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Mehr Zeit für's Sparen

Christoph Hasselbach30. Mai 2013

Die Europäische Kommission verlängert für einige Länder die Fristen für den Defizitabbau und rät allen zu weiteren Reformen. Deutschland hat der Kommission zufolge Nachholbedarf vor allem im Steuersystem.

Jose Manuel Barroso (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Es war eine Mammutveranstaltung der Kommission, schon personell. Kommissionspräsident José Manuel Barroso hielt zunächst eine Art Grundsatzrede über die Defizitsituation in der Eurozone. Dann gingen Währungskommissar Olli Rehn, Sozialkommissar László Andor und Steuerkommissar Algirdas Šemeta jeweils auf ihre Fachgebiete und auf einzelne Länder ein, zusammen fast zwei Stunden lang.

Tatsächlich sind die sogenannten Länderempfehlungen zu einer großen Notenvergabe in der europäischen Wirtschaftsschule geworden. Dabei waren die Noten im Grunde genommen bekannt. Und zittern musste diesmal eigentlich niemand. Die Kommission ist nämlich von einer neuen allgemeinen Großzügigkeit ergriffen. Statt eisern auf der Einhaltung der Defizitkriterien zu bestehen - nicht mehr als drei Prozent -, meint Barroso jetzt: "Wegen der erzielten Fortschritte haben wir Spielraum, um das Konsolidierungstempo zu drosseln."

Mehr Zeit zum Sparen für Euro-Krisenländer

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Kein Kommentar zu Oettingers Frankreich-Schelte

Belgien, die Niederlande und Portugal sollen ein Jahr mehr Zeit bekommen, um auf drei Prozent zu kommen, Frankreich, Slowenien und Spanien sogar zwei Jahre. Rehn hämmerte diesen Ländern aber ein, sie sollten "den Spielraum für die Umsetzung von Strukturreformen nutzen". Die Frage ist aber, ob sie das auch tun. Im Fokus steht hier vor allem Frankreich, dem viele vorwerfen, notwendige Reformen bisher gar nicht angepackt zu haben. Zu diesen Kritikern gehört kein geringerer als Energiekommissar Günther Oettinger.

Der hatte nach Informationen der "Bild"-Zeitung kürzlich bei einer Veranstaltung der deutsch-belgisch-luxemburgischen Handelskammer gesagt, Frankreich sei "null vorbereitet auf das, was notwendig ist". Dazu zählte Oettinger eine geringere Staatsquote, Rentenkürzungen und eine längere Lebensarbeitszeit. Der Rest der Kommission lehnte jeden Kommentar zu den Äußerungen ihres undiplomatischen Mitglieds ab. Doch die Kommission teilt Oettingers Reformempfehlungen an Frankreich. Frankreich habe über viele Jahre an Wettbewerbsfähigkeit verloren, klagte Rehn.

Ist mit seiner Frankreich-Kritik sehr weit gegangen: Energiekommissar Günther OettingerBild: picture-alliance/dpa

Rat an Deutschland: höhere Löhne, geringere Steuern

Dagegen kann die Kommission auch Länder aus einem Defizitverfahren entlassen - so geschehen mit Italien, weil es den Fehlbetrag ausreichend abgebaut hat. Italien steht aber weiter unter besonderer Beobachtung, vor allem, weil seine Gesamtverschuldung im kommenden Jahr mehr als 130 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreichen soll - erlaubt sind gerade mal 60 Prozent. Doch auch die Länder, die gut dastehen, bekommen Empfehlungen, darunter Deutschland. Deutschland täten laut der Kommission höhere Einkommen zur Steigerung der Binnennachfrage gut, geringere Steuern und Sozialabgaben vor allem der unteren Einkommensgruppen, ein Ende des Ehegattensplittings und ein leichterer Marktzugang ausländischer Dienstleister. 

Der Streit um die richtigen Rezepte

Barroso trat an dieser Stelle einem, wie er selbst glaubt, verbreiteten Missverständnis entgegen: "Es wäre ein schwerer Fehler zu denken, dass Deutschland bei seinen Bemühungen um Wettbewerbsfähigkeit nachlassen sollte, damit die Peripheriestaaten wachsen könnten. Im Gegenteil, wir brauchen eine starke deutsche Wirtschaft im Zentrum Europas." Gerade französische Politiker der sozialistischen Regierung haben aber zumindest den Eindruck erweckt, als wäre gerade dies die Lösung. Doch der Musterknabe Deutschland bekam auch von der Kommission noch ein wenig Fett ab.

Sozialkommissar László Andor kommentierte die jüngste Berliner Initiative gegen Jugendarbeitslosigkeit in Europa mit den Worten: "Einige von denen, die jetzt viel von ihrer Sorge über eine verlorene Generation reden, sind dieselben, die auf einer Kürzung der Ausgaben bestanden haben, mit denen wir etwas gegen die Arbeitslosigkeit tun können." Ausdrücklich nannte er in diesem Zusammenhang den Namen von Finanzminister Wolfgang Schäuble. So entzündet sich an den Länderempfehlungen auch immer neu der Streit um die richtigen Rezepte gegen die Krise. Abwechselnd wird dann die Kommission beschuldigt, zu hart und unter deutscher 'Fuchtel' zu sein, während andere sagen, die Kommission gehe zu nachgiebig mit Defizitsündern um.

Arbeitslose in Spanien: Notwendige Mittel gekürzt?Bild: REUTERS
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