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PolitikAfrika

"Bulimie der Macht" in Guinea

Koepp Dirke Kommentarbild App
Dirke Köpp
6. September 2021

Schon wieder ein Putsch im frankophonen Westafrika: Militärs haben den Präsidenten von Guinea, Alpha Condé, weggeputscht. Dass es so weit kommen konnte, liegt aber auch an Condé, meint Dirke Köpp.

Menschenmassen in den Straßen der Hauptstadt Conakry feiern die PutschistenBild: Cellou Binani/AFP/Getty Images

Es war ein Spiel mit dem Feuer: Nach zwei Amtszeiten hatte Präsident Alpha Condé Gefallen gefunden an der Macht. Der langjährige Oppositionspolitiker, der 2010 demokratisch zum Staatschef Guineas gewählt worden war, ließ per Referendum die Verfassung ändern, um ein drittes Mal antreten und Präsident werden zu dürfen. Dieses Referendum und auch die anschließenden Wahlen im vergangenen Jahr waren überschattet von Demonstrationen und Gewalt; es gab viele Tote.

Am Ende ist Alpha Condé nun Opfer eines "Brutus" geworden: eines Mannes, den er selbst in die Spitzenposition der Eliteeinheit der guineischen Armee befördert, dem er vertraut und den er mit Geld und Waffen im Übermaß ausgestattet hatte. Warnungen vor dem jetzt neuen starken Mann Guineas, Mamady Doumbouya, hatte Alpha Condé in den Wind geschlagen. Wie er auch sonst jemand war, der wenig zuhörte und lieber autoritär sein Ding durchzog. Ganz so, als ob nur er persönlich wisse, was für das Land am besten sei.

Die größte Enttäuschung der politischen Geschichte Guineas

Ganz in diesem Duktus hatte Condé 2017 in einem Interview mit der DW betont, die Zahl der Mandate und das Alter eines Präsidenten spiele keine Rolle dafür, ob er gut oder schlecht regiere. Damit hatte er theoretisch natürlich recht. Dennoch klingt es aus dem Mund eines 80-Jährigen vermessen, wenn Condé unterstellt, er sei der einzige Richtige, die im Schnitt 18 Jahre alte Bevölkerung seines Landes zu führen.

Dirke Köpp leitet die Redaktion Französisch für Afrika

Dabei hatte es so hoffnungsvoll angefangen: Nach Jahrzehnten der Opposition und des politischen Widerstandes gegen Guineas Diktatoren und Militärherrscher wurde Alpha Condé 2010 unter großem Jubel Präsident. Man hielt ihm zugute, dass er in Bezug auf Korruption ein unbeschriebenes Blatt war und lange für die Demokratie in seinem Land gekämpft hatte. Doch die gute Stimmung hielt nicht lang an: Schon bald nannten Kritiker Condé die größte Enttäuschung der politischen Geschichte Guineas. Er zog eine Spur von Korruption, Unterdrückung sowie Missmanagement und hetzte gegen die Ethnie seines größten politischen Konkurrenten. Es vollzog sich der tiefe Fall eines angesehenen Oppositionspolitikers zu einem verhassten Autokraten. Und dann erzwang er eine dritte Amtszeit. Ein Experte beschrieb diese Überschätzung der eigenen Person in einem DW-Interview mit "Bulimie der Macht": Alpha Condé konnte einfach nicht aufhören.

Nicht vergleichbar mit dem Tschad und Mali 

Mancher mag versucht sein, die zwei anderen Putsche dieses Jahres im frankophonen Afrika - in Mali und im Tschad - mit dem in Guinea zu vergleichen. Es gibt durchaus Parallelen: In allen drei Fällen putschte das Militär. Immer traf es Staatschefs, die ihr bestes Alter hinter sich hatten und der Jugend wenig Perspektiven boten. In allen Fällen spielte eine große Unzufriedenheit wegen Korruption und Machtmissbrauchs eine Rolle.

Und doch überwiegen die Unterschiede: Im Tschad greift es zu kurz zu sagen, dass es ein Putsch gegen einen unliebsamen Machthaber war, denn das Militär ergriff die Macht erst nach dem Tod von Diktator Idriss Déby Itno. Und bis dato ist ungeklärt, wer tatsächlich hinter dessen Tod steckt: Rebellen oder Personen aus dem eigenen Machtzirkel? In Mali putschte das Militär nach Monaten bürgerlicher Proteste 2020 gegen einen demokratisch gewählten Präsidenten. Ein knappes Jahr später aber, im Mai 2021, ging es in einem neuerlichen Putsch darum zu verhindern, dass die Putschisten des Vorjahres an Macht verloren und zivile Kräfte wieder erstarkten. In Guinea hingegen wurde am Sonntag ein Präsident entmachtet, der sich mit Gewalt und gegen den Willen der Mehrheit des Volkes an der Staatsspitze halten wollte.

Straflosigkeit verführt

Gemeinsam ist den drei (eigentlich vier) Putschen in Mali, im Tschad und in Guinea indes vor allem eines: die relative Folgenlosigkeit für die Putschisten. Zwar werden die Umstürze stets postwendend von der westlichen Gemeinschaft und afrikanischen (Regional-)Organisationen verurteilt. Sonst halten sich die Konsequenzen aber in Grenzen. Bisweilen verhängte Sanktionen treffen die jeweilige Junta selten. Das Volk leidet, die Putschisten aber laufen frei herum und knüpfen neue Bande, sodass China oder Russland oft schnell als Ersatz-Geldgeber einspringen. Hinzu kommt, dass sich die Wertschätzung für Europa und vor allem Frankreich, im frankophonen Afrika oft ohnehin in engen Grenzen hält und Kritik als Postkolonialismus abgetan wird.

Insofern kann ein ungesühnt bleibender Putsch durchaus Militärs in einem anderen Land motivieren, ihr Glück ebenfalls zu versuchen. Ebenso wie Machthaber, deren Exzesse und willkürlichen Verfassungsänderungen international ungestraft bleiben, immer so weitermachen, wie es ihnen am günstigsten für sie selbst erscheint. Wie zum Beispiel Alpha Condé.

Denn wer an der Macht ist, hat nicht nur Einfluss, sondern vor allem auch direkten Zugriff auf die Ressourcen des Landes. Und die sind in Mali, im Tschad wie auch in Guinea in großem Maß vorhanden.

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