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Politik

Merkel beklagt mangelndes Vertrauen

15. Oktober 2018

Die Kanzlerin stellt fest: Es ist viel Vertrauen in die Politik verloren gegangen. Ansonsten ist man im politischen Berlin und in München darum bemüht, den Ball flach zu halten. Personaldiskussionen sind kein Thema.

Deutschland Reaktionen auf Bayern Wahl Angela Merkel in Berlin
Bild: Reuters/F. Bensch

Selbst gute Wirtschaftsdaten und Vollbeschäftigung reichten den Menschen nicht, "wenn etwas nicht da ist, was ebenso wichtig ist - und das ist Vertrauen, Vertrauen in die politischen Akteure", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Tag nach den herben Verlusten von CSU und SPD bei der Landtagswahl in Bayern. Konkrete Namen nannte die CDU-Chefin bei einer Veranstaltung des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) nicht. Sie sagte aber, auch die große Koalition in Berlin habe es nicht geschafft, ihre Arbeit deutlich zu machen, weshalb in den vergangenen Monaten viel Vertrauen verloren gegangen sei.

Führende Unionspolitiker von der großen Koalition in Berlin haben eine Konzentration auf die Sachpolitik verlangt. "Das Theater, das Berlin hier seit Monaten vorführt, muss jetzt ein Ende haben", sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet vor Sitzungen der CDU-Führungsgremien in Berlin. Laschet sprach sich auch gegen eine Personaldiskussion um Kanzlerin und Parteichefin Angela Merkel aus und forderte eine volle Konzentration auf die Landtagswahl in Hessen in zwei Wochen.

"Ich führe keine Personaldiskussion über mich"

Den Blick auf die Hessenwahl empfahl auch CSU-Chef Horst Seehofer. Der Parteivorsitzende sagte in München, das größte Interesse der Union müsse nun sein, in Hessen ein gutes Ergebnis zu erzielen. Dafür müsse die große Koalition stabil arbeiten. Zur Frage nach möglichen personellen Konsequenzen in seiner Partei stellte Seehofer, der auch Bundesinnenminister ist, klar: "Ich führe auch heute keine Personaldiskussionen über mich."

CSU-Chef Seehofer (l.) und Bayerns Ministerpräsident Söder wollen keine Entscheidung überstürzen Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Seehofer kündigte eine tiefgreifende Analyse der Landtagswahl-Pleite noch in diesem Jahr an. Nach der Kabinettsbildung in Bayern wolle man Ende November oder im Dezember "in einer geordneten Form in einem geeigneten Gremium" eine vertiefte Analyse anstellen, sagte er nach einer CSU-Vorstandssitzung in München. Dort sollten auch alle Vorschläge diskutiert werden, die es strategisch "und auch personell geben mag".

Er machte deutlich, dass er als CSU-Chef die Doppelspitze mit Markus Söder als bayerischen Ministerpräsident fortsetzen wolle. "Ich glaube, das hat sich sehr bewährt", sagte Seehofer. Er sehe seine Aufgabe auch darin, die CSU für die Europawahl im kommenden Jahr und die bayerische Kommunalwahl 2020 vorzubereiten.

Freie Wähler sind der Favorit 

Für die Regierungsbildung in Bayern sehen sowohl Seehofer als auch Söder die Freien Wähler als ihren klaren Favoriten für eine Koalition. Söder sagte, mit den Freien Wählern könne die CSU eine seriöse und stabile Regierung bilden. Beide betonten aber auch, dass mit Ausnahme der AfD mit allen anderen Parteien Sondierungsgespräche geführt werden sollten.

Grünen-Chef Robert Habeck kritisierte dagegen den Umgang der CSU-Spitze mit ihrem schlechten Wahlergebnis. Die Menschen in Bayern hätten eines deutlich gemacht: "Macht nicht so weiter wie bisher", sagte Habeck. Er warnte Ministerpräsident Söder und Seehofer vor einer "Kopf-in-den-Sand-Mentalität". Sie könne den "Erosionsprozess" der Volksparteien und der Demokratie nicht stoppen.

SPD-Generalsekretär Klingbeil (2.v.r.), Parteichefin Nahles (r.) und Vize-Kanzler Scholz müssen sich dringend überlegen, wie sie die SPD wieder auf Kurs bringen (Archivbild aus besseren Tagen) Bild: Reuters/H. Hanschke

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil blickte auf die Zusammenarbeit von Union und Sozialdemokraten im Bund, die er nun stark belastet sieht. Klingbeil forderte "einen anderen Regierungsstil", da sich die Menschen von Union und SPD sonst weiter abwendeten. Er verwies darauf, das Hauptanliegen der SPD - soziale Gerechtigkeit - müsse auch in der Regierung erkennbar sein. "Wir müssen heute eingestehen, es ist schwierig, und deswegen wird es jetzt auch um einen neuen Regierungsstil in der großen Koalition gehen", sagte Klingbeil.

"Wir müssen jetzt schnell liefern"

"Einen anderen Arbeitsmodus" verlangte auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff. Der CDU-Politiker nannte den Wahlausgang einen Warnschuss für die große Koalition. Eine schnelle Rückkehr zur Sacharbeit mahnte Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus an. "Da haben wir uns einiges vorgenommen", erklärte der CDU-Politiker. "Die Lehre ist, dass wir ganz schnell liefern müssen".

NRW-Ministerpräsident Laschet, Haseloff, und EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) sehen das Vertrauen in die Bundeskanzlerin nicht beschädigt. Sie gehen nach eigenen Worten auch davon aus, dass Merkel auf dem CDU-Parteitag Anfang Dezember als Parteichefin wiedergewählt wird.

se/fab (dpa, afp, rtr)

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