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Merkel: "Dürfen den Anschluss nicht verlieren"

Kay-Alexander Scholz23. Juni 2013

Obwohl es Deutschland gut geht, sieht Angela Merkel noch große Herausforderungen kommen. Deren Bewältigung sei Anliegen des gemeinsamen Wahlprogramms von CDU und CSU. Die Kanzlerin setzt auf das Vertrauen der Bürger.

Kanzlerin Angela Merkel (Foto: AP)
Kanzlerin Angela MerkelBild: picture alliance / AP Photo

Der demografische Wandel war ein Thema, das in der nun bald endenden Legislaturperiode von Kanzlerin Angela Merkel immer häufiger auf der Tagesordnung stand. Im neuen Wahlprogramm von CDU/CSU bekommt es nun einen noch höheren Stellenwert. Globalisierung und demografische Veränderungen seien die großen Herausforderungen, vor denen Deutschland stehe, sagte die Kanzlerin am Sonntag (23.06.2013) vor der Presse in Berlin. Beide Punkte bestimmten die Philosophie der kommenden Politik.

In nur drei Legislaturperioden fehlten Deutschland sechs Millionen Arbeitskräfte, führte Merkel aus. Und schon jetzt sei der Wettbewerb um gute Forscher groß, da selbst Schwellenländer gute Jobangebote machten. "Wir dürfen den Anschluss nicht verlieren", warnte Merkel. Deshalb laute ihre Maxime: "Auf Erfolgen aufbauen und angehen, was noch nicht geschafft ist."

Deutschland braucht Europa

Punkt eins des Wahlprogramms lautet "Deutschlands Zukunft in Europa". "Wir setzen ein Signal, indem wir Europa an den Anfang des Programms stellen", betonte CSU-Chef Horst Seehofer. Nur wenn es Europa gut gehe, dann gehe es auch Deutschland gut, erklärte Merkel. "Wir wollen deshalb, dass Europa stärker aus der Krise hervorgeht. Alleine sind wir nicht stark genug."

Umlagert von der Presse: Die Kanzlerin bei der Ankunft zum Treffen mit Vertretern von CDU und CSUBild: Reuters

Zur Europawahl im Mai 2014 werde es konkrete Vorschläge geben zu ihren Vorstellungen über die politische Union und den europäischen Institutionen, kündigte Merkel an. Auch Vertragsänderungen werde man brauchen. "Wir sagen, was wir wollen und was wir nicht wollen", kündigte die deutsche Kanzlerin selbstbewusst an. Denn Deutschland sei schließlich Wachstumsmotor und Stabilitätsanker in Europa. Einige konkrete Punkte aber stehen schon jetzt im Wahlprogramm, wie ein Nein zu Eurobonds und einer gemeinsamen Einlagensicherung.

Schuldenrückzahlung und Vollbeschäftigung

Auf Merkels To-Do-Liste ganz weit oben steht weiterhin der Anspruch solider Finanzen. Man traue sich nun nach 40 Jahren einen Paradigmenwechsel zu, so die Kanzlerin. Ziel für die nächsten vier Jahre sei es, keine neuen Schulden mehr aufnehmen zu müssen und durch Überschüsse sogar mit der Schuldenrückzahlung zu beginnen.

"Vollbeschäftigung und tarifliche Mindestlöhne überall", nannte Merkel ein weiteres und, das gebe sie zu, "ambitioniertes Ziel". Zwar habe es auf diesem Gebiet erhebliche Verbesserungen gegeben - Deutschlands Arbeitslosenzahlen sind so niedrig wie seit 20 Jahren nicht mehr, und das trotz der Eurokrise. Man dürfe aber keineswegs stehenbleiben. Deutschland soll Industrieland bleiben, betonte die Kanzlerin. Gründer- und Mittelstandsförderungen sollen dazu beitragen, genauso wie Investitionen in Bildung, Forschung und Infrastruktur. Auch die Chancen der Digitalisierung seien zu nutzen.

Wenige Wahlgeschenke

Neben den strategischen Zielen stehen im Wahlprogramm "Gemeinsam erfolgreich für Deutschland" auch einige Wahlgeschenke, wie steuerliche Verbesserungen für Familien mit Kindern und höhere Renten für Mütter. Möglich seien diese durch Spielräume im Haushalt, so Merkel. Von allgemeinen Steuersenkungen als Wahlgeschenk aber sprach Merkel nicht. Immerhin aber davon, dass es keine Steuererhöhungen geben soll, so wie es SPD und Grüne in ihrem Wahlprogramm stehen haben. Deren Pläne würden eine gefährliche Demotivation bedeuten. Es gelte, Maß und Mitte einzuhalten, so Merkel.

Einige der Punkte des Wahlprogramms, das am Sonntag in einer gemeinsamen Vorstandssitzung von CSU und CDU verabschiedet wurde, waren bereits in den Vortagen durchgesickert. Im Wirtschaftsflügel der CDU stießen die Versprechen auf Vorbehalte. Merkels Koalitionspartner FDP warnte, viele Forderungen der Union seien nicht bezahlbar. Der Koalitionspartner habe sich bei seinem Wahlprogramm vom "süßen Gift des Geldausgebens" verleiten lassen, so FDP-Chef Philipp Rösler. Sollte es eine Neuauflage der CDU/CSU-FDP-Koalition nach der Wahl am 22. September 2013 geben, werden diese Punkte sicherlich Teil der möglichen Koalitionsverhandlungen werden.

Weiter mit dem Koalitionspartner FDP?

Anders als vor vier Jahren haben CDU/CSU eine Koalitionsaussage zugunsten der FDP nicht in ihr neues Wahlprogramm geschrieben. Merkel sagte als Begründung vor der Presse, im Jahr 2009 sei dies wichtig gewesen, weil man damals noch mit der SPD in einer Großen Koalition regiert habe und damit ein Zeichen setzen wollte. Dennoch würde sie jedem sagen, der sie danach frage, dass sie eine Neuauflage der gegenwärtigen Regierungskoalition wolle.

Da die FDP derzeit in Meinungsumfragen um die Fünfprozenthürde pendelt, die über den Einzug in den Bundestag entscheidet, bleibt das Wahlprogramm damit letztendlich aber offen für andere Bündnisse, wie mit den Sozialdemokraten oder den Grünen.

Und noch etwas ist anders als im Wahlprogramm von 2009. Von dem Ziel einer privilegierten Partnerschaft mit der Türkei ist nicht mehr die Rede. "Die Türkei möchte das nicht und warum soll man es dann immer wieder nennen", sagte Merkel.

An diesem Montag wird das Wahlprogramm, das offiziell "Regierungsprogramm" heißt und damit klar auf einen Wahlsieg setzt, in einem Kongress vor CDU-Mitgliedern vorgestellt. Auf einen eigenen Parteitag zum Wahlprogramm haben CDU und CSU verzichtet. Stattdessen fanden im Vorfeld innerparteiliche Diskussionen im Internet und verschiedene Veranstaltungen mit Bürgern und Parteimitgliedern statt. Viele der dort gemachten Vorschläge seien in das Wahlprogramm eingeflossen, so Merkel. Und die letztendliche Verabschiedung sei in absoluter Einigkeit erfolgt, betonten die beiden Parteichefs vor der Presse.

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