1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Mehr Respekt in der politischen Debatte

3. Oktober 2016

Begleitet von lautstarkem Protest rechtsgerichteter Demonstranten ist in Dresden der Tag der Deutschen Einheit gefeiert worden. Beim offiziellen Festakt mahnten Politiker mehr Dialogbereitschaft an.

Bundeskanzlerin Angela  Merkel und Bundespräsident Joachim Gauck stehen am Tag der Deutschen Einheit vor der Frauenkirche in Dredsen
Bild: picture-alliance/AP/J. Meyer

Angesichts der lautstarken Stör-Aktionen rechtspopulistischer Gruppen bei der Einheitsfeier in Dresden hat Bundeskanzlerin Angela Merkel zu mehr Respekt in der politischen Auseinandersetzung aufgerufen. 26 Jahre nach der Einheit gebe es sicher neue Probleme und neue Arbeit, sagte Merkel vor dem Festakt in Dresden.

Auf dem Weg zum zentralen Festakt zum Tag der Deutschen Einheit waren Merkel, Bundespräsident Joachim Gauck und andere geladene Gäste in Dresden von mehreren hundert Anhängern der rechtspopulistischen Pegida-Bewegung wüst beschimpft worden. Zu den Demonstranten gehörte auch Pegida-Mitbegründer Lutz Bachmann.

Demonstranten rufen "Merkel muss weg", "Volksverräter", "Abschieben"

Anwesende sprachen von einem wahren Spießrutenlauf. Rufe wie "Volksverräter", "Haut ab" und "Merkel muss weg" waren ebenso zu hören wie Trillerpfeifen. Laut Polizei mussten die Demonstranten zurückgedrängt werden, um "den Zugang der Gäste zu der Veranstaltung zu gewährleisten". Ein dunkelhäutiger Mann, der zum Gottesdienst wollte, wurde mit "Abschieben"-Rufen empfangen. Bereits am Samstag war Dresdens Bürgermeister Dirk Hilbert von Anhängern der Pegida-Bewegung nach einem Treffen mit Vertretern islamischer Gemeinden mit "Volksverräter"-Rufen attackiert worden.

Demonstranten beschimpfen die Bundeskanzlerin und andere Politiker in DresdenBild: Reuters/F. Bensch

"Ich persönlich wünsche mir, dass wir diese Probleme gemeinsam, in gegenseitigem Respekt, in der Akzeptanz sehr unterschiedlicher politischer Meinung lösen", sagte die Kanzlerin. Man müsse miteinander im Gespräch bleiben, auch wenn einige an solchen Gesprächen nicht mehr interessiert seien. Sie werde sich für diesen Dialog mit aller Kraft einsetzen, sagte Merkel. "Und ich weiß, dass viele, viele andere das auch tun, und denen möchte ich an diesem Tag ganz besonders danken."

Lammert fordert Achtung vor dem Rechtsstaat

Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert forderte in seiner Ansprache, in der politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzung "Mindestansprüchen der Zivilisation" zu genügen. Dazu zählten Respekt, Toleranz und die Achtung vor dem Rechtsstaat, vor der Meinungs- und vor der Religionsfreiheit. Diejenigen, die am Einheitsfeiertag "besonders laut pfeiffen und schreien, die haben offenkundig das geringste Erinnerungsvermögen daran, in welcher Verfassung sich diese Stadt und dieses Land befanden, bevor die Vereinigung möglich wurde", sagte Lammert.

Die Ehrengäste am Tag der Deutschen Einheit in der Dresdener FrauenkircheBild: Getty Images/S. Gallup

Generell sei Deutschlands Demokratie "in besserer Verfassung als jemals zuvor". Das Land stehe aber vor Herausforderungen, "die wir bewältigen müssen und können", so der Bundestagspräsident vor rund 1.000 geladenen Gästen.

Worte, die Lunte legen für Hass und Gewalt

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich warte ebenfalls vor rechtspopulistischen und fremdenfeindlichen Parolen. "Beschämt erleben wir, dass Worte die Lunte legen können für Hass und Gewalt", sagte Tillich, der aktuell als Bundesratspräsident fungiert. Das sei menschenverachtend und zutiefst unpatriotisch "Wir alle müssen dafür sorgen, dass die gefährliche Saat, auch die des Populismus, nicht aufgeht", sagte der sächsische Ministerpräsident.

Nach dem Festakt in Dresden waren mehrere tausend Menschen einem Demonstrationsaufruf des fremdenfeindlichen Pegida-Bündnisses gefolgt, unter ihnen erkennbar zahlreiche Neonazis. Sie zogen vom Hauptbahnhof in die Nähe des Festgeländes. Auf Transparenten wurde Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Rücktritt aufgefordert.

Pegida-Anhänger fordern Merkels Rücktritt

Für Aufsehen sorgte, dass die Versammlungsauflagen nicht wie üblich vom Veranstalter, sondern von einem Sprecher der Polizei verlesen wurden. Der Polizeisprecher begründete dieses Vorgehen mit einem Defekt an der Lautsprecheranlage von Pegida. Dafür erhielt er lautstarken Applaus, und die Menge skandierte: "Eins, zwei, drei, danke Polizei!" Die sächsische Polizei distanziert sich von dem Vorfall und teilte mit, dieser werde einer Überprüfung unterzogen.

Pegida Demonstration in Dresden am Tag der Deutschen EinheitBild: picture-alliance/dpa/S. Willnow

Parallel zu der Pegida-Demonstration beteiligten sich unter der Elbbrücke «Blaues Wunder» etwa 250 bis 300 Menschen an einer Demonstration des rechten Bündnisses "Festung Europa". Auf der Elbbrücke versammelten sich etwa genauso viele Gegendemonstranten, die für ein offenes und buntes Dresden warben.

cw/se/uh (dpa, rtr, afp, epd)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen