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Politik

Neue Perspektiven für die Afrikanische Union?

Kamerun Journalistin Mimi Mefo
Mimi Mefo
13. Februar 2021

An der Spitze der Afrikanischen Union gibt es einige frische Gesichter. Doch die werden es schwer haben, den mangelnden politischen Willen der AU zu überwinden, die Krisen des Kontinents zu lösen, meint Mimi Mefo.

Der Plenarsaal der Afrikanischen Union in Addis AbebaBild: Getty Images/AFP/M. Tewelde

Wechsel an der Spitze kommen in vielen Teilen Afrikas sehr selten vor. Deswegen sind wir Afrikaner, wann immer dies geschieht, sehr gespannt, was die neue Führung unserem Kontinent bringen könnte - einem Kontinent, der schon so lange in einem Morast aus wirtschaftlicher Stagnation, Arbeitslosigkeit und Konflikten feststeckt. Und deshalb habe ich, wie viele von uns, die Wahlen des neuen Vorsitzenden und der neuen Leitung der Kommission der Afrikanischen Union genau verfolgt.

Aber ich habe gemischte Gefühle, was die Ergebnisse angeht. Ich war hocherfreut, dass Monique Nsanzabaganwa aus Ruanda zur stellvertretenden Vorsitzenden der AU-Kommission gewählt wurde. Sie ist die erste Frau in dieser Position und wird frischen Wind in das Gremium bringen.

Empowerment aller Afrikaner

Nsanzabaganwa sagt von sich selbst, sie bemühe sich, "nach biblischen Maßstäben" zu leben, da sie der Meinung ist, dass "die Menschen zugrunde gehen, wo es keine Vision gibt". Dementsprechend setzt sich die gelernte Ökonomin insbesondere für Programme zur Förderung von Frauen ein und konzentriert sich auf das Empowerment aller Afrikaner. Als Ruanderin sind Nsanzabaganwa auch die verheerenden Auswirkungen von Konflikten und Völkermord nicht fremd.

DW-Redakteurin Mimi Mefo stammt aus KamerunBild: Mimi Mefo

Wir können nur hoffen, dass sie wirklich eine neue Vision verkörpert, die den afrikanischen Völkern helfen wird. Denn Nsanzabaganwa ist seit fast einem Jahrzehnt auch Mitglied der Regierung von Präsident Paul Kagame, der eine ganze Litanei von Verbrechen vorgeworfen wird - vom Verschwindenlassen von Kritikern, politisch motivierten Verhaftungen und Morden bis hin zum verfassungswidrigen Vorgehen gegen Andersdenkende durch das Wegsperren kritischer Stimmen sowie die Unterdrückung der Pressefreiheit.

Dies ist ein negativer Punkt in Nsanzabaganwas ansonsten positiver Leistungsbilanz. Er wirft die Frage auf, ob Nsanzabaganwa das Zeug dazu haben wird, mit dem lethargischen Ansatz der AU-Kommission im Umgang mit Konflikten und autokratischen Regierungen auf dem Kontinent zu brechen.

Enttäuschende Wiederwahl von Moussa Faki Mahamat

Ich frage mich auch, ob Nsanzabaganwa die Kraft hat, sich den Launen von Moussa Faki Mahamat aus dem Tschad zu widersetzen, der für eine zweite Amtszeit als Vorsitzender der AU-Kommission gewählt wurde.

Seit 2017 steht Faki an der Spitze einer Kommission, die mit Vorwürfen der sexuellen Belästigung, Bestechung, Vetternwirtschaft, Korruption und des Mobbings konfrontiert ist. Zusätzlich zu seinem Versagen, diese Probleme ernsthaft anzugehen, ist Faki auch bei der Überbrückung der Kluft zwischen den anglophonen und frankophonen Fraktionen gescheitert, die er von seiner Vorgängerin Nkosazana Dlamini Zuma geerbt hat.

