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Mehr Arbeit für weniger Hunger

Karl Zawadzky25. November 2003

Der aktuelle Bericht der Landwirtschafts- und Ernährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zur Ernährungssituation der Welt kommt zu der ernüchternden Erkenntnis: Hunger müsste nicht sein.

Nahrungsmittelspenden können Hunger noch verschlimmernBild: AP

"Das Problem ist nicht so sehr ein Mangel an Nahrungsmitteln als vielmehr ein Mangel an politischem Willen", stellt die Welternährungsorganisation FAO in ihrem Bericht über die Lage der Nahrungsmittelunsicherheit in der Welt fest (25.11.2003). Das bei einem UN-Gipfel 1996 vereinbarte Ziel, die Zahl der unterernährten Menschen bis zum Jahr 2015 zu halbieren, rückt in immer weitere Ferne.

Dabei müsste es massenhaften Hunger nicht geben. Die Erde ist fruchtbar genug, um noch mehr als die heute hier lebenden rund sechs Milliarden Menschen zu ernähren. Abgesehen von Naturkatastrophen wie Dürreperioden, Überschwemmungen und Heuschreckenplagen sind politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen dafür verantwortlich, dass sich rund 850 Millionen Menschen mit leerem Magen schlafen legen.

Industrieländer benachteiligen Entwicklungsländer

Die strukturelle Benachteiligung der Entwicklungsländer im internationalen Handel ist mittlerweile allgemeine Erkenntnis. Der fehlende Wille der Industriestaaten, daraus Konsequenzen zu ziehen, wird auf den Welthandelskonferenzen von den Vertretern der Dritten Welt und auch von Nicht-Regierungsorganisationen zunehmend als Skandal empfunden.

Damit sich die Armen in der Dritten Welt die nötigen Nahrungsmittel kaufen können, reicht es nicht die Märkte der Industriestaaten für landwirtschaftliche Einfuhren aus Entwicklungsländern zu öffnen. Nötig ist auch eine Stärkung der Einkommen und damit der kaufkräftigen Nachfrage der Armen in der Dritten Welt, also mehr Eigentums- und Einkommensgerechtigkeit in diesen Ländern.

Die meisten Menschen in den Entwicklungsländern sind zu arm, um sich die Nahrung zu kaufen, die sie brauchen. Dadurch wird die Entwicklung aufnahmefähiger Märkte behindert. Damit besteht wiederum für Bauern, die meist gerade genug für sich selbst und ihre Familien produzieren, wenig Anreiz zu einer erhöhten Erzeugung.

Mehr Arbeit für weniger Hunger

"Und warum sind die Volksmassen so arm?", fragte schon Anfang der siebziger Jahre der damalige FAO-Generaldirektor Boerma - und gab darauf die Antwort: "Weil sie arbeitslos oder unterbeschäftigt sind."

Boermas Feststellung hat über die Jahre nichts von ihrer Bedeutung verloren. Kein Landwirt wird seine Erzeugnisse verschenken. Das heißt: Das Problem des Hungers kann nur durch die Schaffung von Arbeitsplätzen und die daraus resultierende Bildung von Kaufkraft überwunden werden. Die Arbeitslosen und Unterbeschäftigten werden sich erst dann die notwendigen Nahrungsmittel kaufen können, wenn sie eine Beschäftigung finden. Sonst bleiben sie auf Almosen angewiesen.

Nahrungsmittelspenden schaffen Hunger

Nahrungsmittelspenden aus den Industriestaaten können zwar dazu beitragen, akute Katastrophenfälle zu bewältigen, doch häufig sind sie eines der Probleme, indem sie Märkte zerstören. Häufig genug geht es bei der Nahrungsmittelhilfe im Kern vor allem darum, die Agrarüberschüsse der Industriestaaten abzubauen. Die deutsche Bundesregierung hat sich seit Jahren von dieser Art Entwicklungshilfe verabschiedet.

Wenn sie in Katastrophenfällen Nahrungsmittel liefert, nutzt sie dafür nicht mehr die Überschüsse der deutschen Bauern, sondern sie stellt Geld zum Ankauf von Nahrungsmitteln in der Dritten Welt zur Verfügung. Das schafft Arbeit, Einkommen und Kaufkraft am Markt und trägt mehr zum Kampf gegen den Hungertod bei als die Verteilung von Agrarüberschüssen aus den Industriestaaten.

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