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Politik

Angolas Regierungspartei muss umdenken

DW l Marcio Pessôa - Autorenportrait
Marcio Pessoa
27. August 2022

Trotz seines Wahlsieges: Der Widerstand der Wähler und ein neuer starker Herausforderer haben den Druck auf den angolanischen Präsidenten João Lourenço erhöht, meint Marcio Pessoa.

Das Wahlergebnis in Angola sorgt für Diskussionsstoff - in den Zeitungen und bei den MenschenBild: John Wessels/AFP/Getty Images

Das Ergebnis der Parlamentswahlen in Angola hat eine klare Botschaft an die Volksbewegung für die Befreiung Angolas (MPLA) gesendet. Wenn es der Partei, die seit fast fünf Jahrzehnten an der Macht ist, nicht gelingt, die Regierungsführung zu demokratisieren und echte soziale und wirtschaftliche Reformen durchzuführen, wird die Unzufriedenheit der Wähler mit Präsident João Lourenço weiter zunehmen.

Die Führung der Regierungspartei ist an Veränderungen nicht interessiert, aber es besteht dringender Bedarf an Reformen innerhalb der MPLA. Die Stimmen der Menschen auf der Straße sind ein deutliches Zeichen dafür.

Stärkste Verluste seit 30 Jahren für die MPLA

Auch wenn die MPLA die Wahl gewonnen hat, musste sie kräftige Verluste hinnehmen. Die Zahl der Abgeordneten in der Nationalversammlung ist von 150 auf 124 gesunken. Lourenço wird zwar bequem im Parlament regieren, die Mehrheit für mögliche Verfassungsänderungen fehlt ihm allerdings. Andererseits stieg die Zahl der Sitze der Oppositionspartei Nationale Union für die totale Unabhängigkeit Angolas (UNITA) von 51 auf 90.

Marcio Pessoa, Leiter der Redaktion Portugiesisch für AfrikaBild: Marina Olivetto/DW

Die Verluste der Regierungspartei sind historisch. Im größten Wahlkreis des Landes gewann das Oppositionsbündnis UNITA über 60 Prozent der Stimmen. Die MPLA verlor an Unterstützung in ihren Hochburgen wie in den Provinzen Cuanza Norte und Malanje, auch dort erlebte die UNITA erhebliche Stimmenzuwächse. 

Unzufriedenheit auf den Straßen Angolas

Woher kommt die steigende Unzufriedenheit der Wähler? Die angolanische politische und wirtschaftliche Elite hat die staatlichen Behörden zu ihrem eigenen Vorteil ausgenutzt. 1975 hat die MPLA die Unabhängigkeit für die sozialistische "Volksrepublik Angola" ausgerufen. Stattdessen hat das Land aber eine Form des Kapitalismus angenommen, die die Ungleichheit verstärkt hat. Und vor allem Familien von Politikern, Armeegenerälen und Geschäftsleuten wurden reich.

Im Laufe der Jahre hat die MPLA ein Regime hervorgebracht, das dem sehr ähnlich ist, was als "kompetitiver Autoritarismus" beschrieben wurde. Das bedeutet, dass die seit Jahrzehnten regierende Partei ein Umfeld zugunsten der Amtsinhaber geschaffen hat. Von staatlichen Institutionen bis hin zu Medien und Unternehmen wird alles kontrolliert, nichts ist öffentlich, nicht einmal der Staat. So gilt auch die Wahlkommission CNE als Rädchen in dieser Maschinerie. Umso mehr, wenn sich die Regierungspartei an der Ernennung der Kommissionsvorsitzenden beteiligt.

Angola: MPLA bekommt ernsthafte Konkurrenz

03:05

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Es wundert nicht, dass in einem solchen Szenario trotz eines weitgehend friedlichen Wahltages die Ergebnisse angefochten werden, weil die Institutionen ihre Glaubwürdigkeit verloren haben. Dies war 1992, 2008, 2012 und 2017 der Fall und so ist es auch diesmal. Wenn die MPLA bis zu den nächsten Wahlen nichts Neues und Effektives liefert, bleibt sie möglicherweise nicht an der Macht.

Wird sich Angola verändern?

Obwohl Oppositionsführer Adalberto Costa Junior nicht gewinnen konnte, hat die Wahl gezeigt, dass die UNITA einen charismatischen und selbstbewussten Führer hat, der in der Lage ist, Stimmen zu gewinnen und Lourenço herauszufordern. Costa Junior hat die wichtigen Themen angesprochen, und er hat die Unterstützung von jungen Arbeitern und hochkarätigen Intellektuellen. Obwohl es ihm noch keine kreativen Lösungen vorgestellt hat, ist er bereit, die dringenden Probleme des Landes anzuerkennen und anzugehen, wie zum Beispiel die hohe Arbeitslosenquote und die galoppierende Inflation, akute Armut und die humanitäre Krise.

Am Ende ist es unumgänglich, auch über mutmaßliche Unregelmäßigkeiten bei der Wahl zu sprechen. Die UNITA zählte, dass unter den 14 Millionen Angolanern auf der Wählerliste mehr als 2 Millionen Namen von Toten waren, die nicht von den Listen gestrichen wurden. Diese "toten Wähler", aber auch die Zugangsbeschränkungen für einheimische Wahlbeobachter sowie Wähler, die gezwungen waren, ihre Stimme an Orten weit von ihren Häusern abzugeben, haben die Menschen trotziger gemacht - jetzt und für die Zukunft.

Adaptiert aus dem Englischen von Sabine Faber.