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Politik

Angela Merkels CDU am Scheideweg

14. März 2021

Nach den historischen Niederlagen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz bleibt den Konservativen nur noch die Flucht nach vorn. Sonst erleben sie bei der Bundestagswahl ein Desaster, meint Marcel Fürstenau.

Angela Merkels Weg ist klar: Sie verlässt nach der Bundestagswahl das Kanzleramt Bild: Markus Schreiber/AP Photo/picture alliance

So schlecht hat die Christlich Demokratische Union (CDU) in beiden Bundesländern noch nie abgeschnitten. Deutlich unter 30 Prozent in zwei früheren Hochburgen, in denen absolute Mehrheiten keine Seltenheit waren. Allein der Blick auf die schwindsüchtigen Zahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wird bei vielen Christdemokraten Angstzustände auslösen. Sechs Monate vor der Bundestagswahl im September muss sich die Partei mehr denn je fragen, wie sie dem Abwärtsstrudel noch entkommen kann.

Denn auch auf Bundesebene zeigt die Kurve nach unten. Im aktuellen Deutschlandtrend liegt die CDU zusammen mit ihrer bayrischen Schwester CSU nur noch bei 33 Prozent. Ein Wert, der durch die Schockwellen der Corona-Masken-Affäre, in die Politiker beider Parteien verwickelt sind, weiter sinken dürfte. Die Klatschen bei den Landtagswahlen sind sicherlich auch mit dem unentschuldbaren Fehlverhalten ihrer inzwischen aus der Bundestagsfraktion ausgeschiedenen Abgeordneten zu erklären. Aber die Union wäre gut beraten, die Ursachenforschung auch woanders zu betreiben.

Die Corona-Masken-Affäre hat den Absturz beschleunigt  

Sicherlich hätte es auch eine CDU in Bestform schwer gehabt, die beiden Wahlen zu gewinnen. In Rheinland-Pfalz wäre die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Malu Dreyer wohl auch ohne die miserable Performance der Christdemokraten wieder als Siegerin durchs Ziel gegangen. Das gleiche gilt für den grünen Titelverteidiger Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg. Aber was die CDU auch nachdenklich stimmen dürfte: Sie wird in beiden Ländern nicht mehr dringend gebraucht, um ein stabiles Regierungsbündnis zustande zu bringen.

DW-Redakteur Marcel FürstenauBild: DW

In Rheinland-Pfalz spricht alles für eine Fortsetzung der bewährten Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und Freien Demokraten (FDP). Auch in Baden-Württemberg wäre dieses Trio rechnerisch möglich. Der erste und noch immer einzige Ministerpräsident der Grünen in einem deutschen Bundesland, Winfried Kretschmann, könnte die CDU theoretisch rechts liegen lassen. Mit ihr regiert er zwar seit 2016, aber will er mit einer so angeschlagenen Partnerin wirklich weiter machen?

Angela Merkels Ära endet ähnlich wie die Helmut Kohls

Trotz aller Bedenken spricht dafür, dass die Grünen im Südwesten der Republik so konservativ daherkommen, dass man sie fast schon für eine Kopie der CDU halten kann. Deshalb passen sie dort so gut zusammen - und empfehlen sich als Blaupause für Berlin. Denn dort, in der deutschen Hauptstadt, will die Umweltpartei nach der Bundestagswahl unbedingt mitregieren. Und das wird sie wohl nur mit der Union können. Denn trotz deren aktueller Schwäche zeichnet sich rechnerisch (noch) keine Alternative zu einer schwarz-grünen Regierung in der Ära nach Angela Merkel ab. 

Die Bundeskanzlerin wird nach 16 Jahren im Amt nicht mehr kandidieren. Der Absturz ihrer Partei kurz vor dem Ende ihrer Ära erinnert an das Ende ihres politischen Ziehvaters Helmut Kohl, der, von 1982 bis 1998, genauso lange deutscher Regierungschef war. Auch er hinterließ eine stark verunsicherte CDU, die damals unsanft auf der Oppositionsbank landete. Mit Blick auf die aktuellen Umfragen für die Bundestagswahl kann sich das Unionslager immerhin damit trösten, wohl auch künftig im Kanzleramt Platz nehmen zu dürfen. Allerdings sollte sie dafür personell und strategisch schnellstmöglich die Weichen stellen.

Die Union muss schnellstmöglich die K-Frage beantworten

Deutschland und die Welt wollen wissen, wer auf Angela Merkel folgt, sollte die Union trotz zu erwartender Verluste nach der Wahl im September die Bundesregierung anführen. Der nächste Kanzler könnte Armin Laschet (CDU) oder Markus Söder (CSU) heißen. Einer der beiden wird Kanzlerkandidat. Je schneller diese Entscheidung fällt, desto besser könnte es den Unionsparteien gelingen, aus den negativen Schlagzeilen herauszukommen. Dann wüssten auch die Grünen, mit wem sie es zu tun bekämen, sollte es für eine Koalition mit den Konservativen reichen. 

Auch das Wahlvolk in Deutschland könnte sich endlich konkretere Gedanken darüber machen, wem es mehr zutraut: einem möglichen Kanzler Laschet oder Söder. Beide stünden als potentielle Kandidaten im Wahlkampf noch mehr vor der schwierigen Aufgabe, das angeschlagene Image ihrer Parteien aufzupolieren. Eine Hypothek, um die sie niemand beneiden wird. Aber eine, die dringend abgetragen werden muss - unabhängig vom Ausgang der Bundestagwahl.   

Marcel Fürstenau Autor und Reporter für Politik & Zeitgeschichte - Schwerpunkt: Deutschland
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