Weltwirtschaftsforum Davos
23. Januar 2013Noch im vergangenen Jahr war die Stimmung in Davos trübe. Die Schuldenkrise hatte Europa im Griff, ein Auseinanderbrechen der Eurozone schien vielen nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich. Seitdem ist viel passiert: Griechenland wurde ein Teil seiner Schulden erlassen, die Euroländer spannten neue Rettungsschirme und die Europäische Zentralbank (EZB) erklärte, den Euro "mit allen Mitteln" verteidigen zu wollen.
Inzwischen hat sich die Lage wieder etwas beruhigt, das Ende der Gemeinschaftswährung scheint vorerst gebannt. Auch das Motto des diesjährigen Treffens in Davos zeugt von Widerstand: "Resilient Dynamism", was soviel heißt wie widerstandsfähige Dynamik. "Ich hoffe, dass Sie dieses Forum mit einer Vision verlassen, die über reines Krisenmanagement hinausgeht", sagte Klaus Schwab, Gründer und Präsident des Weltwirtschaftsforums, in seiner Begrüßungsrede an die rund 2500 Teilnehmer.
Krisenprominenz
Die wichtigsten Akteure der europäischen Schuldenkrise saßen da noch nicht im Publikum, werden aber in den nächsten Tagen in Davos das Wort ergreifen: die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel ebenso wie der italienische Premierminister Mario Monti, EZB-Chef Mario Draghi oder Christine Lagarde, die Direktorin des Internationalen Währungsfonds IWF.
Russland, das zurzeit den Vorsitz im Club der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) innehat, ist in diesem Jahr in Davos besonders präsent. Premierminister Dmitri Medwedew sprach am Mittwoch (23.01.2012) in Davos als erster von zahlreichen anderen hochrangigen Politikern; die wirtschaftliche Lage des Landes wird in zahlreichen Runden diskutiert.
Auch Nigeria, Südafrika und viele andere Staaten sind hochrangig vertreten, sagt Borge Brende, Mitglied der Geschäftsführung des Forums: "Fast 50 Staats- und Regierungschefs nehmen in diesem Jahr am Weltwirtschaftsforum teil, das ist mehr als bisher." Hinzu kommen mehr als 350 Minister und Vertreter von Regierungen und internationalen Organisationen, darunter der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki-Moon.
Google nicht zu finden
Auch Unternehmer aller Branchen und Länder sind nach Davos gekommen. Das Weltwirtschaftsforum finanziert sich vor allem durch die Mitgliedsbeiträge von rund 1000 Firmen, die pro Jahr umgerechnet zwischen 34.000 und 400.000 Euro zahlen. Allerdings hat der Suchmaschinenbetreiber Google, der in den vergangenen Jahren immer in Davos präsent war, seine Teilnahme dieses Mal ohne Angabe von Gründen abgesagt.
Nicht zu diesjährigen Rhethorik von Optimismus und Dynamik passt auch das Ergebnis einer Studie, die die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) am Vorabend der Eröffnung des Forums präsentierte. Demnach fällt die Zahl der Konzernchefs, die "sehr zuversichtlich" in die Zukunft blicken, in diesem Jahr deutlich niedriger aus als in den beiden Vorjahren.
Besonders pessimistisch zeigten sich die Unternehmer in Europa, wo nur noch jeder Fünfte sehr zuversichtlich ist. "Angesichts von Problemen wie Überreglementierung, Staatsverschuldung und Instabilität der Kapitalmärkte ist es keine Überraschung, dass die Zuversicht bei Unternehmenslenkern in den letzten zwölf Monaten gesunken ist", sagte PwC-Chef Dennis M. Nally.
Werbetrommel
Unabhängig von der Gemütslage bietet das Forum seinen Teilnehmern die Möglichkeit zum Austausch. Und natürlich ist es eine gute Gelegenheit, um die Werbetrommel zu rühren - sei es, um Investoren anzulocken, Kunden zu gewinnen oder für eine gute Sache zu werben.
So wie die südafrikanische Schauspielerin und Oscar-Gewinnerin Charlize Theron, die in Davos für ihr Engagement im Kampf gegen AIDS ausgezeichnet wurde. "Zwei Drittel aller Aids-Opfer weltweit sterben in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara", so Theron. "Die Medizin hat bei der Behandlung und Präventionen von AIDS große Fortschritte gemacht, aber der Kampf ist noch lange nicht vorbei."
Reine Eitelkeit?
Trotz der versammelten Prominenz aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft wird auch dieses Forum ohne klares Ergebnis und feste Beschlüsse enden - dazu haben weder Veranstalter noch Teilnehmer ein Mandat. Dem Forum wird daher oft vorgeworfen, es sei eine Veranstaltung, auf der Manager und Politiker ihre Eitelkeit befriedigen.
Das sei es auch, aber "nicht nur", so Forumsgründer Klaus Schwab. Er fasst seine Erwartungen an das Forum so zusammen: "Ich wünsche allen Teilnehmern, dass sie nach dem Forum dynamischer, optimistischer, widerstandsfähiger und leidenschaftlicher sind als zuvor. Und dass sie etwas besser verstehen, was in der Welt vorgeht."