1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Menschenrechtspreis für Suu Kyi

Naomi Conrad, Berlin 11. April 2014

Die Oppositionspolitikerin aus Myanmar hat in Berlin den Willy-Brandt-Preis für Verständigung und Frieden verliehen bekommen. Ihr Land stehe am Scheideweg zwischen Demokratie und Diktatur, mahnt Suu Kyi.

Aung San Suu Kyi im Willy Brandt Haus (Foto: Sean Gallup/Getty Images)
Bild: Getty Images

Unter einem der vielen Stühle im Willy-Brandt-Haus, der Parteizentrale der SPD in Berlin, steht ein Blumentopf mit kleinen weißen Blumen. Den Topf wolle er später Aung San Suu Kyi überreichen, erklärt der Mann im Jackett, der ihn unter den Stuhl geschoben hat. Als Anerkennung, sagt er, und als Ermutigung für den politischen Kampf der Oppositionsführerin aus Myanmar. Der Amerikaner ist nicht der Einzige, der am Freitag (11.04.2014) die Friedensnobelpreisträgerin ehren will: Die SPD hat in ihre Zentrale eingeladen, um Suu Kyi den nunmehr dritten Willy-Brandt-Preis zu verleihen. Damit würdigt sie führende Persönlichkeiten, die sich für Verständigung und Frieden eingesetzt haben.

"Ein Vorbild und eine große Inspiration" für alle Menschen, die für Demokratie und Menschenrechte kämpften, so nennt der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel Suu Kyi in seiner Laudatio. Die Oppositionspolitikerin ist für drei Tage in Berlin, auf dem Programm stehen politische Gespräche und eben die Ehrung im Willy-Brandt-Haus: Suu Kyi habe selbst Verfolgung und Unterdrückung kennengelernt und dafür gekämpft, dass die Menschen in ihrem Land ihre Geschicke selbst bestimmen könnten, sagt Gabriel. Selbst ihre über Jahre andauernde Inhaftierung habe sie mit Demut hingenommen. Ihr politischer Werdegang sei deshalb ein großer Ansporn für viele: "Mit ihrer Kraft und Ihrem Mut haben Sie die Realitäten in Ihrem Land verändert."

"Undemokratische Verfassung"

Die Oppositionspolitikerin hat unter der jahrzehntelangen Militärdiktatur in ihrem Land 15 Jahre unter Hausarrest oder in Haft verbracht. Die Vorsitzende der oppositionellen "Nationalen Liga für Demokratie" wurde damit zum Symbol des friedlichen Widerstands in Birma, das die Militärs 1989 in Myanmar umbenannten.

Suu Kyi mit Gabriel (r.) und dem Vorsitzenden der Jury, Egon Bahr (l.)Bild: Getty Images

Nach der vorsichtigen demokratischen Öffnung ihres Landes kam Suu Kyi 2010 frei und wurde vor zwei Jahren ins Parlament gewählt. Mit Blick auf die Wahl 2015 wird sie bereits als nächste Präsidentin ihres Landes gehandelt. Allerdings muss dafür erst die 2008 von den Militärs durchgesetzte Verfassung geändert werden, eine Verfassung, die Suu Kyi "undemokratisch" nennt. Denn diese verbietet Bürgern, deren Verwandte einen ausländischen Pass haben, für das höchste Amt zu kandidieren. Suu Kyis beide Söhne sind britische Staatsbürger. Somit dürfte die Oppositionspolitikerin nach derzeitigem Recht nicht kandidieren. Außerdem reserviert die Verfassung 25 Prozent aller Parlamentssitze für das Militär und garantiert diesem damit ein Veto.

Kritik an Suu Kyi

Die große Herausforderung für ihr Land sei, diese Verfassung zu ändern, sagt Suu Kyi bestimmt, als sie am Rednerpult steht. Nur so könne Myanmar wirklich demokratisch werden. "Sonst sind alle sogenannten demokratischen Reformen doch nichts außer Schönfärberei." Myanmar durchlaufe derzeit die gefährlichste Etappe in seiner Entwicklung. "Wir haben jetzt die Chance, unsere Nation in die Nation zu verwandeln, von der wir so lange geträumt haben. Solche Chancen sind selten." Eine Burmesin, die seit vier Jahren in Deutschland lebt, nickt vehement. Sie und ihr Freund haben sich extra den Tag freigenommen, um Suu Kyi reden zu hören. Das letzte Mal, als sie die Oppositionspolitikerin gesehen habe, war 1989, kurz bevor sie unter Hausarrest gestellt wurde. "Jetzt ist alles anders", erklärt die Burmesin stolz. Allerdings stehe die Friedensnobelpreisträgerin in Myanmar schon in der Kritik, gibt sie zu. Menschenrechtsorganisationen werfen Suu Kyi vor, die anhaltenden Ausschreitungen in ihrem Land zwischen Muslimen und Buddhisten nicht vehement genug verurteilt zu haben.

Großer Bahnhof für Suu Kyi

01:50

This browser does not support the video element.

Die ethnischen Spannungen seien eine große Herausforderung, sagt Suu Kyi. Die Menschen müssten lernen, gegenseitiges Misstrauen und Ängste zu überwinden. "Wir müssen lernen, trotz unserer Unterschiede miteinander zu leben." Dafür bedürfe es auch der Hilfe und des Verständnisses von Freunden in der ganzen Welt, vor allem von den Staaten, die selbst einen Prozess der nationalen Versöhnung und Demokratisierung durchgangen seien.

Ein Aufruf, dem Sigmar Gabriel gerne nachkommt: Deutschland werde Myanmar bei den Vorbereitungen der Wahlen und auch danach ein Partner sein, verspricht der SPD-Politiker. "Wir haben die große Aufgabe, Sie in Ihrem Kampf für Freiheit und Demokratie zu unterstützen." Das Publikum klatscht.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen