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Politik

Putsch 2.0 in Mali

Koepp Dirke Kommentarbild App
Dirke Köpp
26. Mai 2021

Die Gründe für den neuen Putsch in Mali sind vielfältig. Aber sie zeigen auch: Das Land im Sahel, in dem auch Bundeswehr stationiert ist, gerät immer tiefer in den Strudel geopolitischer Interessen, meint Dirke Köpp.

Schon beim jetzt zurückgetretenen Übergangspräsidenten Bah N'Daw war klar, wer das sagen hat: die MilitärsBild: Präsidentschaft der Republik Mali

Armes Mali! Zwei Putsche in neun Monaten. Doch während viele Malier beim ersten Putsch im August 2020 dem Militär noch zugejubelt haben, sind jetzt viele ernüchtert und sauer: Damals hatten sie nach monatelangen Protesten gegen die Regierung große Hoffnungen in die Putschisten gesetzt. Dafür waren sie sogar bereit, eine Militärregierung zu akzeptieren.

Allerdings hat sich seitdem für sie wenig zum Guten gewendet. Denn es ist nicht viel passiert in den vergangenen Monaten, was ihr Leben leichter macht. Militärs und Übergangsregierung waren mit sich selbst und dem Kampf um Einfluss und Posten beschäftigt. Da blieb keine Zeit für den Kampf gegen Armut und Korruption, die Perspektivlosigkeit der Jugend und die Dschihadisten im Norden des Landes. Und überhaupt nur wenig Interesse. Die sozialen Gründe für die Proteste von 2020 sind ebenso so präsent wie damals, die Sicherheitslage mindestens ebenso prekär. Und auch die putschenden Militärs verhalten sich, als gehöre ihnen das Land.

Nachsicht motiviert

In dem Zusammenhang stellt sich auch die dringende Frage, welche Werte die Ausbilder der EU-Trainingsmission (EUTM) Mali den Soldaten eigentlich beibringen. Schon im August war die EU-Mission in Erklärungsnot, als Militärs gegen den damaligen Präsidenten Ibrahim Boubacar Keita putschten. Heute aber, neun Monate später, putschen dieselben Offiziere wieder.

Dirke Köpp leitet die Redaktion Französisch für Afrika

Eine Mitschuld daran tragen auch die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS und die internationale Gemeinschaft. Denn sie waren so nachsichtig mit den Putschisten in Mali und vor wenigen Wochen mit denen im Tschad, dass die malischen Militärs wohl den Eindruck bekamen, sich alles erlauben zu können. Auch einen zweiten Putsch.

Einer der Gründe für diesen neuerlichen Umsturz: Die Militärmachthaber sahen wohl ihre Felle davonschwimmen. Nach einer Regierungsumbildung waren zwei der ihren aus dem Kabinett geflogen. Das wollte sich das Putsch-Trio von 2020, Assimi Goïta, Sadio Camara und Modibo Koné, nicht gefallen lassen und verhaftete am Montag (24.5.) kurzerhand den Übergangspräsidenten und seinen Premier. Am Mittwoch nun reichte der Präsident seinen Rücktritt ein - genauso wenig freiwillig wie vor neun Monaten sein Vorgänger.

Im Strudel geopolitischer Interessen

Der Präsident und sein Premier hätten "Sabotage betrieben", ließ Putschist Goïta am Dienstag wissen, denn sie hätten ihn nicht vorab über die neue Regierung informiert. Das nennt man wohl "Überlebensinstinkt" - oder Furcht vor strafrechtlichen Konsequenzen für die entlassenen Minister.

Zudem illustriert der Putsch, wie tief Mali in den Strudel geopolitischer und geostrategischer Verwicklungen geraten ist: Sowohl Assimi Goïta als auch sein Co-Putschist Sadio Camara haben enge Kontakte nach Moskau. Übergangspräsident Bah N'Daw indes kam gerade aus Frankreich zurück, wo er zu Emmanuel Macrons Afrika-Konferenz geladen war. Auch Peking scheint an Mali interessiert - wieso sonst würde Chinas Außenministerium das Land zum Dialog auffordern?

Die erneute Aufteilung Afrikas

Man fühlt sich an die Berliner Konferenz von 1884 erinnert: die Aufteilung Afrikas. In einer Art Wildwest-Mentalität reißen sich Russland, Frankreich, China um den Einfluss auf Mali. Konkrete Beweise dafür gibt es wenig, die Mächte agieren eher im Verborgenen. Aber wie unvereinbar die Interessen Frankreichs und Russlands sind, bekommt beispielhaft die Zentralafrikanische Republik derzeit zu spüren. Die Folgen sind Verhaftungen, Drohungen, Söldner, Waffenlieferungen.

Und in Mali kam es jetzt eben erneut zum Putsch. Neben Militärs, die sich nicht für die Menschen in ihrem Land interessieren, und Dschihadisten, denen Menschenleben sowieso wenig bedeuten, hat das Land nun noch ein weiteres Problem: den Kampf verschiedener Mächte um Einfluss. Und seine einzige Chance, dem zu entkommen, soll die Vermittlung der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas sein? Armes Mali!

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