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Politik

EU will Grenzschutz verbessern

17. April 2019

Die EU-Grenzschutzbehörde Frontex soll ausgebaut werden, doch die Mitgliedsstaaten bremsen. Die Reform der Migrationspolitik bleibt mühsam. Bernd Riegert berichtet.

Symbolbild Frontex
Bild: picture-alliance/dpa/C. Charisius

Vier Jahre nach dem Höhepunkt des Zustroms von Migranten und Flüchtlingen in die EU hat das Europäische Parlament in seiner letzten Sitzung vor der Europawahl Ende Mai eine ernüchternde Bilanz gezogen. "Die Situation für viele Migranten ist immer noch tragisch", sagte die britische Labour-Abgeordnete Julie Ward, die selbst mit Hilfsorganisationen in Frankreich zusammenarbeitet. Vielfach würden sie immer noch in unmenschlichen Umständen leben, sagte Julie Ward in Straßburg. "In Griechenland gibt es Proteste der Bevölkerung, die einfach nicht mehr Menschen aufnehmen kann oder aufnehmen will", sagte der griechische Abgeordnete Notis Marias von der national-konservativen Fraktion. Hilfsorganisationen und die Vereinten Nationen kritisieren die Überbelegung in griechischen Flüchtlingslagern. Gleichzeitig steige, die Zahl der Menschen wieder an, die Griechenland auf dem Landweg erreichen, meinte der Abgeordnete Marias.

EU-Kommissar Avramopoulos: Frontex wird in Phasen ausgebautBild: Reuters/L. Niesner

Offene Binnengrenzen nur mit geschützten Außengrenzen

Die konservative Abgeordnete Roberta Metsola kreidete in einem offiziellen Bericht des Parlaments an, dass der von der EU mehrfach versprochene und beschlossene gemeinsame Schutz der Außengrenzen noch nicht erreicht sei. "Nur wenn die Außengrenze besser geschützt wird, dann wird es auch möglich sein, die Binnengrenzen in der EU offen zu halten", sagte Roberta Metsola aus Malta. An den Binnengrenzen halten einige Mitgliedsstaaten seit Jahren stichprobenartige Grenzkontrollen aufrecht, obwohl dies eigentlich eine Ausnahme sein soll. Das Parlament forderte die EU-Kommission auf, die Einsatzregeln für die Grenzschutzbehörde Frontex zu ändern und mehr Personal einzustellen. Eine entsprechende gesetzliche Regelung wurde mit großer Mehrheit beschlossen.

Das Problem ist allerdings, dass die meisten der 28 Mitgliedsstaaten bislang nicht mitziehen. Zwar hatten die Staats- und Regierungschefs ursprünglich im Sommer 2018 den Plan unterstützt, binnen drei Jahren das Personal von Frontex von 1500 auf 10.000 Personen aufzustocken und aus der Agentur eine richtige Behörde mit erweiterten Befugnissen zu machen. Doch als es in den vergangenen Monaten an die praktische Umsetzung ging, machten immer mehr Mitgliedsstaaten einen Rückzieher. Weder waren sie bereit, die notwendigen Grenzschutzbeamten abzuordnen, noch waren sie willig, hoheitliche Aufgaben wie Grenzkontrollen an die EU-Behörde zu übertragen. Das beklagen EU-Beamte, die nicht öffentlich genannt werden wollen, schon lange. "Frontex und der Grenzschutz sind praktisch nicht wirksam", meinen die EU Beamten.

Frontex-Beamte helfen bei der Rückführung von Flüchtlingen aus Griechenland in die Türkei (2016)Bild: Reuters/G. Moutafis

Mitgliedsstaaten wollen keine Kompetenzen abgeben

Die populistische Regierung in Italien warf der EU-Kommission vor, sie wolle sich in die inneren Angelegenheiten der Mitgliedsstaaten einmischen. Auch andere Mitgliedsstaaten teilten diese Kritik. Der Aufbau der Behörde, der im Sommer noch als dringlich angesehen wurde, soll jetzt bis zum Jahr 2027 gestreckt werden. Selbst Österreich und Ungarn, die sich vehement für einen Ausbau von Frontex eingesetzt hatten, sind jetzt zögerlich. Die Überlegung, Frontex-Grenzbeamte notfalls auch gegen den Willen eines Mitgliedsstaates an dessen Außengrenze einzusetzen, wurde wieder aufgegeben. "Keine Chance, dass die zuständigen Innenminister das jemals genehmigen", heißt es von Beamten, die mit den Beratungen vertraut sind.

"Die Kompetenzen bleiben bei den Mitgliedsstaaten. Die Befugnisse, Ausrüstung und Bewaffnung der Frontex-Grenzschützer werden begrenzt sein", sagte die federführende Abgeordnete Roberta Metsola. Unklar sei nach wie vor, was mit Menschen passieren soll, die an den Grenzen oder Küsten aufgegriffen werden. "Eine Regelung der Verteilung ist nach wie vor im Rat der Mitgliedsstaaten blockiert. Das ist sehr bedauerlich", meinte die Europa-Abgeordnete. Schon eine Reform des Asylrechts und der sogenannten "Dublin-Regeln", die bestimmen, welcher Mitgliedsstaat für ankommende Migranten zuständig ist, gelang in der auslaufenden Legislaturperiode nicht.

Kleine Schritte vorwärts

Der zuständige EU-Kommissar für Migration, Dimitris Avramopoulos, glaubt, dass der Aufbau des europäischen Grenzschutzes und der Küstenwache trotz allen Widerständen Fortschritte mache. "Das was wir heute haben, ist mit der Situation an der Grenze vor fünf Jahren nicht zu vergleichen. Nach und nach werden wir aufstocken und 2027 das Ziel erreichen. Das ist keine Verschiebung, sondern nur ein schrittweises Vorgehen", sagte Avramopoulos. Frontex-Beamte würde bald das Recht bekommen, Migranten an den Grenzen zurückzuweisen, kündigte Avramopoulos an. Damit könne "illegale Migration" eingedämmt werden. "Wenn jemand Zweifel hat am zusätzlichen Nutzen von Frontex, würde ich auf diesen Meilenstein hinweisen. Kein Land kann heute diese Anforderungen alleine meistern."

Wegen Mängeln an der Außengrenze kontrollierten 2017 Staaten auch die eigentlich offenen Binnengrenzen

Das Europäische Parlament hat nach vielen Jahren der Vorbereitung und Beratung in dieser Woche auch grünes Licht dafür gegeben, die verschiedenen Datenbanken für Asylsuchende, Ein- und Ausreisen, Fahndungen und vermisste Reisepässe miteinander zu verknüpfen. Grenzbeamten sollen so schneller unberechtigt Einreisende erkennen können. Das ist eine alte Forderung der Polizei-Experten, die nun erfüllt wird. Die Zahl der illegalen Grenzübertritte sinkt verglichen mit dem Jahr 2015 in der EU weiter ab. Im letzten Jahr waren es nach Angaben von Frontex noch 150.000.

Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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