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PolitikNahost

Badawi ist frei, aber nicht in Freiheit

Sollich Rainer Kommentarbild App
Rainer Sollich
12. März 2022

Bei aller Freude über die Freilassung des Bloggers darf nicht vergessen werden: Ausreisen zu seiner Familie darf er noch nicht und vor allem ist er in Saudi-Arabien kein Einzelfall, meint Rainer Sollich.

Noch sind sie nicht wieder vereint: Raif Badawi darf bisher nicht zu seiner Frau Ensaf Haidar nach Kanada ausreisenBild: Paul Chiasson/empics/picture alliance

Endlich, Raif Badawi ist frei! Nach vollständigem Absitzen seiner zehnjährigen Haftstrafe durfte der saudische Blogger am Freitag das Gefängnis verlassen, haben seine Familie und Menschenrechts-Aktivisten bestätigt. Das ist zunächst einmal eine gute Nachricht. Eine gute Nachricht in einer Zeit, in der gute Nachrichten eher selten scheinen.

Leider ist die Freilassung des liberalen Bloggers aber noch kein Grund für ein endgültiges Aufatmen - und sie ist vor allem auch noch kein "Happy End" für ihn und seine Familie.

Ausreiseverbot noch nicht aufgehoben

Denn es steht zu befürchten, dass der unter anderem vom Europäischen Parlament und der DW preisgekrönte Regimekritiker noch weitere zehn Jahre mit einem umfassenden Reiseverbot belegt bleibt. Meldungen aus Saudi-Arabien deuten leider in diese Richtung. Schon im ursprünglich verkündeten Urteil war dies so vorgesehen.

DW-Redakteur Rainer Sollich

Ob es auch langfristig dabei bleibt, hängt vordergründig von der saudischen Justiz, aber letztlich von der Interessenabwägung im saudischen Königshaus ab. Die öffentliche Auspeitschung Badawis beispielsweise war seinerzeit nach internationalen Protesten vorzeitig abgebrochen worden. Eine Ausreise-Erlaubnis für Badawi würde nicht zuletzt von Regierungen in Nordamerika und Europa als positive Geste begrüßt werden. Hat Riad, derzeit vor allem als alternativer Energielieferant umworben, perspektivisch ein politisches Interesse daran? 

Seine Frau und seine Kinder in Kanada kämpfen jedenfalls weiter tapfer für eine Familienzusammenführung in echter Freiheit. Sie wollen ein weiteres Jahrzehnt schmerzhafter Trennung verhindern und haben jede Unterstützung verdient.

Kein Einzelfall

Dasselbe gilt für die vielen arabischen und internationalen Initiativen und Organisationen, die sich beharrlich für die zahlreichen politischen Häftlinge in Saudi-Arabien einsetzen: Rund 3000 Menschen sollen dies nach Angaben von Amnesty International sein - trotz einer Reihe von positiven, teils gravierenden gesellschaftlichen Veränderungen, die Riad in den vergangenen Jahren umgesetzt hat und für die sich auch Raif Badawi zuvor stets eingesetzt hatte. Auch mit der Hinrichtung von 81 Menschen nur einen Tag nach Badawis Freilassung zeigte Saudi-Arabien, wie sehr es internationale Menschenrechtsstandards missachtet.

Der Blogger Badawi ist in den vergangenen zehn Jahren für viele Menschen weltweit zu einer Ikone im Kampf um Meinungsfreiheit und Menschenrechte in Saudi-Arabien geworden. Aber sein Schicksal ist und bleibt leider alles andere als ein Einzelfall.

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