Mein Kunst-Stück: Ägyptisches Museum
12. März 2007Seit 2005 ist die Ägyptische Sammlung im Alten Museum zu Gast. Die Kollektion ist weltberühmt - einer der Stars unter Berlins Kulturschätzen. Drei Generationen sind zu Besuch im Reich der Pharaonen: Die Restauratorin Dunja Rütt führt Sohn und Schwiegervater in die Welt der ägyptischen Königshäuser ein. Bereits der gerade vierjährige Justus kennt die Hauptattraktion: Nofretete.
Berlins schönste Frau zieht alle in ihren Bann. Die Kunst vom Nil ist ein Publikumsmagnet. Dunja Rütt berichtet von ihrer eigenen Faszination: "Zuallererst war’s tatsächlich ein Museumsbesuch, dann kam das Studium und das Interesse an der Restaurierung. Dabei habe ich sehr schnell versucht, an ägyptischen Werken zu arbeiten."
In die Unterwelt des Museums, wo weitere Kunstschätze gelagert werden, verirren sich nur selten Besucher. Dunja Rütt bringt eine frisch restaurierte Grabstele zurück ins Depot, die 1.100 Jahre vor Christus erschaffen wurde. Damals ließ man sich zu Lebzeiten bereits ein solches Denkmal meißeln - um nach dem Tod lange in Erinnerung zu bleiben. Die Restauratorin findet an diesem aufwändig gestalteten Totenkult besonders interessant, "wie intensiv man sich in seinem tatsächlichen Leben um sein Leben nach dem Tod gekümmert hat."
Der Auftraggeber der Stele war ein Tempelangestellter im Hause des Gottes Ptah. Neben ihm ist seine Frau abgebildet. Dunja Rütt erklärt seine Geschichte, wie sie der Grabstein erzählt: "Im Tempel gab es Geflügelhöfe, weil dort auch geopfert wurde, und er war der Vorsteher des Geflügelhofes. Das war an sich nichts Besonderes - aber: wer angibt, hatte auch damals schon mehr vom Leben."
Osiris, ein mächtiger Gott, ist zu sehen, auch "Sitz des Auges" genannt. Er ist der Gott der Toten - und der Fruchtbarkeit. Davon zeugen die vielen Kinder und Kindeskinder des Auftraggebers, die auf der Stele abgebildet sind.
"Man lebte in den Kindern weiter fort. Das Fortleben der Familie und das Leben in der Ewigkeit in den Kindern und Nachkommen, das war immer sehr wichtig. Sicherlich war das auch ein Grund, warum so viele Familienmitglieder auf der Stele dargestellt wurden." Grundsätzlich wurden die Figuren immer in einem Idealalter wiedergegeben. Es war von Bedeutung, im besten Alter - das lag bei etwa 25 Jahren - in die Ewigkeit einzutreten. Die Größe der Darstellung zeigt lediglich die Hierarchie der Figuren.
Viele Werke wurden im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt. Ihnen verhilft die Restauratorin zu altem Glanz. "Ich stelle mir immer gerne die Handwerker vor, wie sie am Stein gesessen und gearbeitet haben. Und wenn man jetzt, nach zwei-, dreitausend Jahren wieder daran sitzt und arbeitet - das ist schon ein faszinierendes Gefühl."
Noch steht die restaurierte Stele des Züchters von geweihtem Geflügel im Verborgenen. Doch vielleicht kehrt sie schon bald zurück ans Tageslicht. "Es wäre schön", findet Dunja Rütt, "wenn das Objekt irgendwann wieder in die Ausstellung käme. Aber später, wenn das Neue Museum eröffnet wird, dann hat sie dort sicherlich auch einen Platz."
2009 ist es soweit, dann bekommt die Ägyptische Sammlung wieder ein eigenes Haus in Berlin.