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Politik

Partnerschaft mit den USA hat ihren Preis

Barbara Wesel Kommentarbild App *PROVISORISCH*
Barbara Wesel
24. März 2021

Antony Blinken verspricht der NATO eine runderneuerte Beziehung mit Amerika. Daraus entstehen auch neue Verpflichtungen mit durchaus hohen Kosten, wie am Beispiel China zu sehen ist, meint Barbara Wesel.

US-Außenminister Antony Blinken im NATO-Hauptquartier in BrüsselBild: Virginia Mayo/AFP/Getty Images

Wenn wir ganz ehrlich sind, war es in der chaotischen Regierungszeit von Donald Trumps auf gewisse Weise auch ganz bequem. Seine Abkehr von Partnerschaft in den internationalen Organisationen und sein Beinahe-Austritt aus der NATO entbanden die Europäer von der Pflicht, sich ihrerseits für politische Zusammenarbeit und die gemeinsame Verteidigung ins Zeug zu legen. Da auch die Schuldzuweisung eindeutig geklärt war, konnte man sich entspannt zurücklehnen und von strategischer Autonomie träumen.

Jetzt macht US-Außenminister deutlich, dass Washington einen Neuanfang will. Er verspricht eine faire Behandlung der Partner, wenn sie ihren Teil an den Lasten tragen. Besonders in Deutschland hatte hoffentlich niemand die Illusion gepflegt, die leidige Debatte um die Erhöhung der Verteidigungsausgaben sei nun vorbei. Im Gegenteil - dieser US-Regierung gegenüber wird es deutlich schwerer fallen, das langsame Tempo in Berlin zu rechtfertigen.

Reden wir über China

Dabei soll es nicht mehr nur um Geld und Waffen gehen, sondern auch um andere Fähigkeiten. Diese müssten veränderten Bedrohungen angepasst werden, fordert Blinken. Davon wird in Europa schon seit langem geredet, aber bislang kam wenig zustande. Wobei Anthony Blinken hier einen ganzheitlichen Ansatz will: Mehr als nur das magische Zwei-Prozent-Ausgabenziel sollen auch politische Fähigkeiten gefragt sein. Da könnten sich neue Chancen für die Bundesregierung eröffnen, etwa durch logistische oder wirtschaftliche Unterstützung von Mitgliedsstaaten die NATO von innen zu stärken.

Barbara Wesel ist DW-Korrespondentin in Brüssel

"Einige unserer Partner bewegen sich in die falsche Richtung", sagt der US-Außenminister. Gemeint sind damit Russland, noch viel mehr aber China. Das Tischtuch zwischen Peking und Washington scheint nach dem jüngsten Treffen vorerst zerschnitten. Wobei Blinken einräumt, dass für einige der Europäer das Verhältnis zu China komplex sei und nicht immer auf einer Linie mit den USA liegen werde.

Dennoch empfiehlt er, der Bedrohung durch Chinas neue aggressive Politk gemeinsam zu begegnen. Man müsse die Lücken bei Technologien und Infrastruktur schließen, die China nutze, um auf uns Druck auszuüben. Wir alle kennen die Liste der strategischen Produkte, von G5 über die Chip- bis zur Batteriefertigung, die Peking als politischen Hebel gegenüber Europa einsetzen kann.

Der Konflikt ist bereits eröffnet

Anfang der Woche hat die EU bereits erlebt, was es kosten kann, Präsident Xi die Stirn zu bieten. Die Sanktionen gegenüber einigen Parteikadern aus Xinjiang wegen der Verfolgung der Uiguren waren im Grunde von diplomatischer Mäßigkeit. Die Reaktion aus Peking dagegen war überschießend und unmäßig. Der Streit kann die EU jetzt das Investitionsabkommen kosten, das sie im Dezember abgeschlossen hatte.

Der Vertrag war ein Herzensanliegen von Angela Merkel, aber eigentlich schon alte Politik. Erstens war es ein Fehler, ihn noch kurz vor dem Amtsantritt von Joe Biden durchzupeitschen. Zweitens lässt sich die neue aggressive Haltung Pekings mit solchen Abkommen nicht mehr eindämmen. Nur wenn die Europäer eine gemeinsame Front mit den USA bilden, kann der Schaden für die chinesische Wirtschaft so groß werden, dass Kompromisse quasi erzwungen werden können.

Verteidigung und Politik sind untrennbar

Was aus der neuen Linie der US-Regierung ebenfalls folgt: Die NATO muss politischer werden. Das hatte zuletzt Präsident Macron mit seiner "Hirntod-Rede" gefordert. Aber das ist nicht so einfach, denn dafür braucht es einen radikalen Wechsel im Alltag der Allianz. Statt Truppenmanöver zu organisieren, müssten die Mitgliedsländer Strategien entwickeln, wie sie etwa russische Expansionsgelüste und Aufrüstungspläne kontern könnten.

Dabei setzt Antony Blinken auch die Verteidigung demokratischer Werte wieder auf die Agenda. Schluss also mit Donald Trumps Liebe zu den kleinen und großen Diktatoren dieser Welt. Man müsse aufstehen, wenn Demokratie und Menschenrechte untergraben werden, heißt es jetzt. Da können die Europäer gleich zu Hause bei einigen ihrer neueren Mitglieder anfangen und dann beim NATO-Partner Türkei weitermachen.

Über die angekündigte Rückkehr zur Gemeinsamkeit mit den USA werden die Regierungen Europas einerseits erleichtert sein. Andererseits sollten sie verstanden haben, dass die nächsten Jahre nicht unbedingt bequem sein werden und dass diese Partnerschaft auch einen spürbaren politischen Preis kosten kann.

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