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Politik

Frankreich legitimiert Tschads Militärjunta

Koepp Dirke Kommentarbild App
Dirke Köpp
23. April 2021

Aus Angst, einen Verbündeten im Anti-Terror-Kampf zu verlieren, stützt Frankreich das Militär im Tschad. Ein Schlag ins Gesicht für das tschadische Volk, meint Dirke Köpp.

Macrons Teilnahme bei der Trauerfeier für Präsident Idriss Déby Itno setzt ein fatales SignalBild: Christophe P. Tesson/Epa/AP/picture alliance

Man blickt derzeit ungläubig auf Frankreich, Land im Herzen Europas, Wiege der Menschenrechte: Staatschef Emmanuel Macron nimmt an der Beisetzung des tschadischen Diktators Idriss Déby Itno teil und legitimiert damit den Militärrat, der einer (zivilen) Übergangsregierung für die nächsten 18 Monate eine Abfuhr erteilt hat. Dass EU-Chefdiplomat Borrell dabei ist, macht einen auch stutzig. Doch ist der Einfluss Europas auf den Tschad weit geringer als der Frankreichs.

Der Tod von Langzeitpräsident Déby (offiziell gestorben an der Front im Kampf gegen Rebellen) wurde am Dienstag vom Militär verkündet. Noch am selben Tag setzte das Militär - als wäre der Tschad eine Monarchie - einen von Débys Söhnen als dessen Nachfolger ein. Déby junior ist immerhin noch General, sein Vater hatte sich im August 2020 selbst zum Feldwebel ernannt. Die neuen Machthaber sind auch die alten: Mitglieder des Déby-Clans.

Macron reist also in eine Militärdiktatur und erweist demjenigen die letzte Ehre, der das Land die letzten 30 (!) Jahre lang mit eiserner Hand regiert hat und damals selber durch einen blutigen Putsch an die Macht kam: Er trat die Menschenrechte mit Füßen. Brachte die Opposition zum Schweigen. Scherte sich wenig um das Wohlergehen seiner Bürger.

Statt Demokratie, Armut und Korruption

Dirke Köpp leitet die Redaktion Französisch für Afrika

Dabei war er 1990 mit dem Versprechen angetreten, das Land zu demokratisieren. Aus heutiger Sicht ein Witz! Von den Einnahmen aus der Öl-Förderung sehen die Tschader nichts, denn das Geld versickert in korrupten Regierungskreisen, in den Taschen des Déby-Clans, des Militärs. Der Tschad bleibt eines der ärmsten Länder der Welt, die Bevölkerung hat vor allem ein Ziel: das tägliche Überleben. Geld für Bildung, Gesundheit, Infrastruktur? Fehlanzeige.

Aber: Déby engagierte sich an der Seite Frankreichs gegen den Terror im Sahel, avancierte zu dessen wichtigstem Verbündeten. Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian und Präsident Macron umschmeichelten ihn als "Freund", und Déby sonnte sich im Glanz des Anti-Terror-Kampfes. In dessen Schatten indes machte er sein Land zu einem Militärstaat. Zu einem Land, wo Widerspruch Unterdrückung, Gefängnis oder sogar den Tod zur Folge haben kann. Er forderte unbedingte Gefolgschaft seines Clans. Als kürzlich ein Angehöriger es wagte, seine Kandidatur für die Präsidentenwahl anzukündigen, bezahlte er dies mit dem Leben seiner Mutter und seines Sohnes: Sie wurden bei einem Einschüchterungsversuch getötet. Proteste dagegen wurden schnell erstickt.

Ein fatales Signal

Dass Déby nun nicht mehr da ist, macht Frankreich nervös: Denn das militärische Engagement des Tschad im Sahel war immer ein persönliches Engagement des verstorbenen tschadischen Präsidenten. Seine beste Waffe, selbst an der Macht zu bleiben: Er versorgte seine Familie mit Posten und hatte Kritik aus dem Westen nicht zu befürchten.

Macrons eiliger Besuch, um Kontakt zu den neuen Machthabern aufzunehmen, illustriert die Angst Frankreichs, den Tschad als Verbündeten zu verlieren. Frankreich will seine eigene Militärstrategie in Afrika retten. Und so trafen sich am Rande der Beisetzung die Verbündeten im Anti-Terror-Kampf, unter anderem die G5 Sahel-Allianz, um über die Zukunft zu beraten.

Mit seiner Anwesenheit bei der Beerdigung aber sendet Macron ein fatales Signal an die Nachfolger von Diktator Idriss Déby: Ihr habt unsere volle Unterstützung. Dazu passt, dass es die Machtergreifung durch das Militär am Dienstag lediglich "zur Kenntnis genommen" hatte - anstatt das Militär aufzufordern, die Macht abzugeben und freie Wahlen zu organisieren. Für das tschadische Volk aber ist es ein Schlag ins Gesicht. Dass der Erfolg des Anti-Terror-Kampfes im Übrigen kaum zu Buche schlägt, steht noch auf einem ganz anderen Blatt.