenland und Spanien stieg sie dagegen sprunghaft. In Italien kamen demnach bis zum 1. Juli 16.585 Menschen an, 80 Prozent weniger als im entsprechenden Zeitraum des Vorjahres. In Griechenland erhöhte sich die Zahl der Neuankömmlinge um 50 Prozent auf 13.507 und in Spanien um fast 140 Prozent auf 15.426 Flüchtlinge.

se/gri (dpa, afp, epd)

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