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Politik

Schützt Leben, nicht Daten!

18. Dezember 2020

Deutschland, komm runter vom hohen Ross! Mit digitaler Doppelmoral und kategorischem Datenschutz lässt sich die Corona-Pandemie nicht besiegen, meint Astrid Prange.

In Asien sind Corona-Apps eine große Hilfe beim Gesundheitsschutz, in Deutschland ist die App wirkungslosBild: imago images/Frank Sorge

Deutschland im Corona-Winter: Während die Todeszahlen steigen und in vielen Gesundheitsämtern die Testergebnisse aus den Laboren weiterhin per Fax eintrudeln, erledigt die Bevölkerung ihre Weihnachtseinkäufe digital.

Nein, dieses Szenario ist leider nicht erfunden, sondern ganz real. Es ist Deutschlands digitale Armutserklärung. Und es zeigt, dass sowohl digitaler Rückstand als auch kategorischer Datenschutz in Pandemiezeiten lebensgefährlich sein können.

Vorbild Asien

Über 25.000 Menschen sind hierzulande mittlerweile mit oder an Corona gestorben, in Südkorea liegt die Zahl der Todesopfer unter 700. Südkorea, Singapur und Taiwan machen es vor: Die digitale Bekämpfung des Coronavirus kann Menschenleben retten.

Während Südkorea mit seinen 52 Millionen Einwohnern laut John-Hopkins-University seit Ausbruch der Pandemie insgesamt 47.515 Infektionen verzeichnet, steckten sich in Deutschland bis zum 18. Dezember knapp 1,5 Millionen Menschen an.

Taiwan scheint aus Deutschland betrachtet sogar eine Insel der Seligen zu  sein: Das Eiland mit seinen 23 Millionen Einwohnern hat die Pandemie komplett unter Kontrolle. Die Infektionen beschränken sich auf insgesamt rund 700 Fälle, weniger als zehn Menschen sind bisher gestorben.

DW-Redakteurin Astrid PrangeBild: DW/P. Böll

Quarantäne, Maskenpflicht und digitale Überwachung - so lautet das Erfolgsrezept aus Asien. Während es in Singapur Pflicht ist, jeden Tag persönliche Daten in eine staatliche App einzutragen, haben in Deutschland noch nicht einmal die Gesundheitsämter Zugriff auf die staatliche Corona-App, wie kürzlich die Vorsitzende des Bundesverbandes Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes, Ute Teichert, beklagte.

Wirkungslose Corona-App

Ich kann es nicht fassen! Mitten in der Pandemie arbeiten viele Gesundheitsämter immer noch analog! Und während Millionen von Menschen hierzulande täglich digitalen Kraken wie Facebook, Amazon, Instagram und Twitter kostenlos ihre Daten zur Verfügung stellen, zeigen sie der Corona-Warn-App die kalte Schulter.

Diese digitale Doppelmoral halte ich nicht mehr aus. Ich möchte nicht mehr über Datenschutz diskutieren und gleichzeitig mit ansehen, wie Deutschland im Lockdown versinkt und Millionen von Existenzen vernichtet werden.

Ich möchte nicht mehr mit ansehen, wie Kontaktbeschränkungen Millionen von Menschen in die Isolation treiben, Freiheitsbeschränkungen hingenommen und Zukunftspläne einer ganzen Generation auf Eis liegen, aber gleichzeitig der Schutz von persönlichen Daten weiter mit Vehemenz verteidigt wird.

Ich ertrage auch nicht mehr die hierzulande ausgeprägte Arroganz gegenüber Ländern, die bei der Bekämpfung der Pandemie beeindruckende Erfolge vorzuweisen haben. Als in Südkorea bereits im Frühjahr Maskenpflicht herrschte, zweifelten Wissenschaftler in Deutschland noch ungerührt den Sinn eines Mund-Nasenschutzes an.

Lektionen der Pandemie

Für diese Arroganz zahlt Deutschland einen hohen Preis. Laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wird die Wirtschaft in Deutschland 2020 voraussichtlich um 5,5 Prozent schrumpfen.

In Taiwan und Südkorea hingegen läuft das wirtschaftliche und soziale Leben weitgehend normal weiter, Geschäfte und Restaurants haben geöffnet. Südkorea muss 2020 mit einem Rückgang von lediglich einem Prozent rechnen, Taiwans Wirtschaft legt sogar um 2,4 Prozent zu. 

Deutschland, komm runter von deinem hohen Ross! Verabschiede Dich von Eurozentrismus und Besserwisserei, und nimm die Lektionen der Pandemie zur Kenntnis! Dazu gehören für mich: Gesundheitsschutz geht vor Datenschutz, Appelle an die Eigenverantwortung schützen kein Menschenleben, und falsche Behauptungen von Corona-Leugnern sind keine Zeichen für Meinungsfreiheit, sondern von Verantwortungslosigkeit.

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