Der umstrittene Geheimdienstchef Hans-Georg Maaßen muss gehen. Nicht nur für seinen Vorgesetzten, Innenminister Horst Seehofer, gelten Maaßens jüngste Äußerungen als "inakzeptabel".
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Auch wenn es formell nur ein einstweiliger Ruhestand ist, stellt Innenminister Horst Seehofer klar: Die Zusammenarbeit mit Hans-Georg Maaßen als Leiter des Amtes für Verfassungsschutzes ist hiermit beendet. Beim Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier hatte Seehofer an diesem Montag erbeten, den ihm unterstellten Geheimdienstchef aus seinem Amt entlassen zu dürfen. Bis Steinmeier entscheidet, soll Maaßen von allen Pflichten freigestellt werden. Einen Nachfolger soll das Bundeskabinett bestimmen, die kommissarische Leitung des Verfassungsschutzes wird nach Aussage Seehofers Maaßens bisheriger Stellvertreter Thomas Haldenwang übernehmen.
Bevor Seehofer diese Entscheidung im Innenministerium vor laufenden Kameras verkündet, hadert er, geht einige Schritte, bevor er ans Podium tritt. "Natürlich ist man ein Stück auch menschlich enttäuscht", erklärt er auf Nachfrage, warum er sich jetzt und nicht schon vor Wochen zu diesem Schritt entschieden habe.
Ist die Causa Maaßen jetzt abgeschlossen?
Seit Monaten schwelt die Kontroverse um den Spitzenbeamten, der bereits unter früheren Innenministern wie Otto Schily (SPD) und Wolfgang Schäuble sowie Thomas de Maizière (beide CDU) im Innenministerium tätig war. Als er nach den Ausschreitungen in Chemnitz in einem Interview mit der "Bild"-Zeitung Übergriffe auf ausländisch aussehende Bürger relativierte und ohne Untersuchung durch seine Mitarbeiter in Frage stellte, geriet der Geheimdienstler in die Kritik, politisch motiviert zu handeln.
Als Regierungspartner forderte die SPD damals seinen Rücktritt, doch Seehofer stellte sich hinter Maaßen. Die Koalitionspartner einigten sich darauf, dass Maaßen als Staatssekretär ins Innenministerium wechseln sollte. Doch auch damit war die Causa Maaßen nicht beendet: Es hagelte Kritik, dass Maaßen damit de facto befördert werden würde. Stattdessen sollte er schließlich im Rang eines Abteilungsleiters Sonderbeauftragter für europäische und internationale Aufgaben werden. Doch auch diese Aufgabe werde Maaßen nicht wahrnehmen, erklärte nun Seehofer.
Seehofer über Maaßens Rede: "Inakzeptabel"
Auslöser für Seehofers Sinneswandel war eine Abschiedsrede Maaßens vor anderen europäischen Geheimdienstchefs im Oktober, deren Inhalt in der vergangenen Woche bekannt wurde. Darin hatte Maaßen von "linksradikalen Kräften" in der sozialdemokratischen Partei SPD gesprochen und sich selbst als Kritiker einer "naiven und linken Ausländer- und Sicherheitspolitik" bezeichnet, wie die Nachrichtenagentur dpa und der Süddeutschen Zeitung berichteten. Ihnen liegt das Skript von Maaßens Vortrag im Wortlaut vor, nachdem es im Intranet des Bundesamtes für Verfassungsschutz veröffentlicht wurde.
Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit sei nicht mehr möglich, so Seehofer. Besonders gestört hätten ihn an Maaßens Rede mehrere Dinge: "Dieses Redemanuskript enthält inakzeptable Formulierungen", sagte Seehofer zudem. Er kritisierte auch die Aussagen, die Maaßen zum Regierungspartner SPD getätigt hatte.
Für die große Koalition waren die Querelen um Maaßen zur Belastungsprobe geworden. Dreh- und Angelpunkt dieser Krise war wie im Asylstreit aber nicht der Geheimdienstchef selbst, sondern der ihn schützende Innenminister.
Seehofer "voll verantwortlich"
Seehofer scheint zumindest den Schaden, den der Fall seiner eigenen Regierung zugefügt hatte, zu sehen: "Ich will ausdrücklich darauf hinweisen, dass mir das Signal dieser Entscheidung wichtig ist: Nämlich die sachorientierte Arbeit in der Koalition zu unterstützen und auch voranzutreiben", sagte Seehofer versöhnlich.
Die SPD begrüßte Seehofers Entscheidung: "Es ist gut, dass Herr Maaßen jetzt sein Amt aufgeben muss, und der Innenminister ihn abberufen hat", sagte Finanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz. Die Entscheidung sei "richtig und überfällig".
Doch auf Seehofer lastet weiter Druck, zumindest machen das die Oppositionsparteien deutlich. "Der Bundesinnenminister ist für dieses Desaster voll verantwortlich", sagte der Grünen-Politiker Konstantin von Notz. Die Abberufung Maaßens sei zu spät gekommen, kritisierte der Innenpolitiker.
Merkel und Seehofer: Im Abschied vereint?
Der angekündigte Rückzug Merkels vom CDU-Parteivorsitz befeuert Gerüchte über einen Rücktritt Seehofers als CSU-Chef. Im Abschied von der Macht wären sie vereint. Ein Blick zurück auf eine schwierige Beziehung.
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Zauber des Anfangs
Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne: Als Bundesumweltministerin arbeitet Merkel 1995 noch völlig entspannt mit Horst Seehofer zusammen - wie hier während einer Bundestagssitzung. Seehofer ist zu dem Zeitpunkt Bundesgesundheitsminister.
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Ein letztes Lächeln vor dem Krach
Merkel und Seehofer im vertraulichen Gespräch im Oktober 2004. Wenige Wochen später kommt es zum ersten Riss in ihrer Beziehung. Seit Monaten diskutiert die Union über eine Gesundheitsreform. Seehofer stellt sich als stellvertretender Unionsfraktionsvorsitzender gegen CDU-Parteichefin und Oppositionsführerin Merkel - und verliert den Machtkampf. Aus Protest legt Seehofer sein Amt nieder.
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Streit wegen der Flüchtlinge
September 2015: Bundeskanzlerin Merkel lässt die Grenzen auch angesichts der großen Zahl an Flüchtlingen offen. Sie informiert Seehofer darüber lediglich per SMS. Seehofer macht gerade Urlaub in seinem bayerischen Ferienhaus. Er spricht bald darauf von einem "Fehler, der uns lange beschäftigen wird."
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Drohung mit Verfassungsklage
Seehofer versucht, Merkels Wir-schaffen-das-Politik auszubremsen. Der Ton verschärft sich. Im Oktober 2015 warnt der CSU-Chef mittlerweile nicht nur, sondern er droht sogar mit einer Verfassungsklage, falls der Bund den Flüchtlingszuzug nicht eindämmt. Allerdings nimmt er nach einer Aussprache mit der CDU davon Abstand. Die Gefahr eines Bruchs ist damit abgewendet.
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Standpauke auf dem Parteitag
Seehofer hält Merkel auf dem Münchener CSU-Parteitag im November 2015 überraschend eine minutenlange Standpauke. Die Bundeskanzlerin sieht während der Tirade des CSU-Chefs und bayerischen Ministerpräsidenten wie eine gedemütigte Schülerin aus. Zuvor hatte Merkel die von Seehofer geforderte Obergrenze von Flüchtlingen erneut abgelehnt. Am nächsten CSU-Parteitag nimmt Merkel nicht teil.
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Gemeinsamer Wahlkampf trotz Konflikte
Im Mai 2017 geht der Wahlkampf für die Bundestagswahl in die heiße Phase. Der gemeinsame Auftritt Merkels und Seehofers im bayerischen Bierzelt ist ein Pflichttermin. Jetzt heißt es, gute Miene zum bösen Spiel machen. Doch Begeisterung sieht anders aus.
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Eiszeit trotz Wahlsieg
Nach der Bundestagswahl und quälenden Koalitionsgesprächen für eine neue Bundesregierung bleibt die Atmosphäre zwischen den Kontrahenten eisig. Mal stichelt Seehofer, mittlerweile Innenminister, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, was Merkel anders sieht. Mal kündigt er einen Masterplan für Migration an, dessen Veröffentlichung er auf Drängen Merkels verschieben muss.
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Verlierer im anderen Machtkampf
Der Streit mit Merkel hat Seehofer verwundbar gemacht. Längst ist er auch in der eigenen Partei umstritten. Zwar kann er sich als CSU-Chef halten, aber nicht als bayerischer Ministerpräsident. Sein innerparteilicher Gegenspieler, der bayerische Finanzminister Markus Söder, wird im März 2018 neuer Ministerpräsident.
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Gesichter der Entfremdung
Öffentliche Eiszeit: Die Entfremdung zwischen Merkel und Seehofer ist im Bundestag regelmäßig zu besichtigen. Die Bundeskanzlerin und der Innenminister sind in der Flüchtlingsfrage auf maximale Distanz gegangen - inhaltlich und persönlich - auch wenn sie auf der Regierungsbank nur ein Sitz voneinander trennt.
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Neue Eskalation nach EU-Gipfel
Merkel handelt auf dem EU-Gipfel im Juni 2018 Zusagen für eine Flüchtlingsrückführung aus. Doch Seehofer ist mit den Ergebnissen unzufrieden. Er deutet seine Bereitschaft an, als Innenminister und CSU-Chef zurückzutreten. Wenig später erklärt er nach dramatischen Verhandlungen den Rücktritt vom Rücktritt. Seehofer bleibt in beiden Ämtern - zunächst.
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Abschied von der Macht
Die Umfragewerte der Unionsparteien befinden sich im Sinkflug. Bei der Landtagswahl in Hessen bleibt die CDU zwar stärkste Kraft, verzeichnet aber massive Stimmverluste. Die Wähler quittieren damit auch den Auftritt der Großen Koalition in Berlin und den Richtungsstreit innerhalb der Union. Als Konsequenz kündigt Merkel an, nicht mehr für den Parteivorsitz zu kandidieren.
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Auch neuer Parteichef für CSU?
Und wie reagiert Seehofer auf Merkels schrittweisen Abschied von der Macht? Er sagt: "Es ist schade. Ich sage ausdrücklich: Es ist schade". Nun hoffen manche in der Union, dass auch bei der CDU-Schwesterpartei ein Wechsel naht. Aus CSU-Kreisen in Bayern verlautet, man rechne nun mit einer baldigen Erklärung Seehofers zu seiner politischen Zukunft.
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Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht ihren Innenminister für dieses Debakel in der Verantwortung. Ihren Sprecher Steffen Seibert ließ sie schon am Vormittag erklären, sie gehe davon aus, dass Seehofer bezüglich Maaßen "zeitnah die angemessenen Entscheidungen trifft". Ob damit auch ein Rücktritt Seehofers gemeint ist, ließ sie aber offen.