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Black-Friday-Boykott ist Zeitverschwendung

Kommentarbild Kristie Pladson
Kristie Pladson
27. November 2020

Weniger Konsum ist das letzte, was die von Corona geschüttelte Wirtschaft braucht. Wer wirklich etwas gegen Konsumexzesse tun will, sollte auch außerhalb des eigenen Kaufverhaltens Lösungen suchen, meint Kristie Pladson.

Bild: Shan Yuqi/Xinhua/picture alliance

Es ist jedes Jahr dasselbe: Kurz nachdem amerikanische Familien Dank gesagt haben für alles, was sie haben, strömen Millionen in Geschäfte und auf Websites, um dort nach allem zu gieren, was sie nicht haben.

Die als Black Friday bekannte Tradition hat sich in den letzten Jahren zu einem globalen Phänomen entwickelt, das 2019 weltweit rund 20 Milliarden Dollar (16,8 Mrd. Euro) in die Kassen gespült hat. Kritiker der konsumgetriebenen Feiertagsnachwehen haben zu einem Boykott dieser Praxis aufgerufen.

Es gibt viele Gründe, den Black Friday und seinen digitalen Zwilling, den Cyber Monday, zu hassen. Der ungezügelte Konsum belastet die Umwelt, die Beschäftigten im Einzelhandel und auch die Geldbörsen.

Wer vor allem sich selbst vor diesen Widrigkeiten schützen möchte, sollte den Black Friday auf jeden Fall boykottieren. Eine Person weniger, über die man an der Kasse stolpert.

Aber wer wirklich der Meinung ist, dass dieser Konsumwahn beendet gehört, sollte folgendes einsehen: Es ist sinnlos, seine Mitmenschen aufzufordern, weniger einzukaufen, wenn doch unsere Wirtschaft von eben dieser Handlung abhängt.

Kristie Pladson, DW-WirtschaftsredaktionBild: Kristie Pladson

Die globale Corona-Krise hat das offengelegt. Seit dem Frühjahr, als Geschäfte wegen der Lockdowns schließen mussten und die Konsumausgaben einbrachen, sind Regierungen in Sorge. Der Internationale Währungsfonds prognostiziert für dieses Jahr ein Schrumpfen der Weltwirtschaft um rund fünf Prozent; vor der Pandemie hatte er drei Prozent Wachstum erwartet.

Einige glauben oder erhoffen gar, dass der Ausnahmezustand den Wandel einleitet zu einem langsameren, nachhaltigeren Konsumverhalten. Doch Ökonomen und führende Politiker sehen das anders.

Einkaufen und Volkswirtschaft

Das Problem: Geringere Ausgaben führen zu einem Rückgang der Verbraucherpreise, auch Deflation genannt. Das zieht die Löhne und dann die gesamte Wirtschaft nach unten, wie etwa während der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren.

Besonders in diesem Pandemie-Jahr, da Geschäfte auf jeden Cent angewiesen sind, ist ein Boykott des Black Friday Shoppings das letzte, was Unternehmer und Politiker wollen.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier bezeichnete in dieser Woche das Einkaufen sogar als "patriotische Pflicht" und drängte darauf, Geschäfte auch sonntags öffnen zu lassen, um die Härten der Corona-Auflagen abzufedern.

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Es ist durchaus möglich, durch Boykott Veränderung herbeizuführen. Aber um eine Praxis vom Ausmaß des Black Friday zu beenden, bräuchte es die Unterstützung der Politik, etwa durch Gesetzesänderungen beim Arbeits- oder Verbraucherschutz.

Ein erfolgreicher Boykott braucht außerdem die Unterstützung derjenigen, die eine umstrittene Praxis überhaupt erst möglich machen. Der Bus-Boykott von Montgomery Mitte der 1950er Jahre, der zu einem Meilenstein in der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung wurde, war auch deshalb erfolgreich, weil die Schwarzen, die so gegen Rassentrennung in Bussen protestierten, die Mehrheit der Fahrgäste stellten.

Das ist beim Black Friday nicht der Fall. Im vergangenen Jahr kauften an diesem Tag über 154 Millionen Menschen in den USA ein. Und diejenigen, die es sich leisten können, auf Rabatte zu verzichten und ethisch einzukaufen, sind meist nicht dieselben, die kurz nach Ladenöffnung Elektronikmärkte stürmen.

Modeerscheinungen

Ebenso wie die Trends zu Minimalismus und achtsamem Konsum, die sich in den letzten Jahren herausgebildet haben, sind Boykottaufrufe zum Black Friday Teil des nachvollziehbaren Versuchs, sich von einem System zu befreien, das Arbeiter und die Umwelt ausbeutet.

Aber letzten Endes sind es Modeerscheinungen, die nur eine angenehme Illusion von Unschuld erzeugen, anstatt Arbeitsbedingungen, Umweltschutz oder Konsumverhalten sinnvoll zu verändern.

Nachdem die Klimaaktivistin Greta Thunberg im vergangenen Jahr den Atlantik per Segelboot überquert hatte, sagte sie, dass Segelboote den Klimawandel natürlich nicht lösen würden. Die Aktion machte den Unterschied zwischen individueller und kollektiver Anstrengung deutlich. "Wenn es uns nicht gelingt, zusammenzuarbeiten und zu kooperieren ... dann werden wir scheitern", so Thunberg.

Wer also wirklich ein Ende des Black Friday will, sollte lernen, nicht nur mit der eigenen Brieftasche zu protestieren. Probleme, die kollektiv und systemisch sind, brauchen auch kollektive und systemische Lösungen.

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