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Mein Deutschland: Ideale Partner

Zhang Danhong
24. März 2017

Wer hätte das gedacht: Da rief Angela Merkel Chinas Staatschef Xi Jinping an, bevor sie nach Washington aufbrach. Zhang Danhong sieht die Zeit reif für eine enge sino-deutsche Partnerschaft und nennt dafür zehn Gründe.

China Tiananmen Square - Deutsche Chinesische Flagge
Bild: picture alliance/dpa/J. Qing

1. Unsere beiden Länder haben ein ähnliches Geschäftsmodell. Unsere Volkswirtschaften wachsen schneller als die meisten anderen Länder auf der jeweiligen Entwicklungsstufe, weil Produkte "Made in Germany" und "Made in China" zu den begehrtesten auf der Welt gehören. Sie überzeugen entweder durch die Top-Qualität oder durch ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Die Trophäe des Exportweltmeisters wandert zwischen beiden Ländern hin und her, gerade ist Deutschland der amtierende Weltmeister. Wenn sich die Klassenbesten zusammentun, werden wir unschlagbar.

2. Das müssen wir auch, denn wir teilen dasselbe Schicksal. Wegen der enormen Handelsbilanzüberschüsse werden wir von manch anderen angeprangert. Gut, Streber werden oft gemobbt. Zu zweit lässt sich der Druck aber leichter ertragen. So ist gerade ein ganz lautstarker Schüler namens Donald Trump neu in die Klasse gekommen. Deutsche und Chinesen manipulierten ihre Währungen, um sich Handelsvorteile zu verschaffen, posaunt er herum. Doch das trifft nicht zu. Die Deutschen haben gar keine eigene Notenbank mehr, und die chinesische hilft zwar ab und zu nach - aber nicht um den Yuan billig zu halten, sondern um zu verhindern, dass er noch billiger wird. Aber für solch lästige Details hat Donald Trump, der sich amerikanischer Präsident nennt, wohl nichts als Verachtung.

3. Nicht nur das: Einen Handschlag mit der deutschen Kanzlerin vor laufenden Kameras lehnt dieser Typ einfach ab - wie ein trotziges Kind. Angela Merkel reagiert mit einem Schulterzucken. Auf der Pressekonferenz begegnet sie seinen Sticheleien mit einem angedeuteten Schmunzeln. Auch der chinesische Premier Li Keqiang geht auf dem Volkskongress nicht auf die Attacken aus Washington ein. Nur so viel zum von Trump immer wieder angedrohten Handelskrieg: "Das würde unseren Handel nicht fairer machen." Beide Regierungschefs beherrschen die asiatische Kampfkunst perfekt: den Gegner ins Leere laufen lassen und dessen Energie umleiten. Sie heben sich wohltuend ab von einem Politikstil des Polterns und Um-sich-schlagens, der von vielen gerade als sehr cool empfunden wird.

Sparsamkeit ist sexy

4. Beide Völker verbindet noch eine andere uncoole Eigenschaft: die Sparsamkeit. Wobei schwäbische Hausfrauen vor einem chinesischen Haushaltsplan noch einmal erblassen dürften. Eine hundertprozentige Fremdfinanzierung beim Immobilienerwerb, wie sie in den USA gang und gäbe ist, kommt weder für Deutsche noch für Chinesen in Frage. Das ist der Grund, warum die Journalisten zwar seit Jahren eine Immobilienblase hier wie dort herbeizuschreiben versuchen, aber die Menschen ihnen diesen Gefallen einfach nicht tun.

Die schwäbische Hausfrau steht sinnbildlich für das ökonomische Haushalten der DeutschenBild: picture-alliance/Sven Simon

5. Diese Sparneigung macht Gott sei Dank auch vor Politikern nicht halt. Der ausgeglichene Haushalt in Deutschland findet in China mehr Bewunderer als in Europa. Meine Landsleute wundern sich, warum dieser erfreuliche Zustand mit dem Ehrentitel "Schwarze Null" einen negativen Touch bekommt. Die chinesische Regierung musste zwar gerade ein höheres Haushaltsdefizit für 2017 bekanntgeben. Aber mit einem Fehlbetrag von 2,3 Prozent der Wirtschaftsleistung und einer Schuldenquote von unter 50 Prozent würde China die Maastrichter Kriterien aber immer noch locker erreichen.

6. "Peking und Berlin kämpfen auch für strenge und klare Aufsichtsregeln für die internationale Bankenindustrie", schreibt der China-Kenner Frank Sieren im "Handelsblatt". Beide Länder wollen verhindern, dass Gewinne privat bleiben und Verluste sozialisiert werden. Klingt so, als würde eine deutsch-chinesische Währungsunion reibungsloser funktionieren als der Euroverbund.

7. Beide favorisieren eine multipolare Weltordnung und sehen in den G20 das geeignete Format für die Suche nach Lösung der globalen Probleme. Es war ein Wink des Schicksals, dass auf die chinesische Präsidentschaft derzeit die deutsche folgt. "Die Übergabe der G20-Präsidentschaft von China an Deutschland war eine der reibungslosesten, die es jemals gab", schwärmt der deutsche Botschafter in Peking, Michael Clauss.

Gemeinsam gegen "America first"

8. Seite an Seite mit dem kommunistischen China setzt sich die Bundesregierung für den freien Handel und gegen den Protektionismus ein. Pragmatismus ist der neue Zeitgeist. Denn wenn Donald Trump sein America-first-Programm tatsächlich umsetzen sollte, wird es die beiden großen Exportnationen am härtesten treffen.

DW-Redakteurin Zhang DanhongBild: V. Glasow/V. Vahlefeld

 9. Auch im Kampf gegen den Klimawandel, den Trump für eine Erfindung der Chinesen hält, empfiehlt sich die Volksrepublik als der ideale Partner Deutschlands. Seit 2013 emittiert China Jahr für Jahr weniger CO2, obwohl die Wirtschaft immer noch ein jährliches Wachstum von über sechs Prozent verzeichnet. Schon heute ist Solarenergie in China billiger als Strom aus Kohlekraft. Davon kann Deutschland nur träumen.

10. Die bilaterale Zusammenarbeit ist bereits legendär. So rettet der Titelheld im Kinderbuchklassiker "Jim Knopf" von Michael Ende die chinesische Prinzessin Li Si, die - wie auch alle anderen Kinder im Reich der Mitte - eine Rechenvirtuosin und überhaupt sehr klug ist. Umgekehrt haben deutsche Ingenieure vor 100 Jahren ein Kanalisationssystem in Qingdao installiert, das die Stadt noch heute bei starken Regenfällen sicher schützt. Dabei waren die deutschen Kolonialherren nur für drei Prozent des heutigen Systems verantwortlich - hat die Stadt doch inzwischen 4,5 Millionen Einwohner gegenüber 55.000 Menschen damals. Aber Legenden bedürfen bekanntlich keines Faktenchecks.

Zhang Danhong ist in Peking geboren und lebt seit über 20 Jahren in Deutschland.

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