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PolitikAsien

Ein neuer Freund für Biden

Martin Fritz, Journalist in Tokio
Martin Fritz
12. März 2022

Außenpolitische Fragen spielten im Wahlkampf in Südkorea nur eine Nebenrolle. Und doch ist das Wahlergebnis auch eine indirekte Folge des Krieges in der Ukraine, meint Martin Fritz.

Der neue Präsident Südkoreas, Yoon Suk Yeol, steht auch für einen schärferen Kurs gegen NordkoreaBild: Lee Jin-man/AFP

Yoon Suk Yeol, der als Nachfolger von Moon Jae In am 10. Mai in den Präsidentenpalast von Seoul einzieht, will sich stärker in Richtung des demokratischen Westens orientieren. Südkorea soll als "führendes Land, das zu Freiheit, Frieden und Wohlstand beiträgt, wiedergeboren" werden - so drückte es Yoon selbst aus.

Der Wahlsieg des Konservativen stärkt das weltweite US-Bündnissystem im Wettbewerb mit Chinas autokratischem Staatskapitalismus, da Südkorea sicherheitspolitisch und wirtschaftlich näher an seinen einzigen Militärpartner heranrücken wird. Unter Yoon dürfte Südkorea sich beispielsweise intensiver in der Quad-Allianz von USA, Australien, Indien und Japan engagieren und bei der Stärkung der Lieferketten und Zukunftstechnologien wie Halbleitern, Batterien, Raumfahrt und Cybersicherheit enger mit den USA zusammenarbeiten.

Unbehagen in Peking

Aus der Hinwendung zum Westen ergibt sich eine Kursänderung gegenüber China, die dort für Unbehagen sorgen dürfte. Präsident Moon hatte gute Beziehungen zu Peking gepflegt, damit man ihn bei seinen Friedensanstrengungen gegenüber Chinas Verbündeten Nordkorea unterstützt. Im Gegenzug nahm Moon Rücksicht auf chinesische Interessen. Doch Yoon will diese, wie er sich ausdrückte, "China-lastige" Außenpolitik aufgeben. Schon im Wahlkampf hatte er die Stationierung eines zweiten Raketenabwehrsystems angekündigt, obwohl China diesen Schritt seit langem ablehnt.

Martin Fritz ist Asien-Korrespondent mit Sitz in TokioBild: Privat

Das bedeutet nicht, dass Yoon auf Konfrontationskurs zu China gehen wird. Dafür ist die wirtschaftliche Abhängigkeit zu groß. Als "Garnele zwischen den Walen", also gefräßigen Großmächten, muss Südkorea gut auf sich aufpassen. Doch der politische Spielraum gegenüber China könnte künftig wachsen, weil dessen ökonomische Bedeutung für die südkoreanische Wirtschaft tendenziell abnimmt: Präsident Xi Jinping will sich ja im Elektronikbereich und bei anderen Hochtechnologien unabhängiger vom Ausland machen, was die Absatzchancen für Hightechprodukte aus Südkorea verringert.

Bei dem äußerst knappen Wahlsieg von Yoon spielte die Außenpolitik keine entscheidende Rolle. Aber die Wähler reagierten auch auf die Veränderungen der Geopolitik. Nach dem Fall der Berliner Mauer war die innerkoreanische Grenze viele Jahre lang der letzte Hort des Kalten Krieges. Aber die Konfrontation der Systeme ist auf die Weltbühne zurückgekehrt - auf der einen Seite China und Russland, auf der anderen Seite der demokratische Westen und Japan. Der Krieg in der Ukraine hat diese Bruchlinie geschärft. Denn falls Putin einen Präzedenzfall für eine erfolgreiche Eroberung schafft, so formulierte es der japanische Premierminister Fumio Kishida, werde dies auch Auswirkungen auf Asien haben. Unter diesen Umständen kann Südkorea dann keine Sonderrolle zwischen den Systemen mehr einnehmen.

Bei Aggressionen nicht mehr wegsehen

Nicht zuletzt scheint auch auf der koreanischen Halbinsel die Zeit der Entspannung abgelaufen zu sein. Nordkoreas Führer Kim Jong Un treibt seine Aufrüstung voran und legt sich modernste und weitreichende Offensivwaffen zu. Trotz massiver Wirtschaftssanktionen missachtet er immer wieder das von den Vereinten Nationen verhängte Testverbot für ballistische Raketen. Derzeit bereitet das Regime den Abschuss eines Aufklärungssatelliten vor. Die dafür notwendige Interkontinentalrakete könnte auch Atomsprengköpfe in die USA tragen.

Vor diesen Entwicklungen hielt Südkorea bisher die Augen fest verschlossen - ähnlich wie der Westen lange über den aggressiven Charakter von Putins Russland hinwegsah. Wenn Yoon nun eine bessere Raketenabwehr fordert und Waffen für Präventivschläge gegen nordkoreanische Atomraketen entwickeln will, dann handelt es sich um eine rationale Strategie, um ein Gleichgewicht des Schreckens herzustellen. So gesehen lässt sich der Machtwechsel in Südkorea auch als Ausdruck der gewandelten geopolitischen Atmosphäre in interpretieren.

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