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Politik

Chinas geringe Lust auf Kinder

Winkekatze Maneki-neko
Dang Yuan
31. Mai 2021

Der Volksrepublik droht nach jahrzehntelanger scharfer Geburtenkontrolle ein Bevölkerungsrückgang. Jetzt darf jede Familie drei Kinder bekommen. Ein baldiger Babyboom wird jedoch Wunschdenken bleiben, meint Dang Yuan.

Mit solchen Plakaten wurde ab Ende der 1970er-Jahre die Ein-Kind-Familie propagiertBild: picture-alliance/Imaginechina

Sie fragen sich, warum die jungen Familien im bevölkerungsreichsten Land der Welt so müde beim Zeugen von Kindern sind? Die Antwort ist einfach: Welches Paar hat schon Lust und die Kraft, neben dem Karrieredruck im Berufsleben gleichzeitig noch vier Senioren und drei Kinder zu versorgen?

Die, die jetzt Kinder zur Welt bringen könnten, sind fast ausschließlich Einzelkinder. Ende der 1970er-Jahre hat China eine scharfe Geburtenkontrolle eingeführt, die als "Ein-Kind-Politik" bekannt wurde. Doch ausgerechnet diese Einzelkinder befinden sich in der demografischen Pyramide nun in einer äußerst unbequemen Sandwich-Position: Sie müssen nicht nur ihre Eltern und Schwiegereltern versorgen und gegebenenfalls pflegen, sondern auch die eigenen Kinder erziehen.

Erst eins, dann zwei, jetzt drei

Auch in China steht die Bevölkerungspyramide auf dem Kopf. Schon seit Jahren versucht die Politik der alternden Gesellschaft mit kleinen Schritten gegenzusteuern. Erst im Jahr 2016 lockerte Peking nach fast 40 Jahren die strikte Ein-Kind-Politik. Fortan war es Familien erlaubt, zwei Kinder zu bekommen. Doch der erhoffte Babyboom ist ausgeblieben. Jetzt sind drei Kinder zugelassen, ja sogar erwünscht.

Doch der Geburtenanstieg scheiterte bisher an einem entscheidenden Faktor: Geld. Zeugung und Geburt eines Kindes sind zwar kostenlos, aber danach wird es richtig teuer: gesunde Babynahrung nach der Milchpulverskandalserie, die das Vertrauen junger Eltern zerstörte. Für jedes Kind ein eigenes Zimmer in Metropolen mit überteuerten Miet- und Immobilienpreisen - idealerweise in Bezirken mir guten Schulen. Dazu noch jede Menge Musikstunden und Nachhilfe. Und ein Urlaub am Strand soll ja auch noch möglich sein.

Mit kräftigen Finanzmitteln versucht China derzeit sein Sozialsicherungssystem zu optimieren, das die Versorgung von Alt und Jung unabhängig von den Familien machen soll. Aber in vielen Fällen greifen die staatlichen Instrumente nur sehr eingeschränkt, so dass letztendlich eben doch die Familien einspringen müssen. Die aktiven Beitragszahler werden so doppelt belastet. Ab sofort sollen sie unverändert in das Sozialsicherungssystem einzahlen und zugleich noch mehr Kinder großziehen.

Selbstbewusste Mittelschicht

Dem traditionellen Familienbild des Konfuzianismus, in dem mehrere Generationen unter einem Dach leben, steht im heutigen China eine selbstbewusste Mittelschicht gegenüber, die von einer immer individualistischeren Geisteshaltung geprägt ist. Sie will mehr Freiräume, mehr Freizeit und mehr Freiheiten. Aber Elternpflichten sind  - völlig unabhängig vom Gesellschaftsmodell - bekanntlich über Jahre hinweg das größte Hindernis bei der persönlichen Selbstverwirklichung.

Chinas Familienpolitiker wollen jetzt mit einem ganzen Maßnahmenpaket gegensteuern: Steuervorteile für Familien, besserer Mutterschutz im Beruf, Elternzeit soll kein Karrierehindernis mehr sein, gleiche Bildungschancen für Kinder in den Städten und auf dem Land. So soll China kinderfreundlicher und damit zukunftssicherer werden.

Wie dieses riesige Paket finanziert wird? An dieser Stelle bleibt das Politbüro vage und verweist auf die Zuständigkeit auf der kommunalen Ebene. Doch die ist schon jetzt hoch verschuldet. Das wirkt dann doch eher wie die Quadratur des Kreises. Das Politbüro betreibt wieder einmal allein Symbolpolitik. In den Betten der Volksrepublik wird das jedenfalls nichts bewirken.

DW-Redakteur Dang Yuan schreibt zum Schutz für sich und seine Familie unter Pseudonym.

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