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Politik

Ales Bjaljazki erhält den Friedensnobelpreis

7. Oktober 2022

Die höchste aller Friedensauszeichnungen geht in diesem Jahr an den belarussischen Menschenrechtler Ales Bjaljazki. Auch ausgezeichnet werden die Organisationen "Memorial" und "Center for Civil Liberties".

Friedensnobelpreis 2022 Ales Bialiatski
Bild: Vit Simanek/CTK/dpa/picture alliance

Ales Bjaljazki (Artikelbild) ist Vorsitzender der belarussischen Menschenrechtsorganisation Wjasna (zu Deutsch: Frühling), die gegen die Folter von politischen Gefangenen kämpft. International bekannt wurde Wjasna insbesondere im Zuge der Massenproteste nach der als gefälscht eingestuften Präsidentenwahl 2020 in Belarus. Bjaljazki wurde daraufhin bereits mit dem Right Livelihood Award ausgezeichnet, der gemeinhin auch als Alternativer Nobelpreis bezeichnet wird. Nach Angaben von Amnesty International wurde der 60-Jährige im Juli 2021 wegen angeblicher Steuerhinterziehung festgenommen. Er sitzt seitdem in Belarus im Gefängnis. 

Der prominente belarussische Oppositionspolitiker Franak Viacorka gratulierte Bjaljazki auf Twitter zur Auszeichnung. Die Vergabe des Friedensnobelpreises an ihn sei aber auch eine Anerkennung für alle Menschen in Belarus, die sich der "Tyrannei" von Präsident Alexander Lukaschenko widersetzen.

Glückwünsche von Literaturnobelpreisträgerin Alexijewitsch

Auch die belarussische Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch übermittelte ihre Glückwünsche. Bei Ales Bialiatski handele es sich um eine sagenhafte Person im belarussischen Kampf für Demokratie. Er und seine Organisation "Viasna", in der er Gleichgesinnte versammelt hat, haben viel dafür getan, dass die Welt von unserem Kampf erfährt, betonte die Schriftstellerin im Interview der Deutschen Welle.

Sie alle haben heute diese Auszeichnung erhalten. Ales Bialiatski sei einer derjenigen, die später als Helden bezeichnet würden, zeigte sich die Autorin überzeugt. Ich würde mir nur wünschen, dass dieser Preis ihm hilft, aus dem Gefängnis zu kommen. Aber ich habe nicht viel Vertrauen in die Großzügigkeit der belarussischen Behörden, bedauerte Alexijewitsch. 

In Russland verbotene Gruppe geehrt

Neben Bjaljazki werden in diesem Jahr auch zwei zivilgesellschaftliche Gruppen ausgezeichnet: "Memorial" aus Russland und das "Center for Civil Liberties" aus der Ukraine. "Memorial" wurde 1986 mit dem Ziel gegründet, die Opfer des kommunistischen Regimes in der Sowjetunion nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.

Im vergangenen Jahr wurde die Organisation in Russland verboten. In verschiedenen europäischen Ländern arbeiten aber Ableger der russischen Gruppe weiter. Anke Giesen, die im Vorstand von Memorial Deutschland sitzt, bedankte sich in einem ersten Statement für dieses wichtige Zeichen der Anerkennung, das in erster Linie den Kolleginnen und Kollegen in Russland gelte, die nach wie vor entsetzlichen Angriffen und Repressalien ausgesetzt seien.  

"Wichtige zivilgesellschaftliche Akteure"

Das ebenfalls ausgezeichnete "Center for Civil Liberties" hat nach Kriegsbeginn in der Ukraine Kriegsverbrechen gegen die Bevölkerung dokumentiert. Auf die Auszeichnung sei man stolz, schreibt die Organisation auf Twitter. Damit würden nicht nur Menschenrechtsaktivisten in der Ukraine, sondern weltweit für ihre Arbeit geehrt.

Alle drei Preisträger hätten in der Vergangenheit gezeigt, wie wichtig zivilgesellschaftliches Engagement für Frieden und Demokratie ist, sagte die Vorsitzende des Nobel-Komitees, Berit Reiss-Andersen, in ihrer Begründung. Gleichzeitig forderte sie die belarussischen Behörden dazu auf, Bjaljazki freizulassen. "Wir beten dafür, dass sich dieser Preis nicht negativ auf ihn auswirken wird, aber wir hoffen, dass er seine Moral stärken wird", so Reiss-Andersen. 

Steinmeier gratuliert

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gratulierte den  Menschenrechtlern aus Belarus, Russland und der Ukraine zu der Auszeichnung. "Diese Ehrung ist hochverdiente Anerkennung für die schwierige und mutige Arbeit, die Sie seit vielen Jahren leisten", schrieb Steinmeier an die Preisträger gerichtet. Sie hätten die Hoffnung auf Demokratie in ihren Ländern genährt und ein Gegenmodell zu herrschenden Strukturen aufgezeigt. 

Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen würdigte den Mut der diesjährigen Friedensnobelpreisträger. Sie verdeutlichten "die wahre Macht der Zivilgesellschaft" im Kampf für die Demokratie, erklärte von der Leyen am Rande des informellenen EU-Gipfels in Prag. 

Im vergangenen Jahr waren die Philippinerin Maria Ressa und der Russe Dmitri Muratow mit dem Preis geehrt worden. Die beiden Journalisten erhielten ihn für ihren mutigen Kampf für die Meinungsfreiheit. Seit ihrer Auszeichnung hat sich die Weltlage dramatisch verändert: Zu Corona-Pandemie und Klimakrise kam im Februar der russische Einmarsch in die Ukraine hinzu.

Der letztjährige Preisträger Muratow ließ seine Medaille zugunsten von ukrainischen Kriegsflüchtlingen versteigernBild: Eduardo Munoz Alvarez/dpa/AP/picture alliance

Wie immer gab es im Vorfeld der Bekanntgabe viele Spekulationen, denn die Liste der Nominierten bleibt traditionell unter Verschluss. Nur so viel wurde bekannt: Nominiert waren 251 Persönlichkeiten und 92 Institutionen.

Ukrainer unter den heißesten Favoriten

Wettbüros hatten unter anderen den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, das ukrainische Online-Portal "The Kyiv Independent" und das ukrainische Volk an sich ganz oben auf dem Zettel. Gleichzeitig gab es bei den Buchmachern Dauerfavoriten wie die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen oder der Internationale Gerichtshof in Den Haag.

Der Friedensnobelpreis wird als einziger der Nobelpreise nicht im schwedischen Stockholm, sondern in der norwegischen Hauptstadt Oslo verliehen. Dotiert sind alle Nobelpreise in diesem Jahr erneut mit zehn Millionen schwedischen Kronen (knapp 920.000 Euro) pro Kategorie. Überreicht werden sie traditionell am 10. Dezember, dem Todestag von Preisstifter und Dynamit-Erfinder Alfred Nobel.

djo/se (afp, dpa, rtr, kna, nobelprize.org)