Merkel: "Wir gehen Vorwürfen nach"
27. August 2017Die Bundesregierung hat nach Angaben von Kanzlerin Angela Merkel großes Interesse an der Aufklärung von Vorwürfen gegen die libysche Küstenwache, die Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer zu behindern. Die EU bilde die Küstenwache aus und statte sie auch technisch aus, damit sie ihre eigene Küste schützen könne. "Dabei legen wir natürlich größten Wert darauf, dass sich die libysche Küstenwache an die Gebote des internationalen Rechts hält, sowohl im Umgang mit Flüchtlingen und Migranten als auch mit Nichtregierungsorganisationen. "Wenn daran Zweifel aufkommen, gehen wir den Vorwürfen nach", sagte Merkel der "Welt am Sonntag".
Sie habe erst vor wenigen Tagen mit dem UN-Flüchtlingskommissar und der Internationalen Organisation für Migration darüber beraten, wie zurückgebrachte Menschen in Libyen entsprechend internationalen humanitären Standards untergebracht und versorgt werden könnten. "In Libyen gilt, was auch für die Türkei gilt: Wir können das Geschäft der Schlepper, die den Tod so vieler Menschen auf dem Gewissen haben, nicht zulassen. Ihnen muss das Handwerk gelegt werden", sagte Merkel, die zugleich ihre Entscheidungen auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 erneut verteidigte.
Zum Dublin-System der Flüchtlingsverteilung in der EU äußerte sich Merkel kritisch. "Es kann nicht sein, dass Griechenland oder Italien alleine die Lasten tragen müssen, nur weil ihre geografische Lage so ist, wie sie ist, und die Flüchtlinge bei ihnen anlanden", sagte Merkel. Man müsse die Flüchtlinge solidarisch auf die EU-Mitgliedsstaaten verteilen. Die Dublin-Verordnung sieht vor, dass der Staat in der EU für einen Asylantrag zuständig ist, der zuerst betreten wird.
Dass syrische Flüchtlinge derzeit schon in ihre Heimat zurückkehren könnten, sehe sie nicht, sagte die Kanzlerin auf eine entsprechende Frage weiter. "Ich weiß, dass aus den Nachbarländern schon Menschen zurückkehren - sogar nach Aleppo. Aber insgesamt ist die Situation in Syrien noch dramatisch." Eine kurzzeitige Rückkehr in die Heimatländer hält die Kanzlerin unter besonderen Umständen aber für möglich - nur nicht, um dort Urlaub zu machen. "Geschieht dies dennoch, kann es Anlass sein, die Asylentscheidung noch einmal zu überprüfen", erklärte sie. Aber: "Ich kann mir schwierige familiäre Situationen vorstellen, in denen eine Rückkehr für einige Tage verständlich ist." In Baden-Württemberg sollen einem Bericht zufolge 100 Flüchtlinge erfasst sein, die seit 2014 zum Teil mehrfach in ihre Heimatstaaten gereist sein sollen.
stu/pab (dpa, kna)