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Meinung: Spieler kämpfen gegen Rassismus

Matt Pearson
9. Dezember 2020

Damit, dass die Profis von Paris St. Germain und Basaksehir Istanbul gemeinsam den Platz verlassen haben, zeigen sie, welche Macht Fußballer im Kampf gegen den Rassismus haben, kommentiert Matt Pearson.

Champions League - Group H - Paris St Germain v Istanbul Basaksehir F.K.
Bild: REUTERS

Erst im vergangenen Monat hatte der deutsche Nationalspieler Toni Kroos in seinem Podcast kritisiert: "Wir Spieler sind nur die Marionetten der FIFA und der UEFA". Ihm ging es dabei vor allem um die zusätzlichen Beanspruchungen durch immer weitere Wettbewerbe. Aber die Profis scheinen sich damit abgefunden zu haben, keinen Rückhalt in den Verbänden zu haben.

Beim Thema Rassismus aber warten die Spieler in letzter Zeit nicht mehr auf die Unterstützung durch UEFA oder FIFA. Der Kniefall vor dem Anpfiff nach den Fällen von Polizeigewalt in den USA, die Forderung nach strengeren Strafen bei rassistischen Vorfällen in den Stadien sind mehr oder weniger spontane Entscheidungen aus der Gruppe der Spieler selbst.

Aber bis Dienstagnacht hatten sie ihren Trumpf nicht ausgespielt. Natürlich hatte es diese Form von Arbeitsverweigerung auch schon vorher gegeben nach rassistischen Vorkommnissen, aber das passierte dann nicht im Rampenlicht der Champions League sondern auf viel niedrigerem Niveau. Und oft waren es auch nur einzelne Spieler, die den Platz verließen, nur selten ganze Mannschaften.

DW-Redakteur Matt Pearson

Die Kraft der Geste vom Dienstag lag nicht nur in ihrer Ausführung, sondern auch in der Demonstration von Einigkeit. Beide Mannschaften streikten im Bewusstsein, dass da viel wichtigere Fragen den sportlichen Wettstreit überschatteten. 

Ein bedeutender Schritt

Der rumänische Vierte Offizielle Sebastian Coltescu wird beschuldigt, gegenüber dem Assistenztrainer von Basaksehir, Pierre Webo aus Kamerun, rassistisch besetzte Begriffe verwendet zu haben. Bislang wurde er noch nicht formell gerügt, aber die UEFA hat eine Untersuchung eingeleitet. 

Ungeachtet des Ergebnisses dieser Untersuchung und der Absicht und des Inhalts von Coltescus Worten ist die Entscheidung zweier gegnerischer Gruppen von Spielern, einen solchen Schritt zu unternehmen, ebenso bedeutsam wie gerechtfertigt. Wenn Spieler das Gefühl haben, dass sie oder andere Personen rassistisch beleidigt worden sind, haben sie jedes Recht, ihre Arbeit zu verweigern, vom Platz zu gehen.

Tatsächlich ist das der einzige Schritt, der ihnen bleibt. Trotz des viel beschworenen "Drei-Stufen-Verfahrens" der UEFA gegen Rassismus in den Stadien werden Spieler weiterhin beschimpft, während vergleichsweise geringe Geldstrafen die Klubs im Besitz von Milliardären kaum beeindrucken.

Ermutigendes Beispiel

Ironischerweise sollen die Verbandsrichtlinien zur Bekämpfung von Rassismus in den Stadien ausgerechnet durch die Vierten Offiziellen am Spielfeldrand beobachtet und dokumentiert werden. Tatsächlich sind seit der Einführung dieser Regelung mehrere solcher Vorfälle sowohl in nationalen Ligen als auch bei internationalen Spielen von den eher aufs Prestige als auf Schutz bedachten Dachverbänden unter den Teppich gekehrt worden.

Diese "Walkoffs" sind in niemandes Interesse. Die Spieler wollen spielen, die Fans wollen zuschauen, Werbetreibende und Rundfunkanstalten brauchen ihr Produkt.

Aber letztlich steht die Ausrottung des Rassismus und aller Formen von Bigotterie im Fußball an erster Stelle. Indem sie für ihre Überzeugungen einstehen, haben die Spieler von Paris St. Germain und Basaksehir ein Beispiel gegeben, dem andere hoffentlich jetzt folgen können. Die Frage ist nur: Werden UEFA und FIFA davon Kenntnis nehmen und ihren Worten Taten folgen lassen? Die Geschichte lässt anderes vermuten.

Adaption: Tobias Oelmaier

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