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Gesellschaft

Was Frauen (nicht) brauchen

DW Fact Checking-Team | Ines Eisele
Ines Eisele
15. April 2021

Die "Pinky Gloves" sollen beim Entsorgen von Tampons helfen. Doch viele Frauen fühlen sich von den von Männern vermarkteten Latex-Handschuhen alles andere als angesprochen - zu Recht, findet Ines Eisele.

Der Handschuh wird zum Müllbeutel - Gebrauchsanweisung für "Pinky Gloves" auf der Website des HerstellersBild: www.pinkygloves.de

Was ist passiert? Zwei Männer haben pinke Einmal-Handschuhe "erfunden", mit denen Menstruierende Damenhygieneartikel "hygienisch" und "diskret" entsorgen können, wenn sie unterwegs sind. Die "Pinky Gloves" können übergezogen werden, um einen Tampon zu entfernen, und fungieren im Anschluss gleich als blicksicherer Müllbeutel.

Ihr Produkt stellten die 32-Jährigen bei der Gründershow "Die Höhle der Löwen" im deutschen Privat-Sender Vox vor - und erhielten glatt den Zuschlag von Investor Ralf Dümmel, der mit 30.000 Euro 20 Prozent der Firmenanteile erwerben will. 

Von gestern

Als ich gestern Abend mit schon müden Augen meinen Instagram-Feed checkte und mir die Pinky- Geschichte entgegen sprang, habe ich mich wie unzählige Andere (#pinkygate) sehr geärgert - nachdem ich im ersten Moment gar nicht so sicher war, ob es sich dabei nicht um einen verspäteten Aprilscherz handelte.

DW-Redakteurin Ines EiseleBild: Philipp Böll/DW

Denn man muss sich schon fragen: Meinen die selbsternannten "Frauenversteher" es ernst, wenn sie sagen, sie wollen mit ihrem Produkt "Frauen das Leben einfacher machen an den Tagen, an denen der Alltag besonders hart ist"? Nach Aussage von Eugen Raimkulow und André Ritterswürden, die sich bei der Bundeswehr kennenlernten, verzichten viele Frauen während ihrer Periode "sogar komplett auf Ausgehen und Hobbys", weil es unterwegs oft keine Mülleimer und keine Möglichkeit zum Händewaschen gebe.

Ich persönlich kenne niemand, die sich während ihrer Tage zuhause verkriecht, weil sie befürchtet, woanders ihr Tampon oder sonstige Hygieneartikel nicht loswerden zu können. Aber wenn so etwas zu befürchten ist (klar, so eine Situation kann schon mal vorkommen) - was hält sie davon ab, einen anderen stinknormalen Einmal-Handschuh oder einen Plastikbeutel mitzunehmen? Die einzige Innovation der Pinky Gloves ist, dass sie sich mithilfe eines integrierten Klebestreifens verschließen lassen!

Ausgerechnet pink

Dass die Gründer wirklich glauben, sie würden ausgerechnet mit einem klischeehaft pinken Handschuh das Leben Menstruierender revolutionieren, wurde mit viel Kritik und Spott quittiert. Viele sehen darin auch puren Sexismus. Zumindest aber ist das Konzept der Pinky Gloves unglaublich naiv. 

Ich kann nicht begreifen, wie Raimkulow und Ritterswürden vorher NICHT damit gerechnet haben, dass sie einen Shitstorm ernten würden - das war doch so klar! Denn längst ist eine Bewegung entstanden, die versucht, die Monatsblutung zu enttabuisieren. Und jetzt kommen diese zwei Typen daher, die mit ihrem "sauberen, auslaufsicheren und geruchsneutralen" Handschuh dazu beitragen wollen, dass ein "Tampon hygienisch entnommen" werden kann. Denn das wäre ja nochmal schöner, wenn frau sich da unten selbst anfassen müsste - Igitt!

Wie etwa auch Bindenwerbung, in der Menstruationsblut als blaue oder klare statt einfach als rote Flüssigkeit dargestellt wird, tragen die Pinky Gloves so dazu bei, die Periode als etwas Anrüchiges oder Ekliges darzustellen, das in jedem Fall vor den Augen anderer versteckt werden muss.

Das Pinky-Zwölferpack für 2,99 Euro - nicht gerade billig für EinmalhandschuheBild: www.pinkygloves.de

Noch mehr Plastik zum Wegwerfen

Und dann wäre da noch der Umweltaspekt. In den vergangenen Jahren sind zunehmend nachhaltigere Alternativen zu Tampons und Binden auf den Markt gekommen - Menstruationstassen und Periodenunterwäsche zum Beispiel. Denn wenn man rechnet, dass die Hälfte der Weltbevölkerung über Jahrzehnte hinweg menstruiert und oft Wegwerfprodukte wie Tampons benutzt, kommt da ganz schön viel Müll zusammen. Auch in dieser Hinsicht wirken die Pinky Gloves aus der Zeit gefallen, bedeuten sie doch noch zusätzlichen Plastikmüll obendrauf. 

Fun Fact oder viel mehr traurig ist übrigens, dass vor knapp zwei Jahren zwei Gründerinnen in derselben Show Menstruationsunterwäsche vorgestellt haben - sie gingen damals aber ohne Investment heim. Macht Sinn, oder?

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