Trotz des Sieges gegen Borussia Dortmund macht sich beim FC Bayern Enttäuschung breit. Das Herz ihres Spiels, Joshua Kimmich, hat sich verletzt. Sollte er länger ausfallen, wird das eine harte Probe für Trainer Flick.
Anzeige
Die Tränen schossen ihm sofort ins Gesicht. Vermutlich waren es aber keine des Schmerzes, sondern vor allem Tränen der Enttäuschung und der Befürchtung, dass das Knie schwerer lädiert ist. Joshua Kimmich konnte nach seinem Foulspiel gegen Erling Haaland nicht mehr weitermachen, musste gestützt von zwei Helfern noch in der ersten Hälfte beim Auswärtssieg gegen Borussia Dortmund (3:2) das Spielfeld verlassen.
Mit dem zentralen Mittelfeldspieler des FC Bayern München ist der Stabilisator vom Feld gegangen, der seinem Team in den vergangenen Monaten und Jahren den entscheidenden Anteil an Robustheit gepaart mit Spielintelligenz gegeben hatte, damit die Künstler im Angriff um Robert Lewandowski und Thomas Müller die nötigen Freiräume hatten. Sein Siegeswille schien den seiner dauerhaft auf Hochtouren laufenden Mitspieler noch zu übertreffen. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass der 25-Jährige in seinem Team höchste Anerkennung genießt.
Improvisation ist gefragt
Sollte Kimmich, der ähnlich wie Lewandowski bislang in seiner Karriere kaum Probleme mit Verletzungen hatte, nun länger ausfallen, wäre den Bayern das Herz ihres Teams genommen. Eine solch (spiel-)prägende Leitfigur wie Kimmich können nicht einmal die Münchner mit ihren Luxuskader dauerhaft ersetzen. Sollte sich Hansi Flick auf eine längere Verletzungspause seines Führungsspielers einstellen müssen, wird wohl eine der größten Proben auf den FCB-Coach in seiner bisherigen Zeit bei den Münchnern zukommen. Bislang stellte sich das Bayern-Team häufig fast von selbst auf. Nun muss Flick möglicherweise erstmals über einen vermeintlich längeren Zeitraum improvisieren.
Anzeige
Und noch ein Coach wird am Samstagnachmittag besorgt nach Dortmund geschaut haben. Auch Bundestrainer Joachim Löw setzte bisher voll auf Kimmich - und dürfte womöglich noch größere Schwierigkeiten haben, die Lücke zu schließen. Ausgerechnet in diesen Tagen, in denen die Nationalmannschaft ohnehin auf der Suche nach ihrer Form ist, fehlt ihm ein entscheidendes Teil im Puzzle. Bereits in den nächsten drei Partien - in der nächsten und übernächsten Woche - wird Löw sich etwas einfallen lassen müssen.
Wie wichtig ein Führungsspieler für sein Team ist, zeigt sich zumeist ja erst dann, wenn er mal nicht dabei ist - erst recht über einen längeren Zeitraum. Nicht nur Kimmich selbst, sondern auch Flick und Löw werden deshalb inständig hoffen, dass sie von größerem Unglück verschont bleiben.
FC Bayern gegen Borussia Dortmund: Klassiker der Bundesliga
Ostersamstag geht es nicht um die Meisterschaft der Fußball-Bundesliga. Doch Duelle des FCB und BVB sorgen immer wieder für denkwürdige Momente: ob Kahns "Kung-Fu-Tritt", eine Elf-Tore-Packung oder einen Stürmer im Tor.
Bild: Revierfoto/dpa/picture alliance
Sieg auf "roter Erde"
Eines der ersten Duelle der beiden Widersacher in der Bundesliga endet mit einem klaren Erfolg für den BVB: Schwarz-Gelb gewinnt 1967 im Stadion Rote Erde mit 4:0 - der Untergrund auch damals übrigens schon entgegen des Stadion-Namens: grüner Rasen.
Bild: picture-alliance/dpa
Demontage durch den "Bomber"
Der "Bomber der Nation", Gerd Müller (2.v.l.), ist mit vier Toren hauptverantwortlich für eine der bittersten Pleiten der BVB-Vereinsgeschichte: 11:1 siegt der FC Bayern München an jenem denkwürdigen 27. November 1971 - der bis heute höchste Sieg der Bayern in der Bundesliga.
Bild: picture-alliance/dpa
Wie kann er den nicht machen?
Diese Frage stellen sich damals alle Fans, sowohl die des BVB als auch jene des FCB: Dortmunds Angreifer Frank Mill (l.) hat Bayern Keeper Jean-Marie Pfaff (r.) am 9. August 1986 bereits ausgespielt, läuft mutterseelenallein auf das leere Tor zu, trifft dann aber aus kurzer Distanz nur den Pfosten. Durch diesen Kunstschuss im negativen Sinn endet das Spiel "nur" 2:2.
Bild: picture-alliance/Sven Simon
Heul doch!
Dortmunds Andreas Möller (r.) ist eine schillernde Figur auf dem Platz: manchmal genial am Ball, manchmal mit grotesken Schwalben. Bayerns Lothar Matthäus legt 1997 im Duell der Mittelfeld-Regisseure den Finger in diese Wunde und nennt Möller wild gestikulierend eine "Heulsuse". Freunde werden die beiden Nationalmannschaftskollegen nie.
