Mehr Geld als beim Nobelpreis
13. April 2003Professor Joachim Schultze ist nach zehn Jahren Tätigkeit in Boston an der Harvard Medical School nach Deutschland zurückgekehrt. Der Immunologe forscht jetzt an der Universität Köln im Bereich der Krebsforschung. Seiner Meinung nach ist der Forschungsstandort besser als sein Ruf. Im Interview mit DW-WORLD nennt er die mangelhafte öffentliche Darstellung der wissenschaftlichen Erfolge einen Nachteil der deutschen Wissenschaftlern gegenüber den Amerikanern. Die Amerikaner machten dagegen brillante Wissenschafts-PR. Das sollten sich die Deutschen abschauen und die eigene Spitzenforschung stärker betonen.
Verlockendes Angebot
Schultze selbst wäre aber in den USA geblieben, wenn nicht die Alexander von Humboldt-Stiftung und das Bundesministerium für Bildung und Forschung zwei neue Wissenschaftspreise vergeben hätten: den Wolfgang-Paul-Preis für Spitzenwissenschaftler aus dem Ausland und den Sofja-Kovalevskaja-Preis für herausragende internationale Nachwuchswissenschaftler.
Ziel beider einmalig vergebenen Auszeichnungen an insgesamt 43 Preisträger ist es, Wissenschaftlern einen mehrjährigen Forschungsaufenthalt in Deutschland zu finanzieren. Die Preise haben ein Gesamtvolumen von rund 36 Millionen Euro. Damit sind sie die höchst dotierten Auszeichnungen in der Wissenschaftsgeschichte Deutschlands. Und die Dotierung des Paul-Preises entspricht mit einem Betrag von bis zu 2,3 Millionen Euro pro Preisträger sogar dem doppelten Finanzumfang des Nobelpreises. Beim Sofja-Kovalevskaja-Preis wurden jeweils immerhin bis zu 1,2 Millionen Euro vergeben.
Preis zahlt sich aus
Die Erwartungen an die Preisträger aus mehr als ein Dutzend Ländern und fast eben so vielen Forschungsdisziplinen waren von Anfang an äußerst hoch - aber wohl nicht zu hoch. Die ersten 18 Monate seien sehr erfolgreich verlaufen, sagte der Pressesprecher der Humboldt-Stiftung, Florian Klebs.
Auch der russische Physiker und Wolfgang-Paul-Preisträger Aleksei Khokhlov ist mit den Ergebnissen zufrieden. Im Gespräch mit DW-WORLD erklärt er, dass der Wolfgang-Paul-Preis sein Ziel erfüllt habe: Es sei die Aufgabe gewesen, einen neuen Forschungsaspekt in die Arbeit einer deutschen Universität einzubringen, der zusammen mit deutschen Spezialisten weiterentwickelt werde. An der Universität Ulm sei ihm das mit einem Projekt im Bereich Kunststoffforschung gelungen.
Veränderungen als Ziel
Als Schwäche des deutschen Hochschulsystems empfindet Preisträger Khokhlov, dass die Universitäten ihre Studierenden nicht selbst auswählen können. Auch der aus den USA zurückgekehrte Deutsche Joachim Schultze wünscht sich Veränderungen in den Wissenschaftsstrukturen. Nicht jede Universität müsse gleich ausgestattet sein. Statt dessen empfiehlt Schultze die Schaffung von einigen "Centers of Excellence" - vergleichbar beispielsweise mit den amerikanischen Top-Universitäten Harvard, Stanford und Yale.
Den Wolfgang-Paul- und den Sofja Kovalevskaja-Preis hält Joachim Schultze für ein richtiges Mittel, das fortgeführt werden sollte. Denn nach seiner Meinung muss es in Deutschland solche Preise geben, wenn man will, dass amerikanische Top-Wissenschaftler zur Forschung nach Deutschland kommen.