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Mensch gegen Mikrobe

Claus Hecking11. April 2003

Seit man sich mit Impfungen gegen Infektionskrankheiten schützen kann, befindet sich die Medizin in einem Wettlauf gegen immer einfallsreichere Krankheitserreger. Wie hilfreich sind Genforschung und Biotechnologie?

Wettlauf mit den WinzlingenBild: Bilderbox

Die neueste Hoffnung der Infektionsforscher riecht nach Kartoffelkeller, ist im Fachhandel für 20 Euro zu haben und mit bloßem Auge nicht zu erkennen. Schließlich ist der Strahlenpilz Streptomyces coelicolor nur wenige Nanometer klein, doch trotzdem setzt er sich immer wieder gegen andere Bodenbakterien durch. Zu verdanken hat er dies einem umfangreichen Waffenarsenal: Mehr als 9000 biologische Substanzen können Strahlenpilze produzieren - und damit unliebsame Konkurrenten abtöten oder am Wachstum hindern.

Erbgutentschlüsselung als Durchbruch?

"Sie sind die Pfadfinder unter den Bakterien: Für alle Eventualitäten gerüstet", sagt der englische Molekularbiologe Stephen Bentley. Erst vor wenigen Monaten hat er mit seinem Team an der Universität Cambridge das Genom des Streptomyces coelicolor entschlüsselt. Nun hofft er, sich die biologischen Waffen des Strahlenpilzes zunutze zu machen. Durch Kombination verschiedener Gene des Bakteriums sollen neue Medikamente hergestellt werden, gegen welche die Erreger von Epidemien noch keine Resistenzen entwickelt haben. "Für die künftige Entwicklung von Antibiotika ist die Erbgutentschlüsselung von überragender Bedeutung", erkennt Bentleys Kollege Julius Weinberg von der City University London neidlos an.

Die Gentechnologie hat den Wissenschaftlern einen kleinen Vorsprung verschafft im Rüstungswettlauf gegen die immer resistenteren Krankheitserreger. Alles begann 1796, als der britische Landarzt Edward Jenner zufällig beobachtete, dass Melkerinnen, die sich mit harmlosen Kuhpocken infizierten, gegen die tödlichen Pocken immun waren. Jenner entwickelte aus dem Blut der Melkerinnen einen Impfstoff; heute gelten die tödlichen Pocken als besiegt. Seit dieser bahnbrechenden Entdeckung stehen Mediziner und Bakterien miteinander im Krieg.

Satelliten als Frühwarnsysteme

Um den Krieg gegen die Mikroben zu gewinnen, lassen die Forscher nichts unversucht. Nicht nur, dass sie sterilisierte Tse-Tse-Fliegen ins Feld schicken - sogar Satelliten nutzen sie heute zur Aufklärung: So überwachen NASA-Forscher den Wasserstand des Tschadsees, dessen Überschwemmungen zu Choleraepidemien führen. Und eine amerikanisch-mexikanische Forschergruppe entdeckte per Satellit anhand des Pflanzenbewuchses neue, besonders malariagefährdete Gegenden im mexikanischen Bundesstaat Chiapas. Die staatlichen Seuchenbekämpfer hatten in jahrelanger Kleinarbeit nur einen Bruchteil dieser Gebiete gefunden - und so waren immer wieder Infektionen aufgetreten.

AIDS-Impfstoff noch ein Traum

Die Rolle der Melkerinnen von damals haben heute mehrere hundert kenianische Prostituierte übernommen. Bei ihnen wurde trotz des vielfachen ungeschützten Sexualkontakts mit HIV-infizierten Freiern nie eine Infektion mit dem Virus nachgewiesen. Offenbar hatte sich in ihren Körpern eine Immunabwehr aus der Kombination verschiedener, extrem aktiver Immunzellen herausgebildet. Grund hierfür sei, so vermutet der amerikanische AIDS-Forscher Robert Murphy, dass die vaginalen Schleimhäute der Prostituierten mehrmals täglich mit dem HI-Virus in Kontakt gekommen und somit "trainiert" worden seien. Dennoch sei man von einem Impfstoff gegen AIDS noch weit entfernt, sagt Murphy. Denn im Gegensatz zu allen anderen Erregern nutzt das HI-Virus das Immunsystem, um in den menschlichen Körper einzudringen. Ein Trick, der das Virus bislang noch unverwundbar macht - allem technischen Fortschritt zum Trotz.

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