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PolitikMali

Gesprächsfaden in Mali nicht abreißen lassen

Koepp Dirke Kommentarbild App
Dirke Köpp
12. April 2022

Es ist gut, dass die EU die Ausbildung malischer Soldaten einschränkt. Aber allein lassen darf Europa Mali nicht, meint Dirke Köpp.

Deutschland wird bei der Ausbildung der malischen Armee in Zukunft andere Schwerpunkte setzen Bild: Kay Nietfeld/dpa/picture alliance

Es wurde lange diskutiert, nun ist es endlich raus: Die EU stoppt die praktische Ausbildung für Angehörige der malischen Armee und die Nationalgarde. Dieser Schritt ist absolut richtig und überfällig. 

Denn schon seit einigen Monaten herrschen erhebliche Zweifel an der Aufrichtigkeit und Transparenz der malischen Übergangsregierung. Es fehlen Signale, dass die Militärs nach den Putschen bald zu einer demokratischen Rechtsordnung zurückkehren wollen. Alle Bemühungen der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas und von Vertretern der internationalen Gemeinschaft liefen ins Leere. Der Streit mit der früheren Kolonialmacht Frankreich hat sich hochgeschaukelt, die Kommunikation zwischen Bamako und Paris ist auf einem Nullpunkt. 

Die Zusammenarbeit mit Russland indes scheint reibungslos zu laufen. Öffentlich bestreiten die Militärherrscher zwar, dass sie mit Söldnern der russischen Wagner-Gruppe zusammenarbeiten - ihre russischen Verbündeten seien nur "Ausbilder." Unzählige Indizien aber belegen die Präsenz der Privatarmee des Putin-Freundes Jewgeni Prigoschin in Mali. 

Wozu diese, aber auch russische Soldaten offenbar fähig sind, wird derzeit auch in der Ukraine deutlich, wo täglich neue Gräueltaten gegen Zivilisten bekannt werden. Solange Malis Übergangsregierung ihre Zusammenarbeit mit den russischen Söldnern nicht beendet, darf die EU nicht noch mehr malische Soldaten und Sicherheitskräfte in Kriegsführung schulen. 

Eine andere Form der Hilfe

Dirke Köpp leitet die Redaktion Französisch für Afrika

Dass die EU die Zusammenarbeit aber nicht vollständig beendet, sondern die Sicherheitskräfte weiter berät und ihnen die Regeln von Kriegsführung beibringt, ist ebenfalls richtig, nämlich das Einhalten von Menschenrechten. 

Denn darin braucht das malische Militär (Forces armées maliennes, FAMa) nicht erst seit den Putschen von 2020 und 2021 Nachhilfe: Immer wieder gab es in der Vergangenheit Vorwürfe, etwa von den Vereinten Nationen oder zivilgesellschaftlichen Organisationen, dass die FAMa bei ihren Einsätzen Menschenrechte verletzt hätten. Frequenz und Brutalität haben dabei zugenommen. Erst kürzlich wurde bekannt, dass bei einem Großeinsatz gegen mutmaßliche Terroristen im Landesinneren Ende März in der Stadt Moura über 200 Menschen getötet wurden, darunter viele Zivilisten. 

Überlebende berichteten der DW, dass sie grundlos verhaftet und Tage lang festgehalten wurden. Anderen erging es noch schlechter: Sie wurden den Augenzeugen zufolge hinterrücks erschossen. Übereinstimmend sprechen Überlebende auch hier von "weißen Soldaten" oder gar explizit von Russen, die an den Exekutionen beteiligt gewesen sein sollen. 

Dass die Militärregierung in Mali, die die Vorfälle zunächst abgestritten hatte, dann jedoch in eine Untersuchung einwilligte, mag ein positives Zeichen sein. Oder aber der Versuch, Unmut in der Bevölkerung zu ersticken. Denn bislang war es den Militärs um Putschisten-Präsident Assimi Goita relativ gut gelungen, sich die Unterstützung der Bevölkerung zu sichern. Mit Hilfe von Propaganda und Trollen wurden zudem anti-westliche Ressentiments geschürt. Unabhängig aber wird die Untersuchung nicht sein, denn das wird von Russland im UN-Sicherheitsrat verhindert.

Deutschland wird in Mali geschätzt

Bild: Florian Gaertner/photothek/picture alliance

Es ist gut, dass Außenministerin Annalena Baerbock gerade jetzt in Mali ist, denn man darf den Gesprächsfaden mit Malis neuen Machthabern nicht abreißen lassen. Trotz aller guten Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich in Europa, ist es wichtig, dass sich Deutschland in der Afrika-Politik von Frankreich emanzipiert. Es ist ein Fehler, dass sich Berlin immer hinter Paris zurückgezogen hat, wenn es um Engagement im frankophonen Afrika ging. 

Die zahlreichen Verflechtungen von französischen Interessen und Politik im frankophonen Afrika dürfen Deutschland nicht egal sein. Man glaubt manchmal eher in Paris zu sein als in Bamako oder Niamey, wenn man seinen Renault bei Total betankt, über Orange telefoniert und bei Carrefour einkauft - um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Deutschland hat in Mali das bessere Standing, wurde seit der Anerkennung der Unabhängigkeit immer als Verbündeter wahrgenommen. Annalena Baerbock sollte diesen Vorteil nutzen und den Maliern klar machen, dass Russland seine Hilfe ebenfalls nicht ohne Gegenleistung anbietet. Und dass sich die Malier damit in eine neue Abhängigkeit begeben. Eine, die die Menschenrechte der eigenen Bevölkerung mit Füßen tritt.

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