Mehr Patienten klagen
17. Juni 2013Bei den Ärztekammern sind im vergangenen Jahr mehr Patientenbeschwerden zu vermuteten Behandlungsfehlern eingegangen als im Vorjahr. Insgesamt erhielten die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärzteschaft 12.232 Anträge wegen mutmaßlicher Ärztefehler, wie die Bundesärztekammer in Berlin mitteilte. Das waren rund 1100 mehr als 2011.
Die Gutachter entschieden in 7578 Fällen. Bei fast jeder dritten dieser Behandlungen in Kliniken und Praxen kam es demnach tatsächlich zu einem Ärzte- oder anderen Behandlungsfehler.
82 Todesfälle als Folge eines Behandlungsfehlers
Die häufigsten vermuteten Behandlungsfehler betrafen wie in den Vorjahren Knie- und Hüftgelenkarthrosen sowie Brüche an Unterarm, Unterschenkel und Sprunggelenken. Die meisten Beschwerden kamen von Patienten nach Behandlungen oder Untersuchungen im Krankenhaus.
"Fehler passieren, auch in der Medizin", erklärte Andreas Crusius, Vorsitzender der Ständigen Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen. Zugleich warnte er davor, Behandlungsfehler per se mit Ärztepfusch gleichzusetzen. Ein solche Aussage sie "durch keine seriöse Statistik gedeckt".
Insgesamt liegen die Zahlen weit höher. Patienten wenden sich unter anderem auch an Krankenkassen oder direkt an Gerichte. Es gebe schätzungsweise 40.000 Verdachtsfälle im Jahr, sagte Crusius. Schätzungsweise 8000 Mal werde nachgewiesen, dass ein Fehler Ursache eines Schadens ist. 2012 wiesen die Gutachter der Ärzteschaft 82 Todesfälle als Folge eines Behandlungsfehlers nach.
Mehr Rechte für Patienten
Die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern dienen bei Arzthaftungsstreits als eine unabhängige, außergerichtliche Anlaufstelle für Patienten. Sie bewerten den Angaben zufolge gut ein Viertel aller vermuteten Arzthaftungsfälle in Deutschland. In rund 90 Prozent der Fälle werden die Entscheidungen der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen laut Bundesärztekammer von beiden Parteien akzeptiert und die Streitigkeiten beigelegt.
Mit der im Februar in Kraft getretenen Neuregelung der Patientenrechte wurden die Möglichkeiten für Patienten ausgeweitet, um nach Behandlungsfehlern Schadenersatzforderungen durchzusetzen. Das Gesetz sieht bei möglichen "groben Behandlungsfehlern" eine Umkehr der Beweislast vor. Demnach muss nicht der Patient darlegen, dass er falsch behandelt wurde. Vielmehr muss der Arzt beweisen, dass er richtig gehandelt hat. Bei sogenannten "einfachen" Behandlungsfehlern liegt allerdings die Beweislast nach wie vor beim Patienten.
pg/sti (dpa, afp, epd)