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Meister: "Deutschland spielt Schlüsselrolle"

Stephanie Höppner 2. Juli 2014

Nach dem Ende des Waffenstillstands startet Außenminister Steinmeier eine neue Friedens-Initiative. Deutschland spielt bei den Vermittlungsbemühungen eine entscheidende Rolle, sagt Ukraine-Experte Stefan Meister.

Stefan Meister - Foto: ECFR
Bild: ECFR

DW: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und seine Kollegen aus Russland, der Ukraine und Frankreich treffen sich in Berlin. Was kann ein solches Treffen bewirken?

Stefan Meister: Es ist eine Initiative, um die Außenminister der drei wichtigsten Länder für diese Krise zusammenzubringen - und der Versuch, die Ergebnisse des Waffenstillstandes in irgendeiner Form zu retten. Ich glaube, die Bereitschaft auf russischer Seite ist im Moment größer als vorher. Ob das hilft, die Separatisten ruhig zu stellen, ist die andere Frage. Aber der Moment für ein Abkommen ist da, auch wenn ich jetzt nicht riesige Erwartungen habe, dass das dann tatsächlich funktionieren wird.

Wo stoßen die Außenminister an die Grenzen ihrer Möglichkeiten?

Die Grenzen liegen ganz klar bei den Separatisten, die die Zeit während des Waffenstillstands genutzt haben, um sich weiter aufzurüsten. Ich glaube, dass weder Russland noch jemand anderes diese Separatisten komplett kontrollieren kann. Wir sehen auch, dass Russland nicht bereit ist, die Grenze zu schließen - das hätte es ja tun können. Also hat man das Gefühl, dass Russland letztendlich doch nicht wirklich bereit ist, diesen Konflikt zu beenden.

Der ukrainische Präsident Poroschenko hat am Montagabend (30.06.2014) die Waffenruhe aufgehoben - ist das aus Ihrer Sicht nachvollziehbar? Wie kann sie wieder hergestellt werden?

Der Schritt ist nachvollziehbar. Erstens war der innenpolitische Druck für ihn groß, diese Waffenruhe auszusetzen und wieder zu reagieren. Das vorherrschende Gefühl in Teilen der Bevölkerung ist: Die Separatisten nutzen das aus und es wird uns nur schaden. Aus deren Sicht musste Poroschenko jetzt reagieren, um nicht komplett Kapital zu verlieren. Und gleichzeitig steht die Frage im Raum, ob es strategisch klug war, den Waffenstillstand so lange durchzuhalten - weil sich möglicherweise die Separatisten wieder aufgerüstet und auch in Stellung gebracht haben. Insofern kann ich es nachvollziehen.

Für einen Waffenstillstand müssten deshalb die Grenzen zu Russland geschlossen werden - damit nicht immer weiter Kämpfer und Waffen in die Ostukraine oder in den Donbas gelangen können. Dann müsste mit den Separatisten gesprochen werden. Die Regierungen, die sich jetzt in Berlin treffen, sollten eingebunden werden. Das ist die Grundvoraussetzung.

Bei dem Treffen soll es um vertrauensvolle Maßnahmen gehen. Was heißt das im gegenwärtigen Zustand eigentlich genau?

Es werden verschiedene Sachen diskutiert: Wie kommt man den Separatisten entgegen? Wie können sie freies Geleit bekommen? Wie können sie in den ukrainischen Staat eingebunden werden? Außerdem sollten Gespräche mit Separatisten stattfinden und Grenzposten wieder freigegeben werden. Auch die Frage der Sicherheit von OSZE-Beobachtern gehört für mich zu den vertrauensbildenden Maßnahmen.

Welche Rolle können Deutschland und Frankreich bei der Konfliktlösung spielen?

Das ist ganz interessant. Wir haben seit dem großen Treffen in Frankreich ein neues Tandem. Das Weimarer Dreieck scheint keine Rolle mehr zu spielen, Polen ist raus aus diesem Prozess. Und gleichzeitig haben wir eine starke Übereinkunft zwischen Deutschland und Frankreich. Das spiegelt auch letztlich wider, dass beide großen Länder sich bewusst sind, dass der Umgang mit dieser Krise für die europäische Sicherheit wichtig ist. Wir haben eine Schlüsselrolle: Zuerst hatten wir das Weimarer Dreieck, dann verhandelte Deutschland allein. Und jetzt haben wir Deutschland und Frankreich, um zu vermitteln. Der Waffenstillstand ist ein Ergebnis.

Was bedeutet, dass Polen nicht mehr dabei ist?

Man hatte eine andere Vorstellung davon, wie man mit dem Konflikt umgehen sollte. Deutschland und Frankreich sind moderater aufgetreten. Es deutet an, dass eine bestimmte Gruppe - die östlichen EU-Mitgliedsländer - in den aktuellen Verhandlungen nicht vertreten sind. Wenn das langfristig so bleiben sollte, ist das problematisch für die Einigkeit der EU.

Welche Rolle sollte die EU einnehmen? Sind weitere Sanktionen sinnvoll?

Wenn man sie bisher nicht erlassen hat, wäre die Frage, was es jetzt für einen Grund gäbe, sie zu erlassen. Russland tut, was es tut. Und daran hat sich nichts geändert. Ich habe Angst, dass diese Sanktions-Drohungen, Drohungen bleiben. Ich bin sehr skeptisch, was den Vollzug härtere Sanktionen angeht. Wir sehen, dass die EU praktisch keine Rolle mehr spielt. Es sind bestimmte Mitgliedsstaaten, die in dieser Krise Politik betreiben. Die EU ist praktisch raus.

Stefan Meister ist Senior Policy Fellow bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) und beschäftigt sich hauptsächlich mit der Ukraine, Belarus und Russland.

Das Gespräch führte Stephanie Höppner.

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