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Politik

Verdient El Salvadors Präsident weiter Vertrauen?

Thofern Uta 62 Latin Berlin 201503 18
Uta Thofern
2. März 2021

Nach der Parlamentswahl sieht alles nach einem Erdrutschsieg für Nayib Bukele aus. Doch gerade das wird seine internationale Bewährungsprobe, meint Uta Thofern.

Markenzeichen Basecap falsch herum und modisch geschnittener Bart: El Salvadors Präsident Nayib BukeleBild: Stanley Estrada/AFP

Der Präsident war der erste, der den Sieg auf Twitter verkündete - lange, bevor auch nur zehn Prozent der Stimmen ausgezählt waren. Doch Meinungsumfragen hatten seiner relativ neuen Partei "Nuevas Ideas" schon zuvor eine große Mehrheit vorausgesagt, und die Prognosen am Wahltag bestätigten sie. Nach den bisherigen Auszählungsergebnissen wird Bukeles Partei mit ihrer Wahlallianz sogar eine Zweidrittel-Mehrheit erreichen, der Präsident wird also "durchregieren" können.

Ein Albtraum für viele internationale Anhänger der Gewaltenteilung, für die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler in El Salvador aber offenbar eine Wunschvorstellung. Nach dem Militärregime der 1980er-Jahre und dem verheerenden Bürgerkrieg der 1990er wurde das Land zwar eine Demokratie, aber weder die konservative ARENA-Partei noch die aus der linken Guerilla hervorgegangene FMNL vermochten die Lebensbedingungen wesentlich zu verbessern. Die beiden Parteien wechselten sich an der Macht ab, ohne dass sich die sozialen Gegensätze milderten; auch Korruption und Bandenkriege setzten dem kleinsten Land der Region weiterhin zu.

Neuer Politikstil eines Hoffnungsträgers

Bukele galt trotz seiner FMLN-Vergangenheit bei der Präsidentschaftswahl 2019 als neuer Hoffnungsträger. Dass er überraschend für eine Mitte-Rechts-Partei antrat, nachdem die FMLN ihn wegen spalterischer Aktivitäten hinausgeworfen hatte, schadete seiner Popularität nicht. Immerhin hatte er als Bürgermeister von San Salvador die Hauptstadt sicherer gemacht und war zugleich für einen präventiven Umgang mit den kriminellen Jugendbanden eingetreten. Der Mann mit dem verkehrt herum aufgesetzten Basecap, der Lederjacke und dem sorgfältig gestutzten modischen Bart verkörperte einen neuen Politikstil, nicht zuletzt mit seiner souveränen Nutzung der sozialen Medien.

Uta Thofern leitet die Lateinamerika-Programme der DW

Während seiner Präsidentschaft wurde Twitter noch wichtiger für Bukele, denn das Parlament entschied nicht immer so, wie er wollte. Über das Netzwerk kann er, ganz im Stil eines Donald Trump, jedes Ereignis blitzschnell in seinem Sinne deuten. Beispielsweise, als er das Militär im Parlament aufmarschieren ließ, weil die Abgeordneten einen Kredit für die Sicherheitskräfte nicht genehmigen wollten. Auch kritische Journalisten verunglimpft der Präsident gern über Twitter, der Zuspruch seiner Anhänger ist ihm gewiss.

Autoritäre Tendenzen und Tabubrüche, die jede Menge Zweifel an Bukeles demokratischer Gesinnung wecken. Dass eine Mehrheit im Land damit offensichtlich kein Problem hat, lässt sich nur durch das Versagen der demokratischen Parteien in den vergangenen Jahren erklären. Und der Präsident hat durchaus Erfolge aufzuweisen, etwa bei der Kriminalitätsbekämpfung und in der Corona-Krise. Zwar vermuten Kritiker, Bukele habe sich dafür mit Teilen der Banden verbündet, und auch die Corona-Statistiken werden angezweifelt. Beweise gibt es dafür aber bisher nicht.

Achtung der Demokratie auch mit Zweidrittel-Mehrheit?

Der Präsident hat das Recht und nun ganz besonders die Gelegenheit, seine Zweifler zu überzeugen, gerade auch in der internationalen Gemeinschaft. Ein kleines Land wie El Salvador kann seinen Wohlstand nicht ganz allein vermehren. Es braucht die internationale Vernetzung und Unterstützung. Es braucht Investitionen und Wissenschaftskooperation.

Nayib Bukele kann in den nächsten Monaten zeigen, ob er die parlamentarische Demokratie und die Gewaltenteilung achtet, auch wenn er über eine große Mehrheit verfügt. Er kann beweisen, dass er eben nicht die Generalstaatsanwaltschaft und das Oberste Gericht mit Gesinnungsgenossen besetzen wird. Dass er die Rechte der Opposition im Parlament nicht beschneidet. Dass er nicht versuchen wird, eine weitere Amtszeit anzustreben, sondern dass er die Verfassung und die Gesetze achtet.

Die erste Gelegenheit dazu hat er schon sehr bald: Das Oberste Wahlgericht hat ein Verfahren gegen ihn eröffnet, weil er trotz der geltenden Wahlkampfruhe noch am Sonntag zur Wahl eines Parlaments aufrief, das ihn unterstütze. Wie Bukele auf das Verfahren reagiert, wird ein erster Lackmustest für seine Vertrauenswürdigkeit nach einem solchen Wahlerfolg.

Uta Thofern Leiterin Lateinamerika-Redaktionen, Schwerpunkt Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte
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