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Politik

Merkel: Erdogans Nazi-Vergleich "deplatziert"

6. März 2017

Erstmals äußert sich die deutsche Regierungschefin selbst zu den rhetorischen Schüssen aus Ankara. Ihr Außenminister versucht derweil, Druck aus dem Kessel zu nehmen. Grund ist die Furcht vor Schlimmerem.

Tunesien  Angela Merkel
Bild: Reuters/Z.Souissi

Bundeskanzlerin Angela Merkel (Archivbild) hat den Nazi-Vergleich des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan energisch zurückgewiesen. Für derartige Gleichsetzungen gebe es keine Begründung, erklärte Merkel. Eigentlich könne man solche Äußerungen gar nicht kommentieren. Besonders traurig sei, dass dadurch das unendliche Leid der NS-Opfer verharmlost werde.

Zwischen der deutschen und der türkischen Regierung gebe es "tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten" über Pressefreiheit und Massenfestnahmen. Die Kanzlerin erwähnte ausdrücklich den deutschen Journalisten Deniz Yücel, der in türkischer Untersuchungshaft sitzt. Für Yücels Freilassung setze sich die gesamte Bundesregierung ein, so Merkel.

"Konflikte nicht importieren"

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte den deutschen Behörden Nazi-Methoden vorgeworfen, nachdem an mehreren Orten Wahlkampfauftritte türkischer Minister untersagt worden waren. Die Regierungsvertreter aus Ankara wollten für ein Ja beim Referendum über die umstrittene Verfassungsreform in der Türkei werben wollen, die Erdogans Machtbefugnisse ausweiten soll.

"Türkei darf nicht Richtung Osten abwandern": Außenminister Sigmar Gabriel (Archivbild)Bild: picture-alliance/abaca/R. De Luca

Ein gemeinsames Vorgehen der EU-Staaten in dieser Frage ist bislang nicht in Sicht. Österreich und die Niederlande machten bei einem Außenministertreffen in Brüssel klar, dass sie Reden türkischer Minister auf ihrem Boden ablehnen. "Wir wollen grundsätzlich nicht, dass Wahlkämpfe aus anderen Staaten nach Österreich hereingetragen und somit Konflikte aus anderen Ländern zu uns importiert werden", sagte der Wiener Chefdiplomat Sebastian Kurz.

"Gemeinschaftlich für Deeskalation"

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel äußerte sich dagegen deutlich zurückhaltender. Auf die Frage, ob die Bundesregierung dem türkischen Staatspräsidenten Erdogan einen Wahlkampfauftritt in Deutschland ermöglichen würde, merkte Gabriel an, dieser habe in der Vergangenheit bereits "ganz häufig" in Deutschland geredet. Bei Veranstaltungen müsse allerdings gewährleistet sein, dass Emotionen nicht derart hochgeschaukelt würden, dass hinterher die Sicherheit gefährdet sei.

Zur Zurückhaltung der EU angesichts des politischen Kurses der Türkei erklärte der Außenminister, es sei ein gemeinsames Anliegen, die Türkei "nicht weiter Richtung Osten abwandern zu lassen". Das sei seiner der Gründe, warum man "gemeinschaftlich für Deeskalation" eintrete.

Eine stärke Anbindung Ankaras an Russland könne nicht im Interesse der EU liegen. Sogar in der Zeit, als die Türkei eine Militärdiktatur gewesen sei, habe "niemand an deren NATO-Mitgliedschaft rütteln" wollen. Ziel sei es auch damals gewesen, Ankara nicht in die falsche Richtung abdriften zu lassen.

jj/wl (dpa, kna, afp, rtr)

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