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Mehr Millionäre im Iran

6. Juli 2021

Trotz Wirtschaftskrise, weit verbreiteter Armut und Pandemie sind nicht wenige Iraner zu Millionären geworden - vor allem durch Finanzspekulationen.

Iran Teheran Friedhof
Leichenwagen des Teheraner Friedhofs für den Transport betuchter Verstorbener Bild: YJC

Die Zahl der Dollar-Millionäre weltweit ist auch während der Pandemie weiter gestiegen, im Iran sogar um knapp 25 Prozent. Laut dem aktuellen "World Wealth Report" der Unternehmensberatung Capgemini kletterte sie im Iran innerhalb eines Jahres von 205.000 auf 250.000. Auf der Liste der Länder mit den meisten Millionären steht der Iran an 14. Stelle. Dabei lebte im selben Jahr (2020) laut offiziellen Angaben 30 Prozent der iranischen Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Diese Menschen können zum Beispiel ihre Miete oder ihre Behandlungskosten im Fall einer Krankheit nicht mehr bezahlen. Gleichzeitig hat die iranische Währung hat in den vergangenen drei Jahren gegenüber dem US-Dollar stark an Wert verloren: Im Januar 2018 mussten 42.880 Rial für einen US-Dollar bezahlt werden, im Januar 2021 240.000 Rial. 

Razzia bei einer illegalen Bitcoin-Farm im IranBild: FARS

Kryptowährungen als Goldgrube

"Genau davon haben einige wenige massiv profitiert und sind zu Millionären geworden", sagt Ali Ahmadnia aus Teheran im Gespräch mit der DW. Der Journalist recherchiert seit ein paar Jahren über die Kryptowährungen. "Ich kenne einige junge und gut ausgebildete Leute, die 2016 oder 2017 mit 10.000 Dollar eingestiegen sind und zum Beispiel Bitcoin gekauft haben. Ein Bitcoin kostete damals um die 400 US-Dollar und ist heute 35.000 US-Dollar wert."

Kryptowährungen sind im Iran sehr beliebt. Jeder, der ein bisschen Computer-Erfahrung hat, kann sie herstellen. Für das "Schürfen" eines einzigen Bitcoins benötigt man allerdings sehr viel Strom. Laut offiziellen iranischen Angaben so viel, wie 24 Haushalte in Teheran in einem Jahr verbrauchen. Im rohstoffreichen Iran ist der Strompreis allerdings subventioniert und dementsprechend niedrig.

Die Regierung von Präsident Rohani wollte sogar Kryptowährungen als  gesetzliches Zahlungsmittel zur Umgehung von US-Finanzsanktionen einsetzen. Sie sah sich schließlich aber gezwungen, das energieintensive Schürfen von Bitcoins vorübergehend zu verbieten. Ständige Stromausfälle, zum Teil verursacht durch illegales Bitcoin-Mining, hatten die Bevölkerung massiv verärgert. Rohanis gewählter Nachfolger Ebrahim Raeissi werde die Beschränkungen für die Herstellung von Kryptowährungen aufheben, hatte Raeissis Berater Abbas Dschamsam kurz vor der Präsidentenwahl versprochen. Pläne für Investitionen in das Stromnetz und eine bessere Kontrolle, die die illegale Herstellung von Bitcoin auf Kosten der Gesellschaft verhindert, hat Raeissi noch nicht vorgelegt.

Proteste von Kleinanlegern vor der Börse in TeheranBild: Maryam Kamyab/MEHR

Gewinner und Verlierer an der Börse

Auch ein kurzer Börsenboom hat einige Iraner reich gemacht, aber weitaus mehr arm. Unter dem Druck der US-Sanktionen hatte die Regierung im April 2020 Pläne angekündigt, Staatsvermögen im Wert von etwa zwei Milliarden Dollar zu verkaufen. Die Bürger konnten Anteile an staatlichen Unternehmen in der Schwerindustrie oder Petrochemie kaufen, wie Mobarakeh Steel, Persian Gulf Petrochemical Industrial und National Iranian Copper Industries.

Eine seltene Gelegenheit für viele Iraner, die Angst vor dem weiteren Verlust ihrer Ersparnisse durch die galoppierende Inflation hatten. Die Inflationsrate belief sich laut offiziellen Statistiken vergangenes Jahr auf geschätzt 36,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die hohe Nachfrage verteuerte die angebotenen Aktien und die Teheraner Börse erlebte einen ungeahnten Aufschwung. Der wichtigste iranische Aktienindex Tedpix, in dem die größten Unternehmen des Landes gelistet sind, steigerte seinen Wert um mehr als das Dreifache.

Einige wenige erfahrene Investoren profitierten von diesem Boom und sind zur Millionären geworden, es soll sich laut der iranischen Zeitung "Mehrnews" um etwa 100 Personen handeln. Der Börsenboom hatte allerdings wenig mit dem tatsächlichen Zustand der iranischen Wirtschaft zu tun, in der zweiten Hälfte 2021 purzelten die Kurse und viele Anleger mit wenig Erfahrung verloren ihr Geld. Seitdem gab es immer wieder Proteste vor der Teheraner Börse.

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