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Politik

Krieg erstmal abgesagt …

16. Februar 2022

Dass Kanzler Olaf Scholz das N-Wort "Nord Stream" nicht in den Mund nehmen wollte, hat ihn im Westen geschwächt. Bei Präsident Wladimir Putin war es womöglich die Eintrittskarte zum Dialog, meint Michaela Küfner.

Bild: Kay Nietfeld/dpa/picture-alliance

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte es noch nicht mal bis zum Flieger zurück nach Berlin geschafft, da kam die Meldung aus Kiew: Das ukrainische Verteidigungsministerium und zwei der bedeutendsten Banken des Landes erleben einen Cyberangriff. Der Verdacht fällt auf Russland. Das Cyberwaffenarsenal Russlands ist vielseitig und nicht immer subtil. Auch Kremlchef Wladimir Putin zeigt sich vielseitig - und subtil ist er aus Prinzip nicht.

Die gute Nachricht ist: Ein militärischer Einmarsch Russlands in die Ukraine scheint erstmal vom Tisch. Dafür hat Putin allzu deutlich seinen Willen zum Dialog bekundet. Ein diplomatischer Punktsieg für Olaf Scholz. Doch wenn Fortschritt eine Schnecke ist, ist Frieden mit Russland das Labyrinth, in dem sie lebt. Scholz hatte Putin von seiner Reise am Vortag nach Kiew einen kleinen diplomatischen Erfolg mitgebracht: die Zusage von Präsident Wolodymyr Selenskyj, dass er den ersten diplomatischen Schritt macht und drei Gesetzesvorlagen vorlegt, die er längst unter den Verpflichtungen des Minsk-Prozesses hätte liefern müssen.

Es kommentiert: Michaela KüfnerBild: DW

Doch Putin interessierte das nicht. Zwar argumentiert er selbst oft legalistisch, doch diesen Fortschritt, für den der ukrainische Staatschef zu Hause ein beträchtliches politisches Risiko eingegangen ist, ließ Putin schlicht abblitzen. Er war ganz woanders unterwegs. In der Geschichte, die der Westen allzu oft als Vergangenheit und Putin als Auftrag sieht. Man könne ja reden, aber "seit 30 Jahren" heiße es, die NATO würde sich nicht erweitern, doch das Gegenteil sei passiert. Faktisch gab es keine entsprechende Zusicherung - aber es ist Putins Eindruck, seine alternativen Fakten, die diesen Konflikt so gefährlich machen.

"Verdammte Pflicht"

Olaf Scholz gestand ein, dass man in vielen Fragen auseinanderliege. Doch "es ist unsere verdammte Pflicht, für den Frieden einzutreten", appellierte der Kanzler an Putin und irgendwie auch an sich selbst. Einen Krieg will Russland "natürlich auch nicht", beantwortete Putin die Frage nach Krieg oder Frieden. Ihn treibe aber die Sorge, dass jeder "Gesprächsprozess in die Länge gezogen" werden könnte. Das werde man nicht zulassen. Das klingt wie Gespräche mit geladener Waffe auf dem Tisch.

Scholz und mit ihm seine Partner in NATO und Europäischer Union wollen die Einteilung Europas in "Einflusssphären" wie im kalten Krieg auf keinen Fall zulassen. Davon profitiert vor allem eine von Oligarchen schon längst in Einflusssphären aufgeteilte Ukraine. Diese hatten am Sonntag in 30 gecharterten Maschinen mit ihren Clans das Land verlassen.

Und was jetzt? Jetzt geht das Ringen um die Ukraine, die diplomatische Quadratur des Kreises, erst richtig los. Es geht um nicht weniger als eine neue europäische Sicherheitsarchitektur, in der weder Russland noch die NATO ihr Gesicht verlieren soll. Ein optimistisches Ziel, das auch der deutschen Regierung unter Olaf Scholz noch viel abverlangen wird.

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