Manchmal sagen Bilder mehr als tausend Worte. Als sich das DFB-Team nach dem 2:1-Sieg im EM-Halbfinale gegen Frankreich zum Mannschaftsfoto versammelte, registrierten die deutschen Spielerinnen, dass ihre Kapitänin fehlte. Einige Meter entfernt wurde Alexandra Popp gerade als "Beste Spielerin des Spiels" geehrt. Also gaben die anderen ihren Plan auf, sich fotografieren zu lassen, sondern crashten stattdessen Popps Ehrung. Die Spielerinnen tanzten singend um ihre Mannschaftsführerin herum, die von der spontanen Geste sichtlich begeistert war und sich der Party gleich anschloss.
Alle für eine, eine für alle
Der große Teamgeist, der sich in dieser kleinen Szene zeigte, zieht sich wie ein roter Faden durch die Auftritte der deutschen Mannschaft. Alle für eine, eine für alle. Nicht nur die Spielerinnen auf dem Platz, sondern auch jene auf der Bank, Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg sowie ihr ganzes Team präsentieren sich als eine verschworene Einheit. Nur so kann der Mannschaftssport Fußball funktionieren und erfolgreich sein.
Keine Angreiferin ist sich zu schade, in der Verteidigung mitzuhelfen, wenn der Druck der Gegnerinnen zunimmt. Keine Verteidigerin klebt auf ihrem Posten in der Abwehr, sondern rennt sich die Lunge aus dem Leib, um auch offensiv Akzente zu setzen. Die Mittelfeldspielerinnen sind ebenfalls überall zu finden. Und hinten steht mit Merle Frohms eine Torfrau zwischen den Pfosten, die eine sichere Bank ist. Auch wenn sie gegen Frankreich ihren ersten Gegentreffer im Turnier kassierte - einen extrem unglücklichen, weil ihr der Ball vom Pfosten in den Rücken sprang und von dort über die Linie rollte.
Alexandra Popp - eingebaute Torgarantie
Doch auch von diesem Rückschlag ließ sich das deutsche Team nicht beeindrucken. Nach jeder gelungenen Parade Frohms klatschten ihre Mitspielerinnen sie in der Folge ab. Dieses vorbildliche Miteinander begeistert auch die Zuschauenden, der Funke springt über. Das DFB-Team macht bei dieser Euro 2022 Werbung für den Fußball - mit attraktivem Offensivspiel und beinahe grenzenlosem Einsatz.
Das gilt besonders für Alexandra Popp, die als Kapitänin nicht nur vorangeht, sondern sich bei dieser EM bisher auch als Mittelstürmerin mit eingebauter Torgarantie erweist. In allen fünf Spielen hat die 31-Jährige getroffen, im Halbfinale sogar zweimal. Popp, bei den EM-Endrunden 2013 und 2017 wegen Verletzungen nicht am Start, strahlt auf dem Platz permanent aus, was sie bei ihrer ersten Europameisterschaft anstrebt: Sie will am kommenden Sonntag im Wembley-Stadion den EM-Pokal in den Londoner Abendhimmel recken.
Doch selbst wenn das DFB-Team gegen die wie entfesselt aufspielenden Engländerinnen den Kürzeren ziehen sollte, ist diese EM schon jetzt ein Riesenerfolg für den deutschen Fußball. Vielleicht sollte der Deutsche Fußball-Bund darüber nachdenken, spontan die Erfolgsprämien für die Spielerinnen heraufzusetzen. Ein solches Signal in Richtung Equal Pay wäre ein Zeichen des Teamgeistes auch innerhalb des DFB.