1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Mehr als nur sauberes Wasser

Anja Koch
2. Dezember 2016

Der deutsche Entwicklungsminister Müller legt im Gaza-Streifen den Grundstein für ein neues Klärwerk. Es soll ein Zeichen der Hoffnung setzen in einem Landstrich, in dem es am Nötigsten fehlt.

Gaza Kinder in Klärwasser bei Gaza Stadt
Bild: picture-alliance/AP Photo/K. Hamra

Auf seiner Reise nach Israel und in die Palästinensergebiete hat Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) eine ganz besondere Grafik im Gepäck: Sie zeigt König Sisyphus aus der griechischen Mythologie, der sich der Legende nach ewig damit abmüht, einen Felsen auf einen Berg hinaufzuwälzen - nur damit dieser, fast am Gipfel angelangt, wieder ins Tal rollt. "Das ist ein gutes Symbol für die Entwicklungsarbeit, die wir hier machen”, sagt Gerd Müller gegenüber DW. Ein ständiger Kreislauf zwischen Aufbau, Zerstörung, Wiederaufbau.

Gerade also bemüht sich die Bundesregierung, den Stein wieder gen Gipfel zu rollen. Ein neues Klärwerk soll gebaut werden, südlich von Gaza-Stadt, knapp 70 Millionen Euro stellt Deutschland dafür zur Verfügung. Ein Klärwerk, das dringend benötigt wird, denn die Abwasser-Situation in einem der am dichtesten besiedelten Gebiete der Welt ist besorgniserregend: "Schätzungen zufolge laufen jeden Tag 90.000 Kubikmeter Abwässer ungefiltert ins Mittelmeer”, erklärt Jonas Blume von der Entwicklungsbank KfW. Hinzu kommen tausende Kubikmeter, die wegen undichter Kanalisation ungefiltert ins Grundwasser sickern - die jetzt schon schwierige Versorgung mit Trinkwasser wird so weiter gefährdet. Für viele Palästinenser im Gaza-Streifen ist sauberes Wasser längst zum Luxus-Gut geworden.

Sauberes Trinkwasser ist im Gaza-Streifen ein LuxusgutBild: DW

Neues Klärwerk soll 2018 in Betrieb genommen werden

Das neue Klärwerk könnte immerhin 60.000 Kubikmeter Abwässer jeden Tag filtern. Dem deutschen Entwicklungsminister aber geht es nicht nur um sauberes Wasser, auch hunderte neue Jobs sowie Ausbildungsplätze für Jugendliche sollen mit dem Bau des Klärwerks geschaffen werden. "Es ist eine Investition in die Zukunft, wir wollen den Palästinensern zeigen, dass wir sie nicht vergessen", so Müller. Schon 2018, nach nur zwei Jahren Bauzeit, soll das Klärwerk in Betrieb gehen.

Doch der Minister weiß auch, dass selbst dann Sisyphus‘ Stein leicht den Berg wieder herunterrollen kann: 2009 setzte sich die Bundesregierung dafür ein, ein Klärwerk zu reparieren und zu erweitern, das während der israelischen Militär-Operation "Gegossenes Blei" beschädigt wurde. 2012 ging es, mit finanzieller Hilfe aus Deutschland, in Betrieb - um wenige Jahre später im nächsten Krieg wieder in Mitleidenschaft gezogen zu werden. Noch heute läuft das Klärwerk nicht mit voller Kapazität, auch, weil im Gaza-Streifen nicht immer genügend Strom vorhanden ist.

Ungefilterte Abwässer aus Gaza sind auch für Israel in Problem

Das Problem der fehlenden Klär-Anlagen im Gaza-Streifen betrifft auch Israel: Wenn im Gaza-Streifen die Abwässer ungefiltert ins Mittelmeer geleitet werden, kommen sie wenige Kilometer weiter auch an Israels Küsten an. "Im letzten Jahr musste die Entsalzungsanlage in Aschdod im Süden Israels schon für einige Tage geschlossen werden”, erklärt Jonas Blume.

Entwicklungsminister Müller und der israelische Ministerpräsident NetanjahuBild: picture-alliance/Photothek.Net/U. Grabowsky

Trotzdem bleibt es oft schwierig, überhaupt die notwendigen Baumaterialien in den abgeriegelten Gaza-Streifen einzuführen - ohne die Zustimmung der israelischen Regierung passiert kein Zementsack die Grenze. Bis alle Genehmigungen eingeholt sind, vergeht oft viel Zeit.

Darüber hat der deutsche Entwicklungsminister auf seiner Reise auch mit dem israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu gesprochen. Man sei sich einig gewesen, dass in Gaza investiert werden müsse, erklärt Müller der DW. Die Sisyphus-Grafik hat er dem Premier als Geschenk überreicht:  "Er hat's mit Humor genommen”, sagt Müller.