Bild: imago/Team 2
Kung-Fu-Kahn
Freunde macht sich auch Oliver Kahn eher selten in Dortmund: Der "Torwart-Titan" (r.) scheint im April 1999 zu 100 Prozent aus Adrenalin zu bestehen. In Kung-Fu-Manier springt er Richtung BVB-Angreifer Stéphane Chapuisat. Der kann gerade noch flüchten. Im gleichen Spiel knabbert Kahn außerdem am Hals von Chapuisats Sturmkollege Heiko Herrlich.
Bild: imago/Team 2
Schlacht der Hitzköpfe
Ein Spiel, das niemanden kalt lässt: Im April 2001 kämpfen beide Teams mit einer bis dahin in diesem Duell noch nie da gewesenen Härte gegeneinander: Drei Platzverweise und 13 Gelbe Karten sind die Bilanz dieses "Foul-Spiels", das eigentlich permanent vom Schiedsrichter unterbrochen werden muss. Tore gibt es auch. Das Spiel endet schiedlich-friedlich 1:1.
Bild: imago/Team 2
Sein Kasten blieb sauber
Jan Koller ist eigentlich Stürmer. Doch im November 2002 schult er kurzerhand auf Torhüter um - gezwungenermaßen. Nachdem Jens Lehmann vom Platz fliegt und der BVB nicht mehr wechseln darf, geht der 2,02 Meter große Koller in der 67. Spielminute ins Tor. Er hält seinen Kasten sauber und pariert sogar einen Gewaltschuss von Michael Ballack. Dennoch gewinnt der FCB am Ende mit 2:1.
Bild: imago/MIS
Wachablösung auf Zeit
2011 und 2012 ist auf einmal der BVB ganz oben. Unter Jürgen Klopp gewinnen die Dortmunder zwei Meisterschaften und holen 2012 sogar das Double. Im Pokalfinale fertigen sie die Bayern mit 5:2 ab. Viele sprechen damals von einer Demütigung der Bayern und einer Wachablösung im deutschen Fußball. Allerdings: Wie sich zeigt, ist das nur eine Momentaufnahme.
Bild: Marius Becker/dpa/picture alliance
Arjen Robben und sein Golden Goal
Den "Biggest Point" holen die Bayern: Das Spiel der Spiele entscheiden die Münchener für sich. Im Champions-League-Finale 2013 in London feiern am Ende die Roten. Allen voran Siegtorschütze Arjen Robben, der das 2:1 im Wembley-Stadion schießt und seinen Verein mit der Vollendung des Triples aus Meisterschaft, Pokal und Königsklasse an die Spitze des europäischen Fußballs katapultiert.
Bild: Reuters
(Kein) Duell auf Augenhöhe
Einige Jahre lang geben sich beide Klubs nicht viel - mal gewinnt der eine, mal der andere. Aber Meister werden nach 2012 am Ende immer die Bayern. Nachdem Torjäger Robert Lewandowski (l.) 2014 vom BVB nach München wechselt, schlägt das Pendel mehr und mehr zugunsten der Bayern um. Hohe Siege, wie das 6:0 im März 2018 (Foto), sind keine Seltenheit.
Bild: imago/ActionPictures/P. Schatz
Anfang einer Durststrecke
Ihren bisher letzten Sieg in der Bundesliga gegen Bayern schaffen die Dortmunder im November 2018. Paco Alcacer (l.) und Marco Reus erzielen damals die Tore zum 3:2 des BVB. Doch damit beginnt eine "schwarze Serie" für Dortmund, das sich in den Folgejahren an Dauermeister München in der Liga die Zähne ausbeißt. Einzige Ausnahme ist der DFL-Supercup 2019, den der BVB mit 2:0 gegen Bayern gewinnt.
Bild: Ellerbrake/Fotostand/picture alliance
Tiefpunkt gegen Mainz
Der wohl bitterste Moment der Dortmunder Vereinsgeschichte ereignet sich Ende der Saison 2022/2023. Der BVB braucht im Fernduell mit dem FC Bayern um die Meisterschaft nur einen Sieg gegen den FSV Mainz, dann hat man nach elf Jahren wieder den Titel. Doch die Dortmunder schaffen es nicht und lassen sich auf der Zielgeraden doch noch von den Münchenern abfangen.
Bild: Wolfgang Rattay/REUTERS
Dreifacher Kane
Das Hinspiel in der aktuellen Saison endete ebenfalls mit einem Sieg für die Münchener. Ihrem neuen Torjäger Harry Kane gelangen beim 4:2 Auswärtserfolg drei Treffer. Es war das zehne Bundesliga-Duell in Folge, das der FCB gegen Dortmund nicht verlor. Dabei schafften die Bayern neun Siege und leisteten sich nur ein Unentschieden.
Bild: Revierfoto/dpa/picture alliance
Auf beiden Bänken
Für Thomas Tuchel ist es die vorerst letzte Teilnahme am deutschen Klassiker. Der Bayern-Coach ist einer von mehreren Trainern, die sowohl den FC Bayern als auch Borussia Dortmund trainiert haben. Zu diesem illustren Kreis zählen unter anderem auch Ottmar Hitzfeld, Otto Rehhagel, Udo Lattek und Ex-Bundestrainer Erich Ribbeck.