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Politik

Eine neue Regierung, die Hoffnung macht

Kommentarbild Autorenbild Sarah Judith Hofmann
Sarah Judith Hofmann
14. Juni 2021

Eine Koalition aus rechten Hardlinern, Linken und Arabern ist ein gutes Zeichen. Nicht nur für Israel, sondern auch für die Aussicht auf neue Friedensgespräche im Nahen Osten, meint Sarah Hofmann.

Jubel auf dem Rabin-Platz in Tel Aviv, nachdem die neue Regierung von der Knesset bestätigt worden warBild: Corinna Kern/REUTERS

Naftali Bennett war als Israels neuer Premierminister noch nicht einmal vor der Knesset vereidigt, schon musste er sich aufs Übelste beschimpfen lassen. Abgeordnete der scheidenden Regierungskoalition von Benjamin Netanjahu bemühten sich, möglichst laut in den Saal zu brüllen, um die Rede des künftigen Premiers unmöglich zu machen. Bennett musste - mit Schweiß auf der Stirn - immer wieder unterbrechen. Nicht gerade eine Sternstunde der Demokratie. Und doch zeigte sich das israelische Parlament in diesem Moment als Spiegelbild der Gesellschaft.

Nach zwölf Jahren Benjamin Netanjahu ist Israel zutiefst gespalten: in ein rechtes und ein linkes politisches Lager, in religiös versus säkular und nicht zuletzt in Juden und Araber. Umso bemerkenswerter ist die Leistung, die Yair Lapid, der bisherige Oppositionsführer, erbracht hat: acht Parteien in einer neuen Koalition zusammenzuführen, die wohl unterschiedlicher nicht sein könnten. Von der religiös-nationalistischen Rechten (Yamina) zu säkular rechts (Israel Beitenu und New Hope) über Parteien der Mitte (Yesh Atid und Blau-Weiß), zu zionistisch-linken Parteien (Arbeitspartei und Meretz) und schließlich einer konservativ islamistischen Partei, der Vereinten Arabischen Liste Raam.

Die eigentliche Sensation

Dass eine arabisch geführte Partei nun Teil der Regierung bildet, ist in Israel eine Sensation. Zuletzt waren arabische Parteien 1977 unter Premierminister Yitzhak Rabin an einer Regierung beteiligt. Dabei machen Palästinenser mit israelischer Staatsbürgerschaft, meist als "arabische Israelis" bezeichnet, rund 20 Prozent der Bevölkerung aus. Wer hätte gedacht, dass dieser historische Moment ausgerechnet jetzt eintritt?

Noch vor wenigen Wochen befanden sich nicht nur Israel und die Hamas im Gazastreifen inmitten einer kriegerischen Auseinandersetzung. Auch innerhalb Israels spielten sich bürgerkriegsähnliche Zustände ab. In Akko, Haifa, Jaffa und anderen Städten, in denen sowohl jüdische als auch arabische Israelis leben, kam es zu rassistisch motivierten Angriffen - von beiden Seiten. In Bat Yam wurde ein Araber vor laufenden Kameras von einem Mob jüdischer Rechtsextremisten zusammengeschlagen. In Lod starben sowohl ein palästinensischer als auch ein jüdischer Israeli in Folge gewalttätiger Ausschreitungen.

Der Vorsitzende der Partei Raam, Mansour Abbas, fuhr nach Lod und besuchte nicht nur die große Moschee, die zum Schauplatz der Ausschreitungen geworden war, sondern auch eine Synagoge, die von arabischen Randalierern niedergebrannt worden war und verurteilte die Tat. Nun ist er Teil der neuen Regierung.

Zumindest nebeneinander leben

Und das macht Hoffnung. Hoffnung, dass Juden und Palästinenser in Israel friedlich miteinander - oder zumindest nebeneinander - leben können. Dass die Minderheit arabischer Israelis nicht nur Mitspracherecht fordert, sondern auch bereit ist, Verantwortung zu übernehmen.

Sarah Hofmann ist Korrespondentin in Tel Aviv

Macht es auch Hoffnung auf die Wiederbelebung des Friedensprozesses im Nahen Osten? Mit Meretz und der Arbeitspartei sind immerhin zwei Parteien vertreten, die sich für eine Zweistaatenlösung aussprechen. Doch vergessen wir nicht: Der neue Premierminister Israels ist ein klarer Befürworter israelischer Siedlungen. Er war ehemals Vorsitzender des Siedlerrats im besetzten Westjordanland und hat in der Vergangenheit immer wieder klargestellt, dass er einen Staat Palästina niemals akzeptieren wird. Und Benny Gantz, der die jüngste Militäroperation gegen Gaza leitete, bleibt Verteidigungsminister.

Es ist möglich

Dennoch: Die Tatsache, dass sich Politiker solch konträrer Parteien zusammengeschlossen haben, zeigt: Es ist möglich. Es ist möglich, dass jene, die sich im Wahlkampf noch bekämpft haben (wenn auch in diesem Fall nur mit Worten) an einen Tisch setzen. Wie schön wäre, sie würden sich auch mit jenen an einen Tisch setzen, die viele von ihnen heute noch als Feinde betrachten. Vielleicht kann, was Yair Lapid innerhalb Israels geleistet hat, Joe Biden zwischen Israel und den Palästinensern bewirken? Die Chancen mögen nicht besonders hoch sein. Bislang ist ja nicht einmal abzusehen, wie lange die Koalition wohl halten wird. Aber Hoffnung macht es.

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