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Terrorismus

Ostafghanistan: Mehr als 50.000 Menschen auf der Flucht

2. Mai 2019

Während in Kabul die traditionelle Stammesversammlung stattfindet, eskaliert im Osten des Landes der Kampf zwischen den Taliban und IS-Anhängern. Die Armee greift erst mit Verspätung ein. Die Lage ist unübersichtlich.

Afghanistan-Krieg - Vertriebene Familien bei Khogyani/Chogiani
Vertriebene Familie bei Chogiani (Archivbild)Bild: picture-alliance/NurPhoto/W. Sabawoon

Innerhalb einer Woche mussten mehr als 8000 Familien ihre Heimatdörfer verlassen. Das geht aus einem Bericht der UN-Agentur zur Koordinierung humanitärer Hilfe (OCHA) hervor. Ein Sprecher des Provinzgouverneurs sagte, die Menschen seien vor Kämpfen zwischen radikalislamischen Taliban und der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) geflüchtet, die vor rund acht Tagen begonnen hatten.

Auslöser des Konflikts soll die Eroberung von sechs Dörfern nahe der pakistanischen Grenze durch IS-Kämpfer gewesen sein. Die Binnenflüchtlinge aus den zwei Bezirken Chogiani und Schersad hätten daraufhin jedes zur Verfügung stehende Transportmittel genutzt, um wegzukommen, heißt es in dem UN-Bericht.

Armee reagiert zögerlich

Sie seien vor allem in die zwei Nachbarbezirke geflohen, die aber bereits in der Vergangenheit viele Binnenflüchtlinge aus Nangarhar, aber auch aus den Nachbarprovinzen Kunar und Laghman aufgenommen hatten. Auch der Großteil der Rückkehrer aus Pakistan hat sich laut UN dort angesiedelt. Unterkünfte seien deshalb knapp und die Mieten hoch.

Beobachtern zufolge sind die Gefechte zwischen den rivalisierenden Islamistengruppen die heftigsten seit vielen Monaten. Am späten Montagabend, drei Tage nach Beginn der Kämpfe, versuchte die Armee mit der Hilfe von US-Soldaten, die Rebellen aus den Bezirken zu vertreiben. Mittlerweile sollen die Kämpfe abgeflaut sein, doch die Lage ist unübersichtlich. Nach staatlichen Angaben wurden 22 Mitglieder des IS getötet. Auch zwei Waffenlager habe man zerstören können. Über tote oder verletzte Zivilisten ist nichts bekannt.

Teilnehmer der Stammesversammlung in KabulBild: picture-alliance/AP Photo/R. Gul

Unterdessen tagen in der Hauptstadt Kabul mehr als 3000 Delegierte, um über die Zukunft Afghanistans zu diskutieren. Bei der Loja Dschirga genannten Stammesversammlung kommen Teilnehmer aus allen Landesteilen zusammen. Staatschef Aschraf Ghani erhofft sich von dem viertägigen Treffen ein starkes Mandat für Friedensverhandlungen mit den radikalislamischen Taliban.

"Wir wollen die Leitlinien für die Verhandlungen mit den Taliban festlegen", sagte Ghani zur Eröffnung des Treffens. Die Regierung wünsche sich "klare Ratschläge" von den Delegierten. Abdul Hannan, der als Mitglied einer Delegation aus dem Süden nach Kabul gereist war, erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, es sei wichtig, vor einem Friedensabkommen zunächst die Kämpfe einzustellen. "Wir sind hier, um beide Seiten dazu zu bewegen, einen Waffenstillstand auszurufen."

Eine Loja Dschirga wird immer dann einberufen, wenn besonders weitreichende politische Entscheidungen anstehen. Die abschließenden Empfehlungen des Rats werden zwar erst am Freitag verkündet, doch schon jetzt zeichnet sich ab, dass sich die Mehrheit der Teilnehmer für direkte Verhandlungen der Regierung mit den Taliban aussprechen wird. 

Taliban unbeeindruckt von Loja Dschirga

Die Taliban kündigten allerdings bereits im Vorfeld an, sie würden keine der in Kabul getroffenen Entscheidungen akzeptieren. Ghani bot ihnen daraufhin Gespräche ohne Vorbedingungen an. Bei den Verhandlungen, die die Taliban seit einiger Zeit mit Vertretern der USA führen, war Ghani bislang außen vor geblieben. Nun hofft der Staatschef, in Zukunft mehr Einfluss auf die Gespräche nehmen zu können.

Die Vorzeichen auf einen baldigen Frieden stehen indes schlecht. Mitte April hatten die Taliban den Beginn ihrer jährlichen "Frühjahrsoffensive" verkündet und damit die Hoffnung auf eine schnelle Waffenruhe zerstört. Und bereits im Winter hatte die Zahl islamistischer Anschläge im Vergleich zum vorherigen Quartal um 19 Prozent zugenommen. Der am Mittwoch veröffentlichte Bericht des US-Generalinspekteurs für Afghanistan verzeichnet auch deutlich höhere Verluste bei den afghanischen Truppen. In dem Papier heißt es, diese Tendenzen seien außergewöhnlich. In den vergangenen Jahren habe die Gewalt im Winter stets nachgelassen.

djo/kle (afp, dpa, rtre)

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