AU-Kommissionschef Moussa Faki Mahamat mit seiner Amtskollegin aus Europa, Ursula von der LeyenBild: picture-alliance/Anadolu Agency/M. Wondimu Hailu

Hinzu kommt das Versagen der AU bei der Lösung der vielen schwelenden Konflikte auf dem Kontinent, wie dem Tigray-Konflikt in Äthiopien, dem islamistischen Aufstand in Mosambiks Provinz Cabo Delgado sowie dem Konflikt im anglophonen Teil Kameruns.

Faki, der unter Tschads autoritärem Präsidenten Idriss Déby Premierminister und Außenminister war, hat auch zur Situation in seinem Heimatland geschwiegen. Er war Chef der AU-Kommission, als der Tschad 2018 eine neue Verfassung verabschiedete, die Débys Befugnisse ausweitet und ihm erlaubt, insgesamt mehr als 40 Jahre im Amt zu bleiben. Aus all diesen Gründen verstehe ich nicht, warum Faki von 51 der 55 Mitgliedsstaaten der AU für eine weitere vierjährige Amtszeit gewählt wurde.

Felix Tshisekedi - ein Hoffnungsschimmer?

Als er im Januar 2019 als Präsident der Demokratischen Republik Kongo vereidigt wurde, erbte Felix Tshisekedi nicht nur ein Land mit immensen wirtschaftlichen Ressourcen, sondern auch eine Nation im Epizentrum dessen, was einige Kommentatoren "Afrikas Weltkrieg" nennen.

Seitdem hat sich Tshisekedi bemüht, sich und seine Präsidentschaft vom Einfluss des ehemaligen Präsidenten Joseph Kabila zu distanzieren, und den Eindruck erweckt, dass er die alten Wege verlassen will.

Tshisekedi versprach in seiner Rede zur Lage der Nation im Dezember 2019, dass "2020 das Jahr der Taten sein wird", und klang dabei, als wolle er die zerrütteten Institutionen des Landes auf Vordermann bringen. Wenn Tshisekedi es schafft, die AU auf die gleiche entschlossene Weise zu lenken, wie er es im Kongo getan hat, dann könnte er an der Spitze des afrikanischen Staatenbunds Einfluss gewinnen.

Für ein Jahr Vorsitzender der Afrikanischen Union: Felix Tshisekedi, Präsident der Demokratischen Republik KongoBild: Giscard Kusema/Press Office Presidency of DRC

Tshisekedi tritt jedoch in große Fußstapfen, da die Corona-Pandemie seinem Vorgänger, dem südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa, die Möglichkeit verschafft hat, die AU in eine kontinentale Führungsposition zu bringen.

Ramaphosa berief nicht nur mehrere Gipfeltreffen zum Coronavirus ein, sondern vermittelte auch erfolgreich im Streit um die Grand Ethiopian Renaissance Talsperre und untermauerte damit den Anspruch der AU, über Friedens- und Sicherheitsfragen zu verhandeln und in diese einzugreifen. Der eigentliche Test für Tshisekedi wird die Frage sein, ob er in seiner einjährigen Amtszeit als AU-Vorsitzender ähnliche Führungsqualitäten zeigt.

AU scheitert daran, Waffen zum Schweigen zu bringen

Als die Afrikanische Union ihre Kampagne "Silencing the Guns in Africa by 2020" startete, war ich optimistisch: Ich hatte das Gefühl, dass sich die Führung des Kontinents zum ersten Mal in seiner Geschichte auf das konzentriert, was wirklich wichtig ist.

"Silencing the Guns" hat hochgesteckte Ziele: Es will Völkermorde verhindern und Kriege und Konflikte auf dem gesamten Kontinent beenden, Millionen Menschen Frieden bringen, Menschenrechtsverletzungen stoppen und humanitäre Katastrophen verringern. Doch erst im vergangenen Monat hat die AU die Frist für die Befriedung des Kontinents um ein weiteres Jahrzehnt verlängert und bewies damit erneut ihre Unfähigkeit, ein konfliktfreies Afrika zu schaffen.

Daher frage ich mich nun, was über den Kampf gegen COVID-19 hinaus wohl die Prioritäten der neuen Führung sein werden?

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