Während der mexikanische Präsident Lopez Obrador sich bestens mit Ex-US-Präsident Trump verstanden hat, sind die Beziehungen zum aktuellen Präsidenten Joe Biden eher angespannt. Biden präsentiert sich als großer Verteidiger der Demokratien weltweit und kritisiert somit auch die Autokratien in Kuba, Nicaragua und Venezuela - und damit Freunde von Lopez Obrador.
Das Migrationsproblem
Doch nun braucht Präsident Biden dringend die Hilfe von Mexiko. Er muss das Migrationsproblem im Süden des Landes unter Kontrolle bekommen. In Washington wird er nicht nur von den Republikanern kritisiert, sondern auch von Mitgliedern seiner eigenen Partei. Seine Mission war es also, den Präsidenten von Mexiko davon zu überzeugen, Migranten aufzunehmen, die die USA nicht wollen.
Mexiko soll also eine ähnliche Funktion einnehmen, wie die Türkei für Deutschland. Und der Preis dafür ist ähnlich: Antidemokratische Entwicklungen in Mexiko werden nicht benannt. Weder die ausgeweitete Rolle der Streitkräfte noch der Eingriff in die unabhängige Wahlkommission oder der zunehmend populistische und polarisierende Diskurs des mexikanischen Präsidenten werden von Biden erwähnt; sie scheinen dem amerikanischen Präsidenten egal zu sein.
Gegenseitige Abhängigkeiten
Aber auch Lopez Obrador braucht Biden und Trudeau. Beim Nordamerika-Gipfel schmückte er sich mit Familienfotos; zusammen mit dem US-Präsidenten und seiner First Lady sowie Kanadas Premier Justin Trudeau mit seiner Frau. In der abschließenden Pressekonferenz standen beide brav neben Lopez Obrador, während der mexikanische Präsident erklärte, warum es Mexiko so gut geht unter seiner Regierung. Immer mehr Mexikaner hätten einen Job und das Migrationsthema sei unter Kontrolle, sagte er. Biden und Trudeau hörten fast eine Stunde lang zu.
Biden fördert Produktion in den USA
Auch bei den wirtschaftlichen Beziehungen sieht es hinter den Kulissen komplizierter aus als es auf den ersten Blick erscheint. Die USA versuchen zum Beispiel durch die Verlagerung der Produktionen von Halbleitern nach Mexiko unabhängiger von China zu werden. Das könnte sich in der gesamten Region Nordamerika positiv auswirken. Doch auch hier dominieren die nationalen Interessen. Mit dem Inflation Act fördert Biden die Produktion in den USA, er betreibt also auch hier eine "America first"-Politik. Kanada soll nur die Rohstoffe dafür liefern.
Wenn sich diese drei Länder ernsthaft zusammentun würden, könnten sie ein starkes Bündnis bilden, alle drei zusammen erwirtschaften immerhin ein Drittel des globalen Bruttoinlandprodukts. Doch die "drei Freunde", wie sie sich gerne präsentieren, haben mit diesem Gipfel lediglich ein Bild als Freunde gegeben. Hinter den Kulissen gibt es dagegen wenig an greifbaren Ergebnissen.