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Politik

Merkel bremst Georgiens Hoffen auf EU-Beitritt

24. August 2018

Es bleibt gerade für die Kanzlerin eine Gratwanderung: Einer Ex-Sowjetrepublik die europäische Perspektive erhalten und zugleich Moskau nicht verärgern. Dies zeigte sich auch wieder bei ihrem Besuch in Tiflis.

Die Bundeskanzlerin bei der Veranstaltung in der Iwane-Dschawachischwili-Universität in Tiflis. Neben ihr sitzt Uni-Rektor Goerge Scharwaschidse (Foto: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld)
Merkel bei der Veranstaltung in der Iwane-Dschawachischwili-Universität in Tiflis, rechts Rektor George Scharwaschidse Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Hoffnung Georgiens auf einen Beitritt zur Europäischen Union in absehbarer Zeit gebremst. Man wolle eine engere Zusammenarbeit, sagte Merkel in einer Diskussion mit Studenten in der georgischen Hauptstadt Tiflis. "Aber wir dürfen auch von europäischer Seite nicht zu viel zu schnell versprechen", fügte sie auf die Frage nach einem Zeitpunkt eines möglichen EU-Beitritts hinzu. Es gehe nicht nur darum, dass Georgien die Kriterien für eine Aufnahme in die EU erfüllen müsse. "Die EU muss auch in der Lage sein, neue Länder aufzunehmen", betonte Merkel. So müsse die EU überlegen, wie sie etwa ihre Außenpolitik besser koordinieren könne. Sie habe etwa einen "kleinen europäischen Sicherheitsrat" vorgeschlagen, in dem nicht alle EU-Mitglieder vertreten sein müssten.

Erst die Westbalkan-Staaten

Nun gehe es zunächst darum, Beitrittsverhandlungen mit den Westbalkan-Staaten aufzunehmen und zu führen. Georgien gehöre "zum nächsten Ring", sagte Merkel. In den nächsten zehn Jahren gehe es zunächst darum, das Freihandelsabkommen und das Assoziierungsabkommen mit Leben zu erfüllen. In der "Zwischenphase" müsse man sehen, wie man enger zusammenarbeiten könne, "ohne immer gleich über die formale Mitgliedschaft zu sprechen".

Am Donnerstag hatte Georgiens Ministerpräsident Mamuka Bachtadse das Ziel seines Landes betont, Mitglied der EU und der NATO werden zu wollen. Wie bei anderen ehemaligen Sowjetrepubliken hat Russland dagegen aber Vorbehalte. Russland hatte 2008 in Georgien militärisch interveniert und die Abspaltung der beiden Landesteile Südossetien und Abchasien durchgesetzt. Georgien hat noch keinen Antrag auf Aufnahme von Beitrittsverhandlungen gestellt. Merkel wird im Rahmen ihres Besuchs noch an die "Verwaltungsgrenzlinie" fahren, die das von Tiflis verwaltete Gebiet von dem der abtrünnigen Region Südossetien trennt.

Die Bundeskanzlerin und der georgische Ministerpräsident Bachtadse bei ihrer Pressekonferenz in TiflisBild: picture alliance/Xinhua/K. Tamuna

Der Kreml kündigte derweil ein Treffen von Staatschef Wladimir Putin mit dem Präsidenten der abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien noch an diesem Freitag an. Thema des Arbeitsbesuchs in Moskau sei unter anderem die wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung der Gebiete, hieß es.

Gegen Bedenken wegen Nordstream 2 

Die Kanzlerin versuchte in Tiflis zugleich, die Bedenken auch in Georgien gegen die geplante Unterwasser-Pipeline Nordstream 2 zu zerstreuen. Sie soll Gas direkt aus Russland unter der Ostsee Richtung Mitteleuropa befördern. Diese Pipeline werde Deutschland nicht von Moskau abhängig machen, so Merkel vor den Studenten. Berlin werde sicherstellen, dass Russland auch nach Fertigstellung der Nordstream 2 weiterhin Gas über die Ukraine liefere. Kritiker der Pipeline, die vom russischen Staatskonzern Gazprom entwickelt wird, sagen, sie werde der Ukraine den entscheidenden Einfluss auf ihren östlichen Nachbarn nehmen.

Merkel setzt ihre Südkaukasus-Reise am Mittag in Armenien fort. In der Hauptstadt Eriwan wird sie von Regierungschef Nikol Paschinjan mit militärischen Ehren empfangen. Es folgt zunächst ein Gespräch mit Staatschef Armen Sarkissjan und der Besuch eines Zentrums, in dem Jugendliche den Einsatz von Technologien erlernen. Abschließend spricht Merkel mit dem seit Mai amtierenden Paschinjan. Die Kanzlerin wird in Eriwan auch einen Kranz am Mahnmal für die Opfer des Völkermordes an den Armeniern während des Ersten Weltkriegs im damaligen Osmanischen Reich niederlegen.  

Am Samstag  besucht die Kanzlerin dann Aserbaidschan, das wegen rechtsstaatlicher Defizite in der Kritik steht. Wirtschaftlich interessant sind alle drei Länder wegen ihres Rohstoffreichtums. 

sti/as (afp, rtr)

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