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PolitikAsien

Xi wird nicht König von Asien

17. September 2022

Chinas Präsident Xi Jinping will mit der "Shanghai Cooperation Organisation" (SCO) eine anti-westliche Allianz schmieden. Doch das wird ihm nicht gelingen, meint Konstantin Eggert.

Zwei Tage lang trafen sich die Mitglieder und Partner der SCO in UsbekistanBild: Sergei Bobylev/AP/picture alliance

Nur ein paar Äußerungen von Russlands Präsident Wladimir Putin und dem chinesischen Anführer Xi Jinping waren nötig, um aus dem Treffen der "Shanghai Cooperation Organisation" (SCO) in Usbekistan eine echte Zäsur zu machen. Eigentlich war erwartet worden, dass das Treffen einiger ausgewählter autokratischer Regime (plus Indien, das noch eine Demokratie ist) eher langweilig und vorhersehbar werden würde.

Putin versprach in Samarkand, ärmere Nationen mit Dünger zu beliefern und regte an, dass die SCO ein Sportgroßereignis zusammen ausrichten sollten. Xi versuchte dagegen zwanghaft dem Treffen einen politischen Rahmen zu verpassen: Er rief die SCO-Chefs dazu auf, die diversen "Farb-Revolutionen" sowie Bewegungen wie die, die sich am Anfang des Jahrhunderts in Georgien, der Ukraine oder in Kirgisistan gegen korrupte Regime aufgelehnt hatten, zurückzudrängen. Chinas Führer bezeichnete diese Bewegungen - wie man es erwarten konnte - als von außen gelenkt, von den USA, vom Westen im Allgemeinen.

Auch wenn Putin sicher der gleichen Meinung sein wird - Xis Alleingang in Samarkand zeigt auch, wie Russlands sogar unter Gleichgesinnten weiter an Gewicht verliert. Es zeigt, wie China versucht, dem Block sein politisches Denken aufzuzwingen und dieses Bündnis als asiatisches, sicherheitspolitisches Gegengewicht zu den USA zu formen. Der Iran soll den SCO-Staaten 2023 beitreten - das würde dann den Ruf dieses Bündnisses als größtem Widersacher der USA noch weiter stärken.    

Sechs Staaten haben die SCO gegründet

Russlands geschwächte Position

Russlands bislang nicht erfolgreiche Aggression gegen die Ukraine hat den Einfluss des Kremls auf die in Asien gelegenen ehemaligen Sowjetrepubliken geschwächt. Zwei Tage vor dem Gipfel in Usbekistan war Xi in Kasachstan zu Gast - einem traditionellen Verbündeten Russlands. Dort sprach Xi davon, die Stärke und Souveränität der zentralasiatischen Staaten unterstützen zu wollen. Das klang wie eine klare Warnung an Russland, nicht zu versuchen, die traditionell russischsprachige Region Nord-Kasachstans zu annektieren. Denn das befürchten viele im Land. 

Peking macht keine Anstalten zu verbergen, dass sie in Zukunft Russland als Sicherheitsgaranten der zentralasiatischen Länder ablösen, wenn nicht gar komplett verdrängen wollen. "Während die Ukraine Putins Ressourcen auffrisst, wird Russland nach und nach den Einfluss in der asiatischen Region verlieren", so hat es mir der kasachische Analyst Dosym Satpajew erklärt. "Dieser Prozess ist schon jetzt nicht mehr aufzuhalten."

DW-Autor Konstantin Eggert

China ist von der Vorstellung des Einflusses der USA besessen. Es nimmt langsam Züge an wie bei Putin, der ebenso geradezu darauf fixiert ist. Die Sorge ist groß, dass das Ergebnis genauso desaströs sein könnte. Der Versuch mit der SCO einen anti-amerikanischen, anti-westlichen Block zu formen, wird scheitern. Zwar mag die Ablehnung der USA und des Westens etwas sein, was die Mitgliedsstaaten eint. Die Konflikte innerhalb des SCO-Blocks wiegen aber viel schwerer als ihre Abneigung gegen den Westen sie verbinden könnte. Indien und Pakistan sind hierfür das bekannteste Beispiel - aber nicht das einzige.  

SCO fehlt eine gemeinsame Philosophie

Außerdem: Selbst wenn einige Regierungen innerhalb des SCO bereit wären, mit China zu verhandeln oder gar enger Partner zu werden - die Bevölkerungen dieser Länder haben vielerorts eine andere Meinung dazu. Indien ist hier ein Spezialfall. In Kasachstan dagegen wird Einfluss aus China traditionell sehr stark abgelehnt. Dass der Westen die Ukraine so stark unterstützt, ist ein Zeichen der Solidarität, das auch vielen SCO-Ländern nicht entgangen ist.

Zu guter Letzt muss man sehen: In der NATO oder in der EU sind die Mitgliedsstaaten auch durch gemeinsame Wurzeln und Werte miteinander verbunden. Demokratie, Bürgerrechte und Rechtsstaatlichkeit sind verbindende Prinzipien. Das heißt nicht, dass sie keine Probleme hätten - aber aufgrund der gemeinsamen Grundprinzipien fällt es leichter, auftretende Probleme zu lösen. Und das dürfte Chinas Vorstellungen einer neuen Allianz wohl am stärksten entgegenstehen. Es gibt schlicht keine gemeinsame Philosophie, auf der die SCO fußt. Manchen Mitgliedsregimen wird die SCO eine temporäre Sicherheit bringen, klar. Aber selbst die ist nicht dauerhaft garantiert. Xi mag glauben, dass er durch Putins missglückte Ukraine-Invasion demnächst das Sagen haben könnte - er irrt sich.

Aus dem Englischen adaptiert von Friedel Taube.

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