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Politik

Merkel: Bei Brexit sofort übers Geld sprechen

27. April 2017

Die Kanzlerin hat Großbritannien vor Illusionen gewarnt. Die Frage britischer Finanzverpflichtungen gegenüber der EU müsse schon zu einem frühen Zeitpunkt besprochen werden, sagte Merkel in einer Regierungserklärung.

Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrer Regierungserklärung im Bundestag  (Foto: Reuters/H.Hanschke)
Kurs halten auch in trüberen europäischen Zeiten: Kanzlerin Angela Merkel bei ihrer Regierungserklärung im BundestagBild: Reuters/H.Hanschke

"Wir sind der Meinung, diese Verhandlungen können wir nicht erst ganz zum Schluss führen", betonte Kanzlerin Angela Merkel in einer Regierungserklärung im Bundestag. Hintergrund ist die Debatte über milliardenschwere Finanzverpflichtungen Großbritanniens, die auch über den für 2019 geplanten EU-Austritt hinausreichen.

Es gebe drei zentrale Ziele bei den Verhandlungen mit London, die erst nach den britischen Unterhaus-Wahlen Anfang Juni richtig beginnen könnten, sagte Merkel. Zunächst müssten die Interessen von Bürgern Deutschlands und der EU in Großbritannien gewahrt werden. Zudem betonte die Kanzlerin: "Es gilt Schaden von der EU insgesamt abzuwenden." Drittens müsse die Zusammenarbeit der verbleibenden 27 Mitgliedsstaaten untereinander gestärkt werden. Die Union habe aber ein Interesse an einem starken und prosperierenden Vereinigten Königreich. Allerdings könne ein Drittstaat nicht über die gleichen Rechte verfügen wie ein EU-Mitglied. Darüber gebe es in Großbritannien anscheinend noch einige Illusionen, so die CDU-Vorsitzende weiter.

Merkel: "Starkes Signal der Geschlossenheit" vom EU-Rat

Laut Merkel gibt es hinsichtlich der kommenden Brexit-Verhandlungen im Kreis der verbleibenden 27 EU-Staaten und der europäischen Institutionen mittlerweile ein "großes Einvernehmen" über die gemeinsame Verhandlungslinie. Dies hätten ihre Gespräche in den vergangenen Wochen gezeigt. "Wir können deshalb davon ausgehen, dass vom Europäischen Rat der 27 ein starkes Signal der Geschlossenheit ausgehen wird." Am Samstag wollen Merkel und die übrigen Staats- und Regierungschefs der EU-Länder Leitlinien für die Verhandlungen über den Brexit beschließen. Diese Leitlinien seien die Grundlagen für das Verhandlungsmandat, dass die Staaten in einem weiteren Schritt der EU-Kommission voraussichtlich Ende Mai erteilen würden, sagte Merkel.

Die Regierungschefin äußerte sich auch zur Türkei. Sie forderte Ankara zur Einhaltung rechtsstaatlicher Standards auf und warnte zugleich vor einem Bruch in den Beziehungen des Landes zu Europa. "Eine endgültige Abwendung der Türkei von Europa - aber auch Europas von der Türkei - wäre weder im deutschen noch im europäischen Interesse", so Merkel. "Mit Klugheit wie mit Klarheit werden wir im Kreise der Europäischen Union darüber beraten, welche präzisen Konsequenzen wir zu welchem Zeitpunkt für angemessen halten."

Die Türkei müsse sich unter anderem zu massiven Bedenken zum Ablauf des Verfassungsreferendums erklären. Merkel betonte mit Blick auf den in der Türkei inhaftierten deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel: "Es ist, um das unmissverständlich zu sagen, mit einem Rechtsstaat nicht vereinbar, wenn eine Exekutive, in diesem Fall die türkische, Vorverurteilungen vornimmt, wie das etwa mit Deniz Yücel öffentlich geschehen ist."

Linke-Fraktionschefin Wagenknecht warnt vor einer Einschüchterung Londons bei den Brexit-GesprächenBild: Reuters/H.Hanschke

Wagenknecht: EU nicht zur "Sozialkürzungsmaschine" verkommen lassen 

In der folgenden Debatte warf Oppositionsführerin Sahra Wagenknecht der Bundesregierung eine europafeindliche Politik vor. "Die EU droht auseinanderzufallen", meinte die Linke-Fraktionschefin. Deutschland trage dafür die Hauptverantwortung. Wer ein geeintes Europa wolle, dürfe es nicht zur "Sozialkürzungsmaschine" verkommen lassen. Wagenknecht kritisierte, dass die EU den Austritt Großbritanniens möglichst abschreckend gestalten wolle. "Wer glaubt, auf Einschüchterung angewiesen zu sein, um den europäischen Zusammenhalt zu sichern, der hat Europa längst aufgegeben."

Wagenknecht forderte einen Stopp des Ratifizierungsprozesses für das Freihandelsabkommen Ceta der EU mit Kanada und Änderungen der EU-Verträge, die der Freiheit des Kapitalverkehrs Vorrang einräumten. Mit Blick auf die Türkei bezeichnete es die Linke-Fraktionschefin als untragbar, dass trotz der Wandlung des Landes in eine "islamistische Diktatur" die EU-Beitrittsgespräche fortgesetzt würden

sti/mak (afp, dpa, rtr)

 

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