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Leupolz: "Von Englands Frauenfußball lernen"

Reiss Tigwell
3. März 2021

Seit vergangenem Sommer spielt Melanie Leupolz für den FC Chelsea - in der "besten Liga der Welt", wie sie sagt. Im DW-Interview spricht sie über die Unterschiede zwischen dem englischen und deutschen Frauenfußball.

Sport Fussball l Spielerin Melanie Leupolz, Chelsea
Melanie Leupolz (l.) im Trikot des FC ChelseaBild: Andy Rowland/PRIMe Media Images/imago images

Ein Traum ging in Erfüllung. "Ich wollte schon immer im Ausland spielen", sagt Melanie Leupolz der DW. "Für mich ist die englische Liga die beste der Welt, weil sie sehr ausgeglichen ist und es so viele gute Mannschaften gibt. Ich wollte unbedingt hierherkommen und bin wirklich glücklich, dass es geklappt hat." Im Sommer 2020 wechselte die 26 Jahre alte deutsche Nationalspielerin vom Bundesliga-Topklub FC Bayern München in die Women's Super League (WSL) nach England: zum Meister FC Chelsea.

2014 war Leupolz vom SC Freiburg nach München gekommen und hatte mit dem FC Bayern gleich auf Anhieb zwei Meistertitel in Folge gewonnen. Sie verließ den Verein als Kapitänin. Leupolz findet es schade, dass die Bundesliga seit Jahren von den Bayern und dem VfL Wolfsburg dominiert wird. Seit 2012 machten diese beiden Mannschaften den Titel regelmäßig unter sich aus, meist mit deutlichem Abstand vor den anderen Teams, wie den ehemaligen Spitzenmannschaften Turbine Potsdam und dem 1. FFC Frankfurt, der seit vergangenen Sommer als Frauenabteilung von Eintracht Frankfurt in der Bundesliga spielt. Auch in dieser Saison sieht es nicht anders aus: An der Tabellenspitze steht Bayern - vor Wolfsburg.

Mehr TV-Präsenz nötig

Leupolz sieht für den Frauenfußball in Deutschland noch viel Luft nach oben. "Es kann deutlich besser werden", sagt die Offensivspielerin in ihrer Londoner Wohnung beim Video-Gespräch. "Wir müssen die vielen Turniere nutzen, die in den nächsten Jahren anstehen." Vor allem sei eine höhere Fernsehpräsenz des Frauenfußballs nötig: "Hier in England gibt es den FA Player, auf dem man alle Spiele umsonst sehen kann. So etwas gibt es in Deutschland nicht. Dort wird nur ein Spiel pro Woche gezeigt." Deshalb bewerteten viele Menschen in Deutschland den Frauenfußball immer noch so, wie er vor 20 Jahren gewesen sei. "Seitdem hat er sich aber wirklich verändert. Er ist jetzt viel physischer."

Für die deutsche Frauennationalmannschaft bestritt Leupolz (2.v.r.) bisher 70 Spiele und erzielte elf ToreBild: Anke Waelischmiller/SVEN SIMON /Imago Images

Trotz aller Corona-Einschränkungen genießt Leupolz ihr Leben in London. "Ich habe mich auf eine schöne Stadt gefreut, aber leider kam dann der Lockdown, sodass ich nicht so viele Dinge sehen konnte. Die Leute hier sind wirklich nett und hilfsbereit. Ich war es nicht gewohnt, in den Supermarkt zu gehen und von allen 'Honey' oder 'Babe' genannt zu werden - das ist wirklich nicht typisch für Deutschland", sagt Leupolz und lacht.

Intensiver und schneller

Auch sportlich läuft es rund. Kaum angekommen, holte sie im vergangenen August mit Chelsea ihre ersten Titel: mit einem 2:0-Erfolg gegen Manchester City im Women's Community Shield, dem englischen Frauen-Supercup. Leupolz ist Stammspielerin beim aktuellen Tabellenführer der WSL. Drei Tore hat sie bisher in der Saison erzielt, darunter einen Doppelpack beim 4:0-Sieg gegen den Lokalrivalen Tottenham Hotspur.

"Die Menschen hier in England lieben den Frauenfußball viel mehr als in Deutschland", glaubt Leupolz. "Wenn man durch die Straßen läuft, begegnet man immer wieder Chelsea-Fans - und sie kennen unsere Namen. Wir hatten auch ein Spiel vor Fans im Stadion, und es war wirklich schön und cool, sie alle dort zu sehen."

Der Frauenfußball in der WSL sei im Vergleich zur Bundesliga intensiver und werde mit mehr Körpereinsatz gespielt. "Zum Glück mag ich diese Seite des Spiels und habe mich sehr schnell daran gewöhnt", sagt Leupolz. "Auch das Training ist viel intensiver. Bei Bayern haben wir manchmal zweimal am Tag trainiert. Aber hier bin ich nach dem Training so müde, dass ich an eine weitere Einheit gar nicht denken kann."

Anders als in Deutschland stehe im Spiel nicht die Taktik im Vordergrund, es gehe darum, den Ball möglichst schnell zu spielen. "Die Spiele sind hier offener, die schwächeren Mannschaften können leichter Tore schießen. Aber bei Chelsea spielen wir nicht nur den typischen englischen Fußballstil. Wir haben viele technisch begabte Spielerinnen."

Den Sprung wagen

Leupolz hofft, dass ihr Wechsel ins Ausland andere deutsche Spielerinnen inspiriert, ihrem Beispiel zu folgen: "Es ist wirklich schön, in einem anderen Land zu spielen und einen anderen Fußballstil zu entdecken, neue Vereine kennenzulernen, neue Stadien. Das alles ist spannend." Und es helfe dabei, "als Persönlichkeit weiter zu wachsen", fügt Leupolz hinzu.

Mit dem FC Chelsea will die Profispielerin noch "viele Titel" gewinnen: "Wir haben große Ziele. Ich mag diese Mentalität von Chelsea sehr, weil sich die Leute hier sehr bewusst sind, was wir erreichen können."

Adaption: Stefan Nestler